Eclat bei Schweizer Börse: Börsenpräsident Francioni freigestellt

Dies habe der SWX-Verwaltungsrat «im Sinne eines ordnungsgemässen Ablaufs» entschieden, teilte die SWX am Mittwoch mit. Bis zur Wahl eines Nachfolgers oder einer Nachfolgerin übernehme Vize-VR-Präsident Jacques de Saussure das Präsidentenamt. Dieser liess vernehmen, bei der Ablösung von Reto Francioni handle es sich um einen normalen Prozess: «Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit ihm in seiner neuen Funktion.»


Sauer aufgestossen
Nach langen Spekulationen hatte Francioni letzte Woche angekündigt, als Kandidat für den Vorstandsvorsitz der Deutschen Börse zur Verfügung zu stehen. Dabei schlug der 50-Jährige in einer «persönlichen Erklärung» die frühere Vorsitzende der SWX- Gruppenleitung, Antoinette Hunziker-Ebneter, als seine Nachfolgerin vor. Dies stiess laut dem «Tages-Anzeiger» der SWX-Spitze sauer auf: Francioni habe die Erklärung ohne vorherige Absprache mit dem Verwaltungsrat «eigenmächtig und vorschnell» abgegeben.


Keine weiteren Kandidaten
Entsprechend nüchtern reagierte die SWX: «Der Verwaltungsrat nimmt diesen Vorschlag zur Kenntnis und wird ihn – ebenso wie allfällige weitere Kandidaturen – prüfen und zu einem späteren Zeitpunkt über die Nomination befinden», hiess es am Mittwoch. Für die Wahl eines Nachfolgenden für Francioni sei noch kein Termin gesetzt worden, sagte SWX-Sprecher Werner Vogt auf Anfrage: Bis jetzt wisse er von keinem anderen Kandidaten ausser Hunziker-Ebneter.


Wenig glückliche Hand
Die 45-Jährige war 1993 in die SWX eingetreten und wurde im Dezember 2000 Vorsitzende der SWX Gruppe. Im Februar 2001 übernahm sie auch die Leitung der elektronischen Börsenplattform virt-x. Die in London angesiedelte virt-x hatte einen schwierigen Start und kämpfte mit bescheidenen Handelsvolumen. Im September 2002 verliess Hunziker-Ebneter die SWX und wechselte als Handelschefin zur Privatbank Julius Bär.


Abbau trotz guter Ertragslage
Zudem hatte Francioni in seiner Erklärung die SWX Gruppe als «gut aufgestellt» und international so positioniert bezeichnet, dass sie im Konsolidierungsprozess der Börsen eine aktive Rolle spielen könne. Wenige Tage später kündigte die SWX trotz günstiger Ertragslage den Abbau von 50 bis 70 Vollzeitstellen an. Nach der Freistellung könnte Francioni laut Frankfurter Finanzkreisen noch in diesem Jahr den vakanten Chefposten bei der Deutschen Börse übernehmen. Einem Start des 50-Jährigen kurz nach der entscheidenden Sitzung des Aufsichtsrats am 10. Oktober – und nicht erst wie erwartet zum Jahreswechsel – stehe nichts im Wege, erfuhr Reuters aus Aufsichtsratskreisen.


Antritt ab 10. Oktober
Bei der Sitzung soll Francioni zum Nachfolger von Werner Seifert gewählt werden, den kritische Grossaktionäre im Streit um die Übernahme der Londoner Börse im Mai aus dem Amt gedrängt hatten. «Es war und ist völlig klar, dass Francioni sein neues Amt antritt, sobald seine bisherigen vertraglichen Pflichten beendet sind», hiess es in Frankfurter Börsenkreisen. «Meinetwegen kann er schon am 11. Oktober, sobald der Aufsichtsrat sich für ihn entschieden hat, anfangen. Das wäre sicher gut für die Börse», sagte eine mit der Top-Personalie vertraute Person. (awp/mc/as)

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