Edgar Oehler, CEO und VRP Arbonia Forster

von Christa Spoerle


Herr Dr. Oehler, wie sieht ihr Lieblingsszenario für AFG in den kommenden beiden Jahren aus?


Wir werden alles daran setzen, damit wir die Widerwärtigkeiten des Marktes überwinden und unsere rund 30 AVANTI-Programme realisieren können. Dann sind wir wieder auf gutem Wege.


Wie wahrscheinlich ist das?


Alles deutet darauf hin, dass wir die von uns selber vorgegebenen  Ziele erreichen werden.


Sie wollen bis Mitte nächsten Jahres einen Nachfolger als CEO gefunden haben, können Sie denn loslassen, ihm genügend Freiheit zugestehen?


Auch dieses Vorhaben wickelt sich dem bekannten Zeitplan ab. Selbstverständlich kann ich «loslassen», wenn der geeignete CEO seine Funktionen übernimmt.


«Selbstverständlich kann ich «loslassen», wenn der geeignete CEO seine Funktionen  übernimmt.»


Welcher ihrer fünf Bereiche zeigt die ersten Erholungstendenzen?


Wir sahen uns  in den drei Divisionen im Bereich Bauzulieferer (Heiztechnik und Sanitär, Küchen und Kühlen sowie Fenster und Türen auch Herausforderungen gegenüber. Sie waren aber spürbar kleiner als in den beiden Technologiedivisionen Stahltechnik und Oberflächentechnologie. Betrachtet man den potenziellen Kundenkreis aller fünf Divisionen, ist die Ausgangslage verständlich. Im Baubereich haben wir rechnerisch eine schier unbegrenzte Zahl von Kunden: jeder von uns lebt in einer Umgebung, wo er diese Produkte einsetzt.


Im Unterschied dazu  ist die Zahl der potenziellen Kunden in den beiden Technologiedivisionen nachhaltig kleiner. Wir sind in Nischen tätig. Je besser die Wirtschaft läuft, desto besser laufen die Geschäfte, damit Umsatz und Erträge. Grundsätzlich können wir festhalten, dass man in den beiden Technologiedivisionen in «Normalzeiten» spürbar mehr Ertrag erwirtschaften kann. In der heutigen Wirtschaftslage ist es aber leider nicht so. Indessen können wir festhalten, dass  die AFG im zweiten Halbjahr 2009 ein besseres Ergebnis als im ersten erwirtschaften und ausweisen wird.


Werden Sie also weniger als die geplanten 200 bis 250 Stellen abbauen müssen?


Wir haben am 5. August 2009  im Rahmen der Veröffentlichung der Halbjahresergebnisse bekannt gegeben, dass wir innerhalb anderthalb Jahren rund 600 Arbeitsstellen abbauen werden. Dies geschieht über natürliche Abgänge, Pensionierungen, vorzeitige Pensionierungen und Entlassungen. Wir haben unsere Zielvorgabe nicht geändert. Bei besser laufender Wirtschaft werden wir aber die Zahlen zurücknehmen können.


Beim Grossauftrag von über 1’000 Premiumküchen aus der Türkei, sind Sie da mit den Margen zufrieden?


Wir sprechen in der Öffentlichkeit nie über Margen aus einem einzelnen Vertragsabschluss.


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Was erwarten Sie von der Küchen-Designlinie «Starck by Warendorf»?  Was ist für Sie das ganz Spezielle an dieser Linie?


Wir erschliessen uns mit dieser Küche weltweit neue Märkte in einem anderen Segment. Philippe Starck ist weltweit eine sehr bekannte Persönlichkeit mit einem hervorragenden Ruf.


Regional gesehen, welche Regionen machen Ihnen noch Sorgen und  wo sehen Sie Aufhellungen?


Es sind vor allem die Regionen, welche entweder grosse «Baublasen», geprägt durch Spekulationen hatten, beispielsweise Spanien, in welchem Land wir glücklicherweise eine geringe Präsenz hatten. Dann kommen nationale Wirtschaften und damit Absatzmärkte dazu, welche keine harmonische Wirtschaft haben. So finanziert sich Russland aus den Einnahmen des geförderten Öls. Der Mittlere Osten ist in einigen Staaten durch hohe Spekulationen geprägt. In Osteuropa ist das generelle Wachstum zurückgefallen. Aufhellungen stellen wir in Westeuropa, im Fernen Osten und in anderen einzelnen Volkswirtschaften fest, aber auch in einigen Bereichen der Technologiedivisionen.


Wie rasch erwarten Sie in den kommenden Jahren einen Abbau der starken Abhängigkeit von den Markten in Deutschland und der Schweiz?


Wir haben die Abgängigkeit in den letzten Jahren von 80 auf 70 Prozent abgebaut. Ein nächstes Ziel ist eine Aufteilung von 60 zu 40. Heute müssen wir aber festhalten, dass unsere gute Präsenz in der Schweiz und in Deutschland uns sehr viel geholfen hat.


«Aufhellungen stellen wir in Westeuropa, im Fernen Osten und in anderen einzelnen Volkswirtschaften fest, aber auch in einigen Bereichen der Technologiedