Bernard Kobler, CEO Luzerner Kantonalbank

Von Helmuth Fuchs


Moneycab: Herr Kobler, in der aktuellen Finanzkrise, welche auch die UBS und CS merklich im Mitleidenschaft zieht, werden die Kantonalbanken mit Staatsgarantie zum sicheren Hafen für Spargelder. Wie sieht der Neugeldzufluss bei der LUKB aus und welche Auswirkungen wird die Krise auf den Jahresabschluss Ihrer Bank haben?



Bernard Kobler: Der Nettoneugeld-Zufluss liegt in den ersten drei Quartalen bei 2.347 Milliarden Franken. Im Vergleich dazu lag zum Beispiel der Nettoneugeld-Zufluss im ganzen Jahr 2007 bei insgesamt 430.6 Millionen Franken. Wir haben also in den ersten neun Monaten 2008 gut fünf Mal mehr Nettoneugeld erhalten als im ganzen Jahr 2007.



«Die in unserer Strategie definierte Eigenkapitalrendite von 12 bis 15 % streben wir auch in diesem Jahr an.» Bernard Kobler, CEO Luzerner Kantonalbank



Die Luzerner Kantonalbank weist nach den ersten neun Monaten 2008 einen Konzerngewinn von 112.4 Millionen Franken aus. Dies entspricht einer Abnahme um 2.5 Millionen Franken bzw. 2.2 % gegenüber der Vorjahresperiode. Für das gesamte Jahr 2008 prognostiziert die LUKB aufgrund der marktbedingt schwächeren Erträge aus dem indifferenten Geschäft einen leicht tieferen Konzerngewinn als im Vorjahr. Wir rechnen jedoch mit einer unveränderten Gewinnausschüttung (10 Franken pro Aktie).


Wie beurteilen Sie die Unterstützung der Schweizerischen Nationalbank für die UBS, nachdem die längste Zeit die gute Kapitalisierung der Grossbank betont wurde?



Für die gesamte Schweizer Volkswirtschaft ist es wichtig, auf einen gesunden, wettbewerbsfähigen Finanzplatz zählen zu können. Zu diesem gehören neben einer starken Kantonalbankengruppe, den Raiffeisen- und Regionalbanken zwingend auch starke Grossbanken. Wenn diese auf Unterstützung angewiesen sind, ist es somit im Sinne der gesamten Volkswirtschaft, Ihnen zu helfen.



Für die Lohnexzesse bei den Grossbanken wurde immer angeführt, dass sie sonst im internationalen Wettbewerb keine geeigneten Spitzenkräfte finden würden. Da die Kantonalbanken wohl kaum Saläre und Boni in Millionenhöhe bezahlen, arbeiten Sie also mit zweitklassigen Mitarbeitern?



Dank einer soliden, auf langfristige Erfolge ausgerichtete Unternehmensstrategie und Geschäftspolitik hat es die LUKB in den vergangenen Jahren geschafft, gesund zu wachsen. Der Unternehmensgewinn ist Jahr für Jahr kontinuierlich angestiegen. Die erfolgreichen Ergebnisse hatten zur Folge, dass wir in jedem Geschäftsjahr mehr Dividende pro Aktie ausschütten konnten (Beispiel: 2003: Fr. 6.50, 2004: Fr. 7.–, 2005: Fr. 8.–, 2006: Fr. 9.–, 2007: Fr. 10.–). Solch hervorragende Resultate können nur mit erstklassigen Mitarbeitenden erzielt werden.



In einer ersten Stellungnahme nach dem Aus für die Lehman Brothers betonten Sie, dass die LUKB zu keiner Entschädigung verpflichtet sei. Kurz danach kam dann die Meldung, dass für Kleinanleger der volle Kapitalschutz gewährt werde. Was hat den Umschwung verursacht und wie haben Ihre Kunden auf die beiden Meldungen reagiert?



Rechtlich ist die LUKB zu keiner Entschädigung verpflichtet, da die LUKB nur als Vertriebspartner von Lehman Brothers auftrat. Bei strukturierten Produkten von Lehman Brothers mit Kapitalschutz ist es gemäss den Produkte-Bedingungen die Bank Lehman Brothers, die diesen Schutz gewährleistet und nicht die Luzerner Kantonalbank.




«Ohne Innovationen kommt die Wirtschaft ins Stocken. Innovationen sind das Fundament für ein nachhaltiges künftiges Wachstum.»


