Bâloise-Schweiz-Chef Strobel: «Der BVG-Mindestzinssatz ist nicht goutierbar»


Die schlechte Nachricht zuerst: Bâloise-CEO Frank Schnewlin liegt nach einem Skiunfall im Spital. Die gute Nachricht: Der Versicherer macht wieder Gewinn. Im Moneycab-Interview nimmt Schweiz-Chef Martin Strobel zum Geschäftsgang Stellung.

Von Lukas Schweizer

Moneycab: Herr Strobel, Sie sprechen von erheblichen Fortschritten die Bâloise 2003 gemacht hat. Welches sind für Sie die wichtigsten?

Martin Strobel: Wir sind in der Tat sehr zufrieden mit dem Geschäftsverlauf des Jahres 2003. Wir konnten die operative Ertragskraft deutlich steigern und sind wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt. Das bezieht sich auch auf das Leben-Geschäft, wo wir nach einem verlustreichen Jahr auch wieder Gewinne schreiben. Es bezieht sich aber auch auf die Bâloise-Bank SoBa, wo wir den Gewinn um 23,8 Prozent steigern konnten. Das zeigt deutlich, dass wir im letzten Jahr effizient gearbeitet haben.

Sie heben das Leben-Geschäft hervor. Nicht sehr freuen dürfte Sie, dass Sie in der Schweiz einen deutlichen Prämienrückgängen verzeichnen mussten.

Gesamthaft sind es 12,8 Prozent, im Einzel-Leben-Bereich gar 27 Prozent weniger.

Woran liegt das?

Die Marktbedingungen haben sich deutlich verändert. Bedingt durch die Veränderungen an den Finanzmärkten können wir nur noch Überschüsse in der Höhe von etwa zwei Prozent bezahlen. Viele Kunden sagen, zwei Prozent reichen nicht und investieren nicht in eine Lebensversicherung. Das Erfreuliche daran ist, dass unser Rückgang wesentlich weniger hoch ausgefallen ist, als der des Gesamtmarkts. Insgesamt gehen wir sogar davon aus, dass wir im letzten Jahr im Leben-Geschäft sogar Marktanteile dazu gewonnen haben.

Die Kunden wollen nicht mehr in Lebensversicherungen investieren. Was können Sie dagegen tun, um den Prämienrückgang zu stoppen?

Da sind wir hervorragend positioniert. Ich gebe Ihnen ein Beispiel dazu: Wir können unseren Kunden eine Wahlmöglichkeit anbieten. Wenn einem Kunden zwei Prozent nicht genügen, bieten wir ihm an, ein Konto bei der SoBa zu eröffnen und sein Geld dort zu parken. Wenn die Zinsen wieder steigen, kann er das Geld vom Konto wieder in eine Lebensversicherung überführen. Mit dieser Idee konnten wir schon über 4000 Neukunden, das sind mehr als vier Prozent,für die SoBa gewinnen.

Eine etwas ungewohnte Aussage war, dass Sie die ökologische und soziale Verantwortung gesteigert haben. Sie belegen nach neusten Studien Rang sieben im SMI. Was muss ich unter ökologischer Verantwortung bei einer Versicherung verstehen?

Wir nehmen beispielsweise das Thema Nachhaltigkeit sehr ernst. Wir sehen die Basler Versicherungen als guten Bürger, der seine Verantwortung gegenüber dem Gemeinwesen übernimmt.Im ökologischen Bereich bemühen wir uns beispielsweise unser Öko-Bilanz zu verbessern, den Energieverbrauch aktiv zu senken. Im sozialen Bereich überprüfen wir unter anderem ständig unser Risk-Management, damit keine grösseren Schäden passieren und die Kunden nicht darunter leiden.

Kommen wir noch auf die Bundespolitik zu sprechen. An allen Medienkonferenzen der Versicherer ist die Legal Quote ein Thema. Bei Swiss Life wurde dagegen gewettert. Tun Sie dies auch?

Ich hab mich über diesen Entscheid überhaupt nicht gefreut. Es ist ein Model herausgekommen, welches sehr intransparent ist. Man kann in keiner Weise abschätzen, wie der Ertrag innerhalb eines Geschäftsjahres verläuft, weil erst im Nachhinein entschieden wird, ob es ein Brutto- oder Nettoertrag ist.Darunter leidet die Steuerbarkeit des Leben-Geschäfts. Alle Welt will mehr Transparenz, der Bundesrat hat genau das Gegenteil entschieden.

Die Versicherer betonen immer wieder, sie seien mit Bundesrat und Politikern im Gespräch. Warum kann denn ein solcher Entscheid gefällt werden. Hören die Politiker nicht auf Sie?

Der Hauptgrund dieser teilweise sehr unerfreulichen Entwicklung ist, dass die Politik über Marktgrössen entscheidet. Das wäre das gleiche, wie wenn der Bundesrat jeden Tag festlegen würde wie hoch der SMI ausfällt, obwohl er weiss, dass dieser eine vom Markt bestimmte Grösse ist. Genau so ist auch der Mindestzinssatz eine Marktgrösse, er entsteht aus den Marktgegebenheiten. Sobald aber eine solche Grösse politisch festgelegt wird, ist sie offensichtlich nicht goutierbar.

Was werden Sie zusammen mit anderen Versicherern dagegen unternehmen?

Wir werden ganz klar unsere Interessen wahrnehmen, sowohl als Bâloise wie als Mitglied des schweizerischen Versicherungsverbands. Die Rahmenbedingungen im BVG müssen richtig gestellt werden, damit wir unsere sehr bewährte Rolle auch nachhaltig wahrnehmen können.

Und wenn der Bundesrat nicht einlenkt?

Wenn sich die Politik querstellen sollte, müssen wir als ordentliche Geschäftsleute darauf reagieren. Wenn sich die Rahmenbedingungen zu sehr zu unserem Nachteil entwickeln sollten, müssen wir uns überlegen, ob wir unsere Politik im Leben-Bereich nachhaltig aufrecht halten können.


Der Gesprächspartner 
Martin Strobel, Jahrgang 1966, ist Leiter Konzernbereich Schweiz. Seine Studien der Informatik, Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik an den Universitäten von Kaiserslautern, Windsor (Kanada) und Bamberg schloss er 1993 mit der Promotion zum Dr.rer.pol. ab 1993 – 1999 war er bei der Boston Consulting Group, Düsseldorf, in verschiedenen Funktionen für Fragen des strategischen IT-Managements im Banken- und Versicherungssektor tätig. Seit Anfang 1999 ist Strobel bei der Bâloise-Gruppe: zuerst als Leiter Informatik der Basler Schweiz und innerhalb der Bâloise-Gruppe verantwortlich für geschäftsübergreifende Grossprojekte im Versicherungs- und Finanzbereich; seit 1. Januar 2003 Mitglied der Konzernleitung, verantwortlich für den Konzernbereich Schweiz. Der gebürtige Deutsche ist zudem Vorstandsmitglied des Schweizerischen Versicherungsverbandes (SVV). Mitglied des Verwaltungsrates der Baloise Bank SoBa und der Basler Asset Management (BAM) sowie Mitglied des Beirats «Finance Forum». (mc/rb)

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