EADS-Board berät über A380-Krise – Standortfrage gestellt

Dabei ging es auch um die Zukunft des A380-Standorts Hamburg, der für Rumpfsegmente und den Innenausbau des weltgrössten Passagierflugzeugs für 481 bis 853 Passagiere zuständig ist. Die Fluggesellschaften erwarten dringend einen neuen Zeitplan für die A380-Auslieferung, um über ihre Einsatzpläne und über mögliche Alternativen entscheiden zu können. Manche Beobachter gehen davon aus, dass EADS wegen der hohen Kosten die Airbus-Staaten schneller mit Starthilfen für den A350 zur Kasse bitten möchte. Mit Entscheidungen ist kaum vor Börsenschluss am Abend zu rechnen.

Verspätung beim A380-Programm
In der vergangenen Woche hatten sich Hinweise verdichtet, die Fertigung des A380 werde sich wegen Problemen bei der Verkabelung um weitere sechs Monate verzögern. Bereits bisher hat das Programm eine Verspätung von einem Jahr, was bei EADS zu Gewinneinbussen von zwei Milliarden Euro binnen vier Jahren führt. Zudem muss das Konzept des neuen Langstreckenflugzeugs A350 nach Kundenkritik überarbeitet werden. Der neue Airbus-Chef Christian Streiff wollte am Freitag dem EADS-Führung die Ergebnisse der Prüfungen beider Programme vorlegen. Die Beratungen des Boards in Amsterdam liefen unter strikter Geheimhaltung.

Konzentration der A380-Fertigung auf Toulouse
Nach Klagen des neuen EADS-Co-Präsidenten Louis Gallois über die Zersplitterung der Produktion auf zu viele Standorte halten französische Kreise eine Konzentration der A380-Fertigung auf Toulouse für möglich. In Südfrankreich werden auch die anderen Airbus-Grossflugzeuge gebaut. Hamburg solle als Ausgleich von Toulouse die Fertigung des kleinen Verkaufsrenners A320 erhalten. Die Produktionsplanung wird auch von Madrid in Frage gestellt, das seinen Anteil an EADS von 5,44 auf bis zu zehn Prozent steigern und mehr Produktion nach Spanien holen möchte. Spanien ist mit 10,6 Prozent am A380-Programm beteiligt.

Personalabbau möglich
Nach Informationen des Norddeutschen Rundfunks soll dagegen der A380 weiterhin in Hamburg und Toulouse produziert werden. Da die A380-Fertigung deutlich teurer wird als erwartet, müsse zudem mit Personalabbau – in Hamburg in der Grössenordnung von 200 bis 300 Stellen – gerechnet werden. In Hamburg-Finkenwerder werden bereits die vom A320 abgeleiteten Modelle A318, A319 und A321 montiert. Von den 12 000 Hamburger Airbus-Mitarbeitern wurden 2500 Mitarbeiter eigens für das A380- Programm eingestellt. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hat an Airbus appelliert, auf eine A380 -Produktionsverlagerung nach Toulouse und einen Stellenabbau in Hamburg zu verzichten. Sonst würde auch die lange umkämpfte Verlängerung der Werks-Landebahn überflüssig, in die die Stadt 80 Millionen Euro investiert hat.

Probleme bei der Verkabelung
Die A380-Kunden befürchten wegen der Probleme bei der Verkabelung des Grossflugzeuges die bereits dritte Verschiebung der Auslieferung um ein weiteres halbes Jahr. Angeblich sollen 2007 nur vier Maschinen an die Kunden gehen. Im Juli hatten die Fertigungsprobleme bereits zur Ablösung des EADS-Co-Chefs Noël Forgeard und des Airbus-Chefs Gustav Humbert geführt. Einige Fluggesellschaften wie Virgin Atlantic und Air France-KLM sollen erwägen, auf grosse Boeing-Modelle auszuweichen. Grösster Einzelkunde ist Emirates mit 45 Bestellungen. Die Lufthansa erwartet den ersten ihrer 15 A380 für Sommer 2008.

Teuere Verzögerungen
Airbus hat 12,4 Milliarden Dollar in die A380-Entwicklung investiert, wozu die Bundesregierung 1,07 Milliarden beigesteuert hat. Dazu kommt ein Mehrkostenrisiko von 1,0 bis 1,45 Milliarden Euro. Wie teuer weitere Verzögerungen für EADS und Airbus sind, dürfte wohl erst in den kommenden drei Wochen bekannt gegeben werden. Die Investmentbank Goldman Sachs schätzt die Mehrkosten bis 2010 auf 1,68 Milliarden Dollar. Andere Analysten gehen nur von 100 Millionen aus. Schon die bisherige Verspätung des Programms schlägt mit zwei Milliarden Euro in den kommenden vier Jahren zu Buche. Dieser Betrag soll angeblich mit einem Kostensenkungsprogramm eingespart werden. Ein Einstellungsstopp ist schon in Kraft. (awp/mc/ar)

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