BGER: Zeitungsverlage können Handel mit elektr. Pressespiegeln nicht verbieten

Die grossen Zeitungsverlage der Schweiz (Aargauer Zeitung, Berner Zeitung, Edipresse, Handelszeitung und Finanzrundschau, Le Temps, NZZ, Ringier und Tamedia) hatten 2004 beim Zürcher Obergericht gegen die Urheberrechts-Verwertungsgesellschaft Pro Litteris Klage eingereicht. Sie forderten zunächst ein Verbot für Pro Litteris, bei Betrieben und der öffentlichen Verwaltung Vergütungsansprüche für deren interne elektronische Pressespiegel geltend zu machen, soweit diese Artikel ihrer festangestellen Journalisten enthalten.

Verbot für Vergütungsansprüche gutgeheissen
Ein gleiches Verbot verlangten die Verleger auch für die Vergütungsansprüche, die Pro Litteris gegenüber Presseausschnitts- und Dokumentationslieferdiensten geltend machen, welche Betriebe und Amtsstellen mit solchen Pressespiegeln beliefern. In diesem zweiten Punkt hatte das Obergericht die Klage gutgeheissen.

Lizenzverträge zu selbst bestimmten Tarifen als Ziel
Der Hintergrund der Klage bildet das Interesse der Verlage, die «Hoheit» über die elektronische Verbreitung ihrer Artikel zu behalten und mit den Medienbeobachtungsdiensten allenfalls direkt Lizenzverträge zu selber bestimmten Tarifen abschliessen, beziehungsweise die Konkurrenzierung kontrollieren zu können.

Nicht erlaubt: Zeitungen integral zu kopieren
Pro Litteris gelangte gegen den Zürcher Entscheid ans Bundesgericht und hat nun Recht erhalten. Die Lausanner Richter kommen in ihrem Urteil zum Schluss, dass die fraglichen Dienste als Dritte im Sinne des Urheberrechts gelten, die für ihre Kunden zum Zweck des Eigengebrauchs bestimmte Artikel kopieren dürfen. Nicht erlaubt wäre es den Medienbeobachtungsdiensten laut Bundesgericht allerdings, Zeitungen integral zu kopieren. Sie würden indessen nur nach den von ihren Kunden vorgegebenen Stichworten eine Auswahl der relevanten Artikel erstellen.

Eingriff in die Rechte der Verlage zumutbar
Dies müsse auch bei einer Abwägung der verschiedenen Interessen zulässig sein: Zunächst bestehe mit Blick auf die Meinungsvielfalt und die unüberschaubare Zahl von Pressetiteln ein grosses Interesse daran, dass die betroffenen Dienste elektronische Pressespiegel für ihre Kunden auch ohne die Zustimmung der Verlage erstellen könnten. Den Verlagen selber wäre laut den Lausanner Richtern mit einem Verbotsrecht zwar besser gedient als mit einem Vergütungsanspruch gegen Pro Litteris. Andererseits habe der Journalist als Urheber der einzelnen Artikel kein Interesse an einem Verbotsrecht. Der Eingriff in die Rechte der Verlage sei damit insgesamt zumutbar. (awp/mc/ar)

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