Street View: Google muss alle Gesichter verwischen

Street View: Google muss alle Gesichter verwischen

Hanspeter Thür, eidg. Datenschutzbeauftragter.

Bern – Google muss auf Street View alle noch erkennbaren Gesichter und Autokennzeichen verwischen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die vom Datenschutzbeauftragten Hanspeter Thür geforderten Massnahmen weitestgehend abgesegnet. Thür freut sich, Google ist enttäuscht.

Thür hatte im September 2009 von Google Massnahmen verlangt, um bei Street View den Schutz der Privatsphäre zu verbessern. Weil Google die Umsetzung der Vorschläge mehrheitlich ablehnte, musste auf Thürs Klage das Bundesverwaltungsgericht darüber entscheiden. Die Richter in Bern sind nun zum Schluss gekommen, dass Google fast alle Forderungen Thürs erfüllen muss. Im Zentrum steht die Pflicht von Google, Gesichter von Personen und Fahrzeugkennzeichen manuell vollständig unkenntlich zu machen. Aktuell werden laut Thür nur rund 98% aller Gesichter automatisch verwischt.  Im Bereich von sensiblen Einrichtungen, etwa bei Frauenhäusern, Gefängnissen, Schulen, Gerichten, Sozialbehörden und Spitälern muss vollständige Anonymität hergestellt werden. Dazu muss Google neben dem Gesicht auch weitere individuelle Merkmale wie Hautfarbe oder Kleidung entfernen.

«Jede Person hat das Recht am eigenen Bild»

Weiter muss Google in Lokalzeitungen über geplante Aufnahmefahrten und die Aufschaltung der Bilder ins Netz informieren anstatt wie bisher nur auf der Startseite von Google Maps. Unzulässig ist laut Gericht zudem der Einblick in Höfe und Gärten, deren Anblick einem «normalen Passanten» verschlossen bleiben würden.  Gemäss dem aktuellen Urteil hat jede Person das Recht am eigenen Bild. Damit dürfe prinzipiell niemand ohne seine Zustimmung abgebildet werden. Das gelte auch bei Bildern, bei welchen Personen wie auf Street View nur als Beiwerk erscheinen würden. Dieses Recht am eigenen Bild müsse den wirtschaftlichen Interessen von Google als auch demjenigen der Nutzer vorgehen. Google nehme aktuell für seinen Erfolg die Verletzung von Persönlichkeitsrechten in Kauf. Dies sei mit der Nachbearbeitung vermeidbar, wobei der Mehraufwand die Existenz von Google offensichtlich nicht gefährde.

Aufnahmen von Privatstrassen aus weiterhin erlaubt
Im übrigen sei nicht ausgeschlossen, dass die Mehrkosten auf die Benutzer von Google Street View überwälzt werden könnten. Schliesslich dürfe auch nicht ausser Acht gelassen werden, dass es nicht um ein Verbot von Google Street View gehe. Lediglich eine von Thürs Forderungen muss Google laut Gericht nicht erfüllen. Sie betrifft Aufnahmen, die von Privatstrassen aus gemacht werden. Thür wollte, dass solche Aufnahmen nur mit Einwilligung der Berechtigten ins Netz gestellt werden dürfen. Das Büro des Eidg. Datenschutzbeauftragten nahm das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts mit grosser Befriedigung entgegen. Bei den von Google verbreiteten Bildern handle es sich klar um persönliche Daten, sagte Thürs Stellvertreter Jean-Philippe Walter auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA.

Google will Berufungsmöglichkeiten prüfen
Die Google-Fotos seien deshalb dem Datenschutzgesetz unterstellt, und der Datenschützer habe die Kompetenz, entsprechend zu handeln. Diese Kompetenz war von Google bestritten worden. «Wir sind natürlich sehr enttäuscht über die Entscheidung», sagte demgegenüber Peter Fleischer, globaler Datenschutzbeauftragter von Google, auf Anfrage der SDA. Street View habe sich als äusserst hilfreich für Millionen von Schweizern erwiesen, wie auch für Unternehmen und touristische Einrichtungen. Jeder vierte Schweizer habe Street View seit dem Start schon einmal benutzt. «Wir werden die Urteilsbegründung prüfen und untersuchen, was das Urteil für Street View in der Schweiz bedeutet und welche Möglichkeiten der Berufung bestehen», sagte Fleischer. Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts kann beim Bundesgericht in Lausanne angefochten werden. (awp/mc/ps)

Datenschutzbeauftragter

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