Deutsche Bahn am 5. November an die Börse

Mit dem Börsengang sollen bis zu 24,9 Prozent der Verkehrs- und Logistiksparten der Bahn verkauft werden. Deutlich stärker als Kleinanleger sollen dabei Profis wie Banken und Fonds zum Zuge kommen, berichtet der Berliner «Tagesspiegel» unter Berufung auf Kreise, die mit den Börsenplänen vertraut seien.


Kein Debakel wie bei der Telekom
Für solche Institutionelle Anleger seien 20 Prozentpunkte – oder vier Fünftel – reserviert, für Kleinanleger nur drei bis vier Prozentpunkte, so das Blatt. Damit wolle man vermeiden, dass die Bahn eines Tages ein ähnliches Imagedebakel erlebe wie die Deutsche Telekom mit ihrer T-Aktie. Ein Prozentpunkt solle für ein Aktienprogramm für die 170.000 Mitarbeiter der neuen Bahn-Tochter bereit stehen.


Erlös von drei bis vier Milliarden Euro
In Bezug auf die erhofften Einnahmen aus dem Börsengang mahnten Bahn-Strategen zur Zurückhaltung. Das Ziel von acht Milliarden Euro, mit dem die Bundesregierung für das Projekt wirbt, sei überzogen. Angesichts der Marktentwicklung sei eher mit einem Erlös von drei bis vier Milliarden Euro zu rechnen. Ähnlich äusserten sich Experten bei einer Anhörung zur Teilprivatisierung im Bundestag. Bahn-Gutachter Michael Holzhey sagte, er rechne wegen der «Risiken im Regional- und Fernverkehr» mit deutlichen Abschlägen der Anleger. «Insofern wird es am Ende für die Umsetzung darauf ankommen, bei welcher Untergrenze die DB AG als Mutter beziehungsweise der Bund die Reissleine ziehen.» Holzhey, der wegen seines vernichtenden Bahn-Gutachtens kürzlich auf schärfste Kritik des DB-Vorstandes gestossen war, betonte ausserdem, dass sich der Börsengang «mindestens bis 2009 hinauszögern könnte».


Genehmigung im Bundestag am Mittwoch erwartet
Der Bundestag will nach erneuter Befassung mit dem Thema am Mittwoch im Verkehrsausschuss dem von Bahnchef Hartmut Mehdorn seit Jahren herbeigesehnten Börsengang endlich grünes Licht geben. Deutsche Bahn und Infrastruktur (Gleisnetz, Bahnhöfe und Energie) bleiben zu 100 Prozent in Bundeshand, während die teilprivatisierte Tochter DB Mobility Logistics mit Personen- und Güterverkehr eine 75,1prozentige Unterholding der DB AG werden soll. Befristete Doppelmandate in der Mutter- und Tochtergesellschaft sollen Mehdorn und Finanzvorstand Diethelm Sack erhalten. Neben dem Beteiligungs- Vertrag von Bund und Ländern soll eine Leistungs- und Finanzierungs-Vereinbarung (LuF) für hohe Qualität des Gleisnetzes sorgen.


Milliardenerlöse in Infrastrukturprogramme?
In der Anhörung wurde zugleich vor Streckenstilllegungen, Haftungsrisiken und weitgestreutem Auslands-Engagement wie in China gewarnt. Übereinstimmend forderten die Rechtsprofessoren, Gutachter, Bahnpraktiker und Gewerkschafter, die Bahn müsse Milliarden in Ausbau und Erhaltung des 34.000 Kilometer umfassenden Gleissystems sowie in die Sanierung maroder Bahnhöfe stecken. Die Privatisierungserlöse sollten voll für ein Infrastrukturprogramm zur Verfügung stehen, so Günter Elste, Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV).


Der Berliner Wissenschaftler Christian Böttger warnte die Bundesregierung vor falschen Anreizen für die Bahn, Strecken stillzulegen. Nachbesserungen verlangte auch der Mannheimer Gesellschaftsrechtler Carsten Schäfer. Sonst müsste die DB AG für alle Verluste der Verkehrs- und Logistiktochter aufkommen, ohne Anspruch auf deren Gewinne zu haben. Auch die Vorstandsdoppelmandate verschärften die Konzernhaftung der staatlichen «Mutter» für die teilprivatisierte «Tochter». (awp/mc/pg)

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