US-Schluss: Konjunkturangst treibt Anleger in die Flucht

US-Schluss: Konjunkturangst treibt Anleger in die Flucht

New York – Die Anleger an den US-Börsen haben am Mittwoch nach einem Erholungstag schon wieder panisch die Reissleine gezogen. Kurze Hoffnung im Handelskrieg mit China wich umgehend wieder der Konjunkturangst. Der Leitindex Dow Jones Industrial kam unter die Räder, am Ende fiel er um 3,05 Prozent auf 25’479,42 Punkte. 800 Punkte an einem einzigen Tag hatte er in diesem Jahr noch nicht verloren.

Neue Konjunkturängste kamen vor allem wegen einer seltenen Situation am Anleihemarkt auf. Bei US-Renten gab es erstmals seit 2007 wieder vorübergehend eine «inverse Zinskurve» zu beobachten, bei der langfristige Anleihen niedriger verzinst werden als kurzfristige. Dabei war die Rendite zehnjähriger Papiere niedriger als jene der zweijährigen.

Laut Analyst Bernd Krampen von der NordLB geschah damit etwas historisch Bemerkenswertes. «In der Vergangenheit war dies oftmals ein Vorbote für eine baldige Rezession», so der Experte. Er führte dies auf eine Mixtur aus schlechten Nachrichten zurück, darunter die Sorgen um den Zollstreit und den Brexit sowie neuerdings die Unruhen in Hongkong.

Auch für die übrigen bedeutenden US-Indizes ging es vor diesen Hintergründen rasant nach unten. Der marktbreit aufgestellte S&P 500 fiel um 2,93 Prozent auf 2840,60 Punkte und der technologieorientierte Nasdaq 100-Index verlor 3,08 Prozent auf 7490,13 Zähler.

Die Erholung vom Vortag ist damit an den US-Börsen wieder Geschichte. Angesichts drohender Preissteigerungen vor dem Weihnachtsgeschäft hatte die US-Regierung zwar am Dienstag die Einführung bereits angekündigter Strafzölle verschoben, doch viele Börsianer blieben auch hier nach den Erfahrungen der vergangenen Monate skeptisch. In der Nachlese machte sich nun auch eher die Auffassung breit, dass eine Lösung des Handelskonflikts mit solchen Massnahmen nicht näher rückt.

Bei den Einzeltiteln gab es zur Wochenmitte recht wenig Kursbewegendes. Ölwerte litten mit deutlichen Abschlägen darunter, dass die Ölpreise am Mittwoch ihren Vortagsanstieg wieder revidierten. ExxonMobil waren im Dow mit einem Abschlag von vier Prozent unter den grösseren Verlierern. Titel der Branchendienstleister Halliburton und Schlumberger fielen im S&P 500 um knapp beziehungsweise deutlich mehr als sechs Prozent.

Am breiten Markt sorgten vor allem die Papiere der Kaufhauskette Macy’s für Gesprächsstoff. Sie brachen nach vorgelegten Quartalszahlen um mehr als 13 Prozent auf den tiefsten Stand seit 2010 ein. Der Betreiber von mehr als 800 Warenhäusern in den USA hatte das Gewinnziel für das laufende Jahr gekappt und so branchenweit die Anleger verstimmt. Beim Wettbewerber JCPenney ging es für die Aktien um fast 5 Prozent bergab.

Bei Viacom und CBS trieben kritische Analystenkommentare die Anleger nach der am Vortag erfolgten Einigung auf die Fusionsbedingungen in die Flucht. Die meistgehandelten Aktiengattungen der beiden Medienkonzerne sackten jeweils um mehr als 8 Prozent ab. Das Analysehaus Bernstein hatte die Bewertung von CBS wegen der Fusion gleich um zwei Stufen gesenkt. Analyst Todd Juenger geht davon aus, dass die Synergien erblassen werden im Vergleich zu den strukturellen Problemen, die die CBS-Aktionäre mit Viacom erbten.

Im Pharmabereich versetzen offenbar laufende Ermittlungen gegen Teva und Mylan die Anleger in Unruhe. Die Aktien büssten 10,5 Prozent beziehungsweise 8,5 Prozent ein, nachdem es hiess, ihnen werde vom US-Senator Bernie Sanders und dem US-Abgeordneten Elijah Cummings eine «offensichtlich koordinierte Marktbehinderung» vorgeworfen.

Erst nach der Schlussglocke veröffentlichte Cisco Systems Ergebnisse für das vierte Geschäftsquartal, für die Aktien ging es am Mittwoch im Vorfeld davon um 4 Prozent bergab.

Am Devisenmarkt war der US-Dollar als sichere Alternative gefragt, der Euro kam entsprechend unter Druck. In New York wurden zuletzt 1,1135 US-Dollar für die Gemeinschaftswährung gezahlt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs zwischenzeitlich auf 1,1188 (Dienstag: 1,1222) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,8938 (0,8911) Euro.

US-Anleihen blieben auf ihrem Höhenflug, sie dienten den Anlegern als wichtigste Zuflucht. Richtungweisende zehnjährige Anleihen stiegen um 1 4/32 Punkte auf 100 13/32 Punkte. Sie rentierten mit 1,58 Prozent – und damit ähnlich hoch wie die zweijährigen. (awp/mc/ps)

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