Berlin bleibt hart im Griechenland-Streit

«Wir sehen derzeit keine Notwendigkeit, über irgendwelche Eventualitäten heute schon abschliessend zu entscheiden», sagte Bundesaussenminister Guido Westerwelle am Montag in Brüssel auf die Frage nach dem «Notfallplan» Barrosos, der noch keine Zahlungsverpflichtungen beinhalten soll. «Bis zur Stunde hat Griechenland nicht um Geld gebeten. Und deswegen gibt es auch keinen Entscheidungsbedarf.»


Juncker schliesst IWF-Hilfe nicht mehr aus
Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker unterstützte Bundeskanzlerin Angela Merkel in Sachen «Notfallplan»: «Es ist nicht unbedingt notwendig, dass sich der Europäische Rat (der Staats- und Regierungschefs) diese Woche über dieses Instrument einigt (…)», sagte er. Ein solches Unterstützungssystem müsse aber weiter auf technischer Ebene vorbereitet werden. Juncker sagte, er wolle eine Hilfe des Internationalen Währungsfonds (IWF) für das hoch verschuldete Griechenland nicht mehr ausschliessen. Der grössere Teil möglicher Hilfen an das Krisenland müsse aber aus Europa kommen.


Barroso fordert rasche Entscheidung  
Barroso forderte hingegen eine Entscheidung über den «Notfallplan» beim EU-Gipfel in dieser Woche. Der Plan sei nötig, um für den Fall vorzusorgen, dass Griechenland – das bisher keine Finanzhilfen erbeten hat – dem Druck der Finanzmärkte nicht mehr alleine standhalten könne. Merkel dämpfte die Erwartungen auf einen solchen Beschluss. Es sei unverändert der Stand, dass Hilfen der Partner nur im Notfall als letzte Möglichkeit («ultima ratio») in Betracht kämen, bekräftigte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Montag in Berlin. In einem Notfall sei die finanzielle Mithilfe des IWF für die Kanzlerin und die Bundesregierung «definitiv ein Thema». Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou habe am Sonntag erneut deutlich gemacht, dass Griechenland keine Finanzhilfe benötige.


Westerwelle: Griechenland-Krise kein «Naturunglück»
Juncker widersprach dem Vorschlag von Kanzlerin Merkel, eine Möglichkeit zu schaffen, um im Extremfall Euro-Mitglieder auszuschliessen. «Meine jetziger Überzeugungsstand ist der, das ich diese Perspektive nicht sehr mag», sagte der luxemburgische Regierungschef am Montag vor dem Europaparlament in Brüssel. Westerwelle begründete das deutsche Nein zum «Notfallplan» damit, dass Griechenland selbst Strukturreformen durchsetzen müsse. «Das ist der richtige Weg. Der muss aber auch mutig weitergegangen werden.» Es könne «nicht so sein, dass Deutschland oder die Europäische Union Geld ins Schaufenster legen und damit auch der Reformdruck in Griechenland nachlässt.» Er fügte hinzu: «Es gibt ja auch die Interessen unserer deutschen Steuerzahler. «Und die habe ich hier auch zu vertreten – neben alledem, was ich selbstverständlich auch europäisch berücksichtigen will.» Die griechische Krise sei kein «Naturunglück», sondern Resultat von «falschen Zahlen».


Originelle Ideen gefragt
Andere EU-Regierungen sehen das Problem völlig anders. «Wir unterstützen hundertprozentig EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in dieser Frage», sagte der italienische Aussenminister Franco Frattini in Brüssel. «Wir müssen Griechenland unterstützen», sagte Frankreichs Ressortchef Bernard Kouchner. Vor allem die 16 Staaten der Euro-Zone müssten «sich Gedanken machen und vielleicht originelle Ideen entwickeln, die noch vor dem Gipfel zu etwas führen». Der luxemburgische Aussenminister Jean Asselborn zeigte zwar Verständnis für die deutschen Bedenken: «Ich verstehe aber nicht, dass man die fundamentalen Argumente höher einstuft als die Solidarität in der Europäischen Union.»  


Trichet stellt Bedingungen für Griechenland-Hilfe
Die Euro-Staaten dürfen nach Ansicht von EZB-Chef Jean-Claude Trichet dem Schuldensünder Griechenland nur unter aussergewöhnlichen Umständen mit Hilfen unter die Arme greifen. «Wir können nur über einen Kredit sprechen, der kein Subventionselement hat(…)», sagte der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) am Montag in Brüssel vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments in Brüssel. Ausserdem müssten die Finanzprobleme Athens so gravierend sein, dass die gesamte Eurozone berührt sei. «Es müsste eine aussergewöhnliche Lage sein, die ein Problem für die Eurozone darstellt», sagte der EZB-Chef. (awp/mc/ps/25)

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