Artur P. Schmidt: Zahlungsfähigkeits- vs. Liquiditätskrise?

Von Artur P. Schmidt
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Herny Paulson hat ebenso wie Fed-Chef Bernanke und Paulsons Nachfolger Geithner nicht verstanden, dass wir es heute mit einer Solvenzkrise zu tun haben. Eine Solvenzkrise kann nicht mit inflationärem Gelddrucken bekämpft werden, sondern nur durch den Konkurs der Schuldner, die ein zu grosses Rad gedreht haben. Eine Prolongierung des Tages der Abrechnung hilft nicht weiter, da die zwischenzeitliche Verlängerung des unsagbaren Zustandes auf Kosten der Steuerzahler finanziert wird.


Neue Zockerrunde
Die Kreditblase, die im Jahr 2008 endgültig platzte, kann nicht mit einer Entwertung des Dollar behoben werden, sondern nur dadurch, dass man den Teufel aus dem System austreibt. Eine Rückkehr zum Glass Steagall Act ? verbunden mit einem Eigenhandelsverbot für Banken ? ist der einzige Weg den Spekulationstrieb der Bank und die Gier an der Wall Street zu stoppen. Die Krise ist solange nicht zu Ende, so lange es faule Kredite in Unmengen gibt und sie wird auch nicht dadurch beseitigt, dass man diese in Bad Banks auslagert. Wenn Ben Bernanke davon ausgeht, dass man durch das sogenannte «Quantitative Easing», d.h. den Ankauf von eigenen Staatsanleihen genügend Liquidität schafft, damit sich die Krise von selbst überwindet, dann geht er davon aus, dass sich die Banken wieder auf ihr eigentliches Kreditgeschäft besinnen. Doch davon ist in der realen Wirtschaft nichts zu spüren. Statt die Unternehmen mit ausreichend Kapital zu versorgen, horten die Grossbanken die zusätzliche Liquidität und zocken im internationalen Spielcasino Wall Street längst wieder um die Wette wer der beste Spieler ist.


Virtuelle Buchungen ausmerzen
Damit erweist sich die Bailout-Strategie der Fed als fatale Fehlentscheidung zur Bekämpfung der Krise. Den drogensüchtigen Wallstreetbankern wurde der Goldene Schuss verpasst, mit der Folge, dass nun die Anleihenpreise zum ultimativen Super-Bubble avancieren. Dass damit die Fundamente für eine spätere Hyperinflation gelegt werden, scheint niemand im politischen Washington wirklich zu interessieren ? zu gross ist die Versuchung, die eigentlichen Ursachen nicht anzugehen, um die nächsten Wahlen zu gewinnen. Auch wenn die Federal Reserve mit ihren Massnahmen bisher Bankenruns verhindern konnte, so ist das eigentliche Problem, dass die Krise durch bilanzielle Überschuldungen geprägt ist. Zwar mag die im Grunde bankrotte Deutsche Bank durch ihre Buchhaltungstricks wieder Gewinne ausweisen, würde man jedoch die versteckten Verluste mit dem Eigenkapital aufrechnen, wäre die Bank eigentlich pleite. Das Problem hierbei ist, dass es ohne staatliche Übernahme der Bank und deren Zerschlagung keinen umfassenden Überblick über die tatsächliche Finanzsituation der Bank geben kann.


Von einem Crash zum nächsten
Der ehemalige CEO von Lehman Brothers, Dick Fuld, ist hauptsächlich deshalb gescheitert, weil er nicht erkannt hat, dass seine Bank nicht wegen fehlender Liquidität untergegangen ist, sondern weil diese hoffnungslos überschuldet war. Eine bilanzielle Überschuldung tritt dann auf, wenn der Wert der Verbindlichkeiten eines Unternehmens deren Vermögen überschreitet. Doch nicht nur die wichtigsten Banken waren bilanziell überschuldet, sondern mittlerweile sind dies auch die wichtigsten Ökonomien und Staaten als Ganzes. Wenn ein System derart überschuldet ist, ist ein Kollaps der Aktien- und Rohstoffpreise die logische Folge. Derartige deflationäre Bereinigungen lassen sich nicht durch Liquiditätszufuhr stoppen, sondern nur durch Ausrottung der Seuche genannt Überschuldung. Ein Crash ist die logische Antwort des Marktes auf Solvenzkrisen.


Wer bezahlt die Zeche?
Werden die Ursachen der Krise nicht bekämpft, so wird zwar ? wie geschehen ? eine künstliche Markterholung der Aktienmärkte eingeleitet, die später zu einer noch stärkeren Abwärtswelle führt, da die Zahlungsfähigkeit durch noch mehr Schuldenmachen nicht wirklich verbessert werden kann. Solvenz kann nur durch Reduzierung von Schulden wiederhergestellt werden und dies erfordert andere Ansätze als diejenigen, die die Federal Reserve heute bereit ist anzuwenden. Eine Nullzinspolitik reduziert nicht die Schulden, sondern lädt zu noch mehr Spekulation an den Finanzmärkten ein. So lange das Eingehen von Risiken nicht mit höheren Zinsen bestraft wird, kann das System nicht gesunden. Im Gegenteil: Erkennen die Marktteilnehmer dass der durch Gelddrucken erzeugte Aufschwung eine grosse Illusion, ein Phantom ist, kann es zu einem erneuten Crash an den Finanzmärkten kommen. Wird dann von den Regierungen wieder eine erneute Gelddruckorgie gestartet und setzt man die Politik des billigen Geldes fort, dann kann mit Fug und Recht gesagt werden, dass Notenbanker und Politiker nicht nur nichts aus der Krise gelernt haben, sondern in geradezu krimineller Weise den Wert des Geldes aushöhlen und hierdurch die Bürger zunehmend enteignen.


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Artur P. Schmidt
Der Wirtschaftskybernetiker Dr.-Ing. Artur P. Schmidt wurde in Stuttgart geboren. Er besuchte im Stadtteil Zuffenhausen das Ferdinand-Porsche-Gymnasium und machte dort das Abitur. Das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und Berlin schloss er im Alter von 27 Jahren mit  der Bestnote im Fachgebiet Raketentechnik ab, so dass ihm von Prof. H.H. Koelle die Promotion angetragen wurde. Im Alter von 30 Jahren erhielt Artur P. Schmidt den Doktortitel für ein kybernetisches Marktanalyse-Verfahren am Beispiel der Strategischen Planung von Airbus Industries. Nach einer Beratungstätigkeit bei Anderson Consulting sowie als Leiter der Strategischen Analyse der Ruhrgas AG war Dr. Schmidt Stipendiant der Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre und letzter Schüler von Prof. Hans Ulrich, dem Begründer des St. Galler Management-Ansatzes. Während dieser Zeit begann Dr. Schmidt seine publizistische Laufbahn, aus denen Bestseller wie «Endo-Management» und «Der Wissensnavigator» sowie Wirtschaftsbücher wie «Wohlstand_fuer_alle.com» oder «Crashonomics» hervorgingen. Sein neuestes Buch, welches im EWK-Verlag (www.ewk-verlag.de ) erschienen ist, heisst  «Unter Bankstern».







Heute ist Artur P. Schmidt Herausgeber des Online-News-Portals www.wissensnavigator.com sowie der Finanz-Portale www.bankingcockpit.com , www.wallstreetcockpit.com , www.futurescockpit.com und www.optioncockpit.com sowie Geschäftsführer der Tradercockpit GmbH (www.cockpit.li ). Dr. Schmidt ist ein gefragter Keynote-Speaker sowie Kolumnist für zahlreiche Finanzpublikationen. 

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