Nach der Analyse der eingetroffenen Kundenreaktionen haben wir jedoch festgestellt, dass es Härtefälle gibt. Dass unsere Kunden deshalb ungeduldig und zum Teil enttäuscht reagiert haben, ist verständlich. Wir haben folglich die Situation sorgfältig abgeklärt und entschieden, unbürokratisch zu handeln. Mit dem vollen Kapitalschutz konnten wird den Kleinanlegern (das heisst Gesamtvermögen auf Konti und Depots bei der LUKB mit weniger als 100’000 Franken) rasch eine gute Lösung anbieten. Unser Entscheid ist von vielen Anlegern positiv aufgenommen worden.


Fälle von Kunden, die über dieser Vermögenslimite liegen und mehr als 20 % ihres Vermögens in Lehman Brothers-Produkten investiert haben, werden zusätzlich systematisch analysiert, ohne dass sich die betreffenden Kunden bei der Bank melden müssen. Die LUKB wird diesen Kunden einen individuellen Entschädigungsvorschlag unterbreiten. Bei allen anderen Kundenreaktionen werden wir jeden Fall einzeln anschauen und beurteilen, werden wir überall, wo Fehler unterlaufen sind, eine individuelle Lösung mit den Kunden suchen.


Beim letzten Halbjahresergebnis konnten Sie mit sehr tiefen Wertberichtigungen von 0.8 Millionen Franken brillieren. Was erwarten Sie für dieses Halbjahr bezüglich der Wertberichtigungen?


Die Ende September kommunizierte Entschädigung im Zusammenhang mit der Insolvenz der Bank Lehman Brothers dürfte die Erfolgsrechnung des gesamten Jahres 2008 mit einem einstelligen Millionenbetrag belasten. Dies ist bereits in den vorliegenden Abschluss eingeflossen, wodurch die Position Wertberichtigungen/Rückstellungen im Quartal 3/08 entsprechend höher ausfällt.


Mitte des Jahres gaben Sie als Eigenkapitalrendite eine Bandbreite von 12 bis 15 Prozent an. Halten Sie an diesem Ziel immer noch fest?


Die in unserer Strategie definierte Eigenkapitalrendite von 12 bis 15 % streben wir auch in diesem Jahr an.


Mitte des Jahres kündigten Sie an, das Privat-Banking mithilfe der Adler Privatbank forcieren zu wollen. Dazu haben Sie 300 Millionen Franken bereit gestellt. Welche konkreten Schritte konnten Sie zum Ausbau des Private-Bankings seither unternehmen?


Die Adler Privatbank AG ist für die LUKB ein Wachstumselement, das wir im Inland durch Gewinnung von von Private-Banking-Teams oder Akquisition kleinen Privatbanken verstärken wollen. Dazu schauen wir regelmässige Objekte an. Wie in der Gesamtstrategie der LUKB sind wir auch im Private-Banking-Bereich auf solide, langfristige Erfolge ausgerichtet und halten nichts von schnellen, risikoreichen Entscheidungen. Wir stehen nicht unter Zugzwang und wägen unsere Entscheide sorgfältig ab.


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Mit der LUKB Wachstumskapital AG haben Sie eine Tochtergesellschaft zur Förderung von Jungunternehmen in der ersten Wachstumsphase. Finden Sie genügend Projekte und welchen Einfluss hat die Finanzkrise für die Innovationskraft in der Schweiz?


Innovative Unternehmensideen wird es immer geben. Gerade auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ist es wichtig, dass solche gefördert werden. Denn ohne Innovationen kommt die Wirtschaft ins Stocken. Innovationen sind das Fundament für ein nachhaltiges künftiges Wachstum. Mit der Gründung der LUKB Wachstumskapital AG wollen wir einen aktiven Beitrag zur Entwicklung des Wirtschafts- und Lebensraums Luzern leisten. Die zu fördernden Unternehmen wählen wir sorgfältig aus und setzen dabei Qualität vor Quantität. Wir sind zufrieden mit den Projekten, die wir evaluieren können, doch natürlich sind wir um jedes zusätzliche Jungunternehmen froh, das die Wirtschaft in unserer Region positiv beeinflusst und wir unterstützen können.



«Wachstumspotenzial im Kanton Luzern sehen wir vor allem Private Banking.»


Zu Beginn des Jahres planten Sie die Einführung eines neuen Bankensystems von Avaloq, mussten dann aber die Einführung um vier Monate verschieben. Was waren die Gründe für die Verschiebung?


Da die IT-Plattform von Avaloq im Januar unsere Qualitätsanforderungen im Bereich Stabilität noch nicht komplett erfüllte, haben wir die Einführung verschoben. Für uns war enorm wichtig, dass wenn wir das neue System einführen, es von Beginn an unterbruchsfrei und mit einer guten Performance zur Verfügung steht. Dies, damit das Bankgeschäft reibungslos abgewickelt werden kann und sich keine Probleme für unsere Kunden und Mitarbeitenden ergeben.


