Nachgefragt & Aufgeklärt: Digitale Transformation und Banken

Nachgefragt & Aufgeklärt: Digitale Transformation und Banken

Oliver Fiechter und Helmuth Fuchs werfen einmal pro Woche Fragen auf und suchen Antworten zu Themen der digitalen Transformation und Ökonomie 3.0.

Helmuth Fuchs: Gibt es in zehn Jahren noch Bank-Filialen? Wenn ja, wie können sie aussehen?

Oliver Fiechter: In naher Zukunft wird dank mobilen Endgeräten das Eintauchen in die digitale Welt von jedem Punkt dieser Welt aus möglich sein, der Gegensatz zwischen Analogie und Digitalität wird sich auflösen. Die Bankfiliale als physisch realer Raum, in dem Kunden Finanztransaktionen tätigen, wird in Zukunft an Bedeutung verlieren. Die Bankfiliale der Zukunft ist ein digitaler Raum, eine virtuelle Plattform, auf der sich Menschen miteinander vernetzen und Begegnungen mit Gleichgesinnten inszenieren.

«Die Bankfiliale als physisch realer Raum, in dem Kunden Finanztransaktionen tätigen, wird in Zukunft an Bedeutung verlieren.»

Eine Bank von Menschen für Menschen?

Ja, der Bankkunde der Zukunft tritt mit Hilfe eines Computer Interface ein in eine neue, moderne Bankenwelt, in der Menschen frei miteinander kommunizieren, von ihren Erfahrungen mit Finanzprodukten erzählen, sich miteinander austauschen, beraten und Anlageempfehlungen geben. Die Bank der Zukunft funktioniert nach den Prinzipien der Selbstorganisation, der Bankkunde bezieht seinen Rat und sein Wissen vom Schwarm, der Crowd. Seinen Anlageentscheid trifft er basierend auf Community-Empfehlungen selbständig und autonom. Fremdsteuerung durch einen Kundenberater, der bei einer Bank angestellt ist, kennt der Bankkunde der Zukunft nicht mehr. Durch die vollständige Digitalisierung von Banken können wir in Zukunft Finanzprodukte so einfach herunterladen, wie wir heute Musik auf unser iTunes-Konto downloaden.

Welche technologischen Innovationen sind in den nächsten Jahren denkbar? Womit rechnen Sie als nächstes?

Gegenwärtig sind Bankenprozesse im Backend-Bereich nahezu vollständig digitalisiert. Diese Digitalisierung wird weiter voran schreiten. Banken tätigen heute immer grössere Technologieinvestitionen in Frontend-Systeme. Damit erweitern sie ihre Kernbankensysteme und schliessen technologisch die „letzte Meile“ zum Kunden. Der Kunde wird in naher Zukunft mit Hilfe solcher Frontend-Lösungen befähigt sein, komplexe Bankenprozesse bequem von zu Hause aus anzustossen und Bankleistungen zu individualisieren.

«Die Bank der Zukunft funktioniert nach den Prinzipien der Selbstorganisation, der Bankkunde bezieht seinen Rat und sein Wissen vom Schwarm, der Crowd.»

Welche Rolle können Soziale Medien bei Finanzgeschäften einnehmen?

Die Bank wie wir sie heute kennen als Intermediär, die zwischen Angebot und Nachfrage vermittelt und dafür satte Gebühren einstreicht, ist ein Auslaufmodell. Anstelle der Bank wird es den Kunden und Produzenten direkt und ohne Zwischenmargen möglich, auf Sozialen Netzwerken miteinander zu interagieren.

Wer kann von dieser Entwicklung profitieren?

Die Vernetzung hilft den Menschen, sich und ihre Bedürfnisse im Austausch mit anderen besser zu reflektieren. Es hilft aber auch, die Bedürfnisse der Menschen mit den Produkten der Banken in Einklang zu bringen. Es wird eine grundlegende Machtverschiebung vom Anbieter zum Nachfrager geben. Der Kunde wird die Regie übernehmen. Er kriegt die einmalige Gelegenheit, sich zu involvieren: Er kriegt eine Stimme. Er muss kein passiver Leistungsempfänger mehr sein, sondern kann ein aktiver Mitgestalter werden, der die Bankleistung nach seinen persönlichen Bedürfnissen und individuellen Wertvorstellungen formt.

«Der Kunde wird die Regie übernehmen. Er kriegt die einmalige Gelegenheit, sich zu involvieren: Er kriegt eine Stimme.»

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