Airbus feiert – Boeing noch ohne Auftrag

Während der europäische Hersteller auf der Messe bislang Aufträge im Katalogwert von fast sechs Milliarden Dollar hereinholte, wurde vom Rivalen Boeing bislang keine einzige Bestellung bekannt. Zudem hat der US-Konzern Ärger mit seinem Kunden Qatar Airways, der wegen der mehrfachen Verzögerung des neuen Langstreckenjets 787 mit Abbestellung drohte. Das 787-Programm liegt rund zwei Jahre hinter dem Zeitplan; der «Dreamliner» soll Ende Juni zum ersten Testflug abheben. «Boeing wird leider nicht von Geschäftsleuten geleitet», kritisierte Qatar-Chef Akhbar Al Baker im Fachblatt «Aviation International News». «Boeing wird von Erbsenzählern und Rechtsanwälten geleitet», schimpfte er.


Qatar bestellt 30 Dreamliner
Qatar hat 30 «Dreamliner» fest bestellt und sich Optionen auf weitere 30 gesichert. Eine Pressekonferenz, auf der die Bekanntgabe weiterer 787-Aufträge erwartet wurde, sagte die Fluggesellschaft kurzfristig ab. «Wir sind in der Lage, aus einem Geschäft auszusteigen, wenn die Fristen unzumutbar werden», sagte Al Baker. Die Fluggesellschaft, die auch 80 Maschinen des 787-Konkurrenten Airbus A350 geordert hat, sollte ihren ersten Dreamliner 2011 bekommen. Am Montag hatte Qatar auf der Messe 24 Airbusse des Typs A321 für 1,9 Milliarden Euro geordert. Die Fluggesellschaft vom Persischen Golf hat derzeit eine grössere Airbus-Flotte verschiedenen Typs, auch der A320-Familie. Diese Flugzeuge für Kurz- und Mittelstrecken haben sich für Airbus in den vergangenen Jahrzehnten als Verkaufsschlager erwiesen. Die erste A320 startete 1987.


Ur-Airbus
Am 29. Mai 1969 hatte Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller seine Unterschrift unter den Vertrag mit Frankreich über die gemeinsame Entwicklung des Ur-Airbus A300 gesetzt. Gut ein Jahr später wurde Airbus Industrie gegründet, zum ersten Aufsichtsratsvorsitzenden der verstorbene frühere bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauss gewählt. Das Ende der unangefochtenen Vorherrschaft der Amerikaner auf dem Markt für Verkehrsflugzeuge war eingeleitet.


A300 erstes zweistrahliges Grossraumflugzeug
Die A300 fand anfangs kaum Kunden, obwohl sie den Passagieren als Grossraumflugzeug auf Kurz- und Mittelstrecken einen Komfort wie auf Langstrecken anbot. In den USA hielten viele das ganze Konzept für unsicher: Ein zweistrahliges Grossraumflugzeug gab es bis dahin nicht. Schon der Name Airbus verleitete viele Skeptiker zu ironischen Bemerkungen. Der geplante Bau von 300 Flugzeugen schien in unerreichbarer Ferne. Am Ende gingen 822 A300/310 an mehr als 80 Kunden weltweit. Davon fliegen mehr als 620 immer noch.


Meilenstein der Internationalisierung
Mit der A300 setzte Airbus auch einen Meilenstein bei der Internationalisierung des Flugzeugbaus. Die Flügel kamen aus England, der Rumpf aus Deutschland und das Cockpit aus Frankreich. Allerdings war der Anlauf lang. Am 18. Dezember 1970 bildeten die Programmpartner von VFW-Fokker aus Bremen und Deutsche Airbus über die französische SNIAS bis zur britischen Hawker-Siddeley ein Konsortium. 1971 traten die spanische CASA und 1979 British Aerospace bei.


Volle Auftragsbücher
Heute ist Airbus ein voll integriertes Unternehmen Teil des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS, der auch Satelliten, Raketen, Kampfflugzeuge und Drohnen baut. Airbus teilt sich den Markt zu praktisch gleichen Teilen mit Boeing, dem einzigen verbliebenen anderen Hersteller grosser Verkehrsflugzeuge auf der Welt. Wegen der schwersten Luftfahrtkrise aller Zeiten hatten die beiden Hersteller in den ersten fünf Monaten dieses Jahr kaum Bestellungen hereingeholt. Allerdings ist die Produktion von Airbus und Boeing auf ein halbes Jahrzehnt ausgebucht und für 2010 und 2011 sogar noch überbucht. So hoffen beide die Krise ohne allzu schlimme Blessuren zu überstehen. (awp/mc/ps/03)

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