Zusammen mit der St. Galler- und der Thurgauer Kantonalbank haben Sie das neue Bankensystem evaluiert und dabei Avaloq gewählt. Gibt es auf der Basis der gleichen Bankenplattform nun auch Pläne zur weitergehenden Zusammenarbeit zwischen den drei Kantonalbanken?


Die St. Galler und Thurgauer Kantonalbank sind zusammen mit uns und zahlreichen weiteren Banken in der Avaloq-Community. Daraus können sich durchaus Möglichkeiten für eine weitergehende Zusammenarbeit ergeben, auch wenn derzeit noch keine konkreten Pläne bestehen. Da wir nun über die gleiche IT-Plattform verfügen, wäre es nun möglich, in einem nächsten Schritt die gemeinsame Verarbeitung zu prüfen.


Als Kantonalbank haben Sie gewisse Grenzen sowohl geografischer Natur, als auch bezüglich der Risikofähigkeit. Wo sehen Sie für die LUKB noch attraktive Wachstumsmöglichkeiten?


Gemäss unseren Markterhebungen unterhalten rund 60 % aller Luzernerinnen und Luzerner in irgend einer Form eine Geschäftsbeziehung zur LUKB. Diesen Anteil noch weiter zu steigern, ist sicherlich nicht einfach. Wachstumspotenzial im Kanton Luzern sehen wir vor allem Private Banking.


Im Firmenkundengeschäft sind wir für den Grossteil der Luzerner KMU bereits die Hauptbank und erreichen deshalb unser Wachstum ausserhalb der Kantonsgrenze. Im Fokus sind vorab Deutschschweizer Firmen mit gutem Rating. Auf die Konkurrenz auf dem Kantonsgebiet reagieren wir nicht über den Preis, sondern indem wir uns unseren Firmenkunden als Sparringpartner für eine erfolgreiche strategische Positionierung zur Verfügung stehen – das sieht das seit 2006 laufende Programm PULS (Partnerschaftliches Unternehmens-Leitsystem) vor.


Zum Schluss des Interviews haben Sie noch zwei Wünsche frei. Wie sehen diese aus?


Ich wünsche mir gute Gesundheit für meine Familie sowie eine regionale bzw. gesamtschweizerische Wirtschaft, die zum Wohlergehen aller beiträgt.






Der Gesprächspartner:
Bernard Kobler (1957) ist seit 1. Januar 2004 Präsident der Geschäftsleitung (CEO) der Luzerner Kantonalbank (LUKB). Vorher war er seit 1999 als Geschäftsleitungsmitglied der LUKB zuständig für das Geschäftsfeld Individual- und Gewerbekunden, das heisst das Retailgeschäft der Luzerner Kantonalbank. Zuvor war er während rund 16 Jahren in verschiedenen Stabs- und Linienfunktionen bei der UBS tätig, mit Schwergewicht in den Geschäftsbereichen Firmen- und Retailkunden. Zuletzt war er bei der UBS verantwortlich für das Retailgeschäft der Region Zürich. Bernard Kobler ist Absolvent der Swiss Banking School und des Advanced Management Programme an der Insead in Fontainebleau (in Frankreich). Weiter ist er Beirat im Finance Forum in Zürich.


Die Luzerner Kantonalbank:
Die im Jahr 1850 gegründete Luzerner Kantonalbank (LUKB) ist die bevorzugte Bank der Luzernerinnen und Luzerner. Rund 60 Prozent aller Luzernerinnen und Luzerner unterhalten in irgend einer Form eine Geschäftsbeziehung zur Luzerner Kantonalbank. Die LUKB verfügt über Staatsgarantie. Als klassische Universalbank bietet die Luzerner Kantonalbank sämtliche Dienstleistungen einer modernen Bank an. Nebst den 26 Zweigstellen in allen Teilen des Kantons ist die LUKB mit einer Vertretung im Tessin und ihrer Tochtergesellschaft Adler & Co. Privatbank AG in Zürich und Basel zudem an zwei wichtigen Private Banking-Standorten in der Schweiz präsent. Mit einer Bilanzsumme von knapp 19 rund 22 Milliarden Franken und ihren rund 1000 Arbeitsplätzen gehört die Luzerner Kantonalbank zu den zehn grössten Schweizer Banken. Die LUKB weist zurzeit Eigenkapital in der Höhe von rund 1.661 Milliarden Franken aus. www.lukb.ch

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