US-Schluss: Hohe Verluste – US-Zinssenkung beruhigt nicht

US-Schluss: Hohe Verluste – US-Zinssenkung beruhigt nicht

New York – Nach einer überraschenden US-Zinssenkung haben am Dienstag die New Yorker Aktienindizes die Richtung nach unten eingeschlagen. Im frühen Handel schwankte der Markt stark, Unentschlossenheit prägte das Geschehen. Anschliessend drifteten die Kurse deutlich ins Minus. Der Leitindex Dow Jones Industrial schloss 2,94 Prozent tiefer auf 25 917,41 Punkten. Am Vortag hatte er noch mehr als 5 Prozent gewonnen und einen Grossteil der Verluste durch den Ausverkauf der Vorwoche wettgemacht.

Wegen der Gefahren für die Wirtschaft durch den Ausbruch des neuen Coronavirus hatte die US-Notenbank Fed den Leitzins um 0,50 Prozentpunkte gesenkt. Es gelang der Fed damit aber nicht, die Sorgen am Markt zu mildern. Vielmehr passierte das Gegenteil. Fed-Chef Jerome Powell erklärte, es sei erkennbar, dass das Coronavirus bereits Auswirkungen auf das Wachstum vieler Länder und die globalen Finanzmärkte habe. Das Ausmass der Auswirkungen für die US-Wirtschaft sei aber noch «in hohem Masse unsicher».

Der marktbreite S&P 500 rutschte um 2,81 Prozent auf 3003,37 Punkte ab. Für den technologielastigen Nasdaq 100 ging es um 3,19 Prozent abwärts auf 8594,49 Zähler. Die Verunsicherung wegen der nicht abschätzbaren Folgen für die Wirtschaft durch das Coronavirus ist nach wie vor gross. Sichere Häfen wurden erneut gesucht. So sank am US-Anleihemarkt die Rendite der Papiere mit zehnjähriger Laufzeit erstmals zeitweise unter 1 Prozent.

Marktteilnehmer hatten eine Zinssenkung teils bereits auf dem Zettel. Dass dies nun in einer ausserplanmässigen Aktion stattgefunden habe wie letztmals 2008 nach der Lehman-Pleite, habe aber überrascht, hiess es. Die Massnahme könnte eher die Sorgen vor noch Schlimmerem befeuern anstatt zu beruhigen. Einige kritisierten zudem, die Fed hänge am Haken der Märkte. So sprachen die Experten von Vontobel Asset Management von einer sehr aggressiven Massnahme der Fed. Sie habe gegenüber dem Markt zu früh nachgegeben. Es scheine, als hätten die hohen Marktschwankungen die Fed zu einer Reaktion gezwungen, was alles andere als gesund sei.

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der Liechtensteiner VP Bank, befürwortet jedoch die Massnahme: «Bevor die Finanzmärkte und die US-Wirtschaft grösseren Schaden nehmen, schreitet die Fed ein und verpasst der US-Wirtschaft eine Grippesschutzimpfung. Das zeugt von einem energischen Vorgehen gegenüber etwaigen schärferen Konjunkturrisiken.»

Unter den Einzelwerten verloren im Dow als Schlusslicht die Papiere des Kreditkartenkonzerns American Express 5,15 Prozent. Am Vorabend hatte der Rivale Visa Inc seine Investoren auf ein niedrigeres Umsatzwachstum im zweiten Quartal eingestimmt. Die Wachstumsraten hätten sich seit Ausbruch des neuen Coronavirus Woche für Woche verschlechtert. Die Visa-Titel gaben um 3,43 Prozent nach.

JPMorgan verloren 3,75 Prozent. Leitzinssenkungen sind für Banken schlecht und lasten auf ihrer Gewinnentwicklung. Zinserträge etwa aus Kredit- und Geldmarktgeschäften fallen zumeist weniger üppig aus. Einziger Dow-Wert im Plus mit 0,25 Prozent waren Coca-Cola .

Die Aktien von Thermo Fisher Scientific gewannen 1,77 Prozent. Nach einigem Ringen will der US-Technologiekonzern das Gendiagnostik- und Biotechunternehmen Qiagen für rund 10 Milliarden Euro schlucken. Thermo Fisher bietet den Qiagen-Aktionären 39 Euro je Aktie. Damit liegt die Offerte fast 23 Prozent über dem Schlusskurs vom Montag. Die in New York notierten Qiagen-Aktien sprangen um rund 15 Prozent hoch.

Die US-Zinssenkung trieb den Euro zeitweise über 1,12 US- Dollar. Nach US-Börsenschluss wurden für die Gemeinschaftswährung 1,1179 Dollar bezahlt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs zuvor auf 1,1117 (Montag: 1,1122) US-Dollar festgesetzt. Der Dollar hatte damit 0,8995 (0,8991) Euro gekostet. Am US-Rentenmarkt stiegen richtungsweisende zehnjährige Staatsanleihen zuletzt um einen ganzen und 19/32 Punkte auf 104 24/32 Punkte. Sie rentierten mit 0,996 Prozent. (awp/mc/pg)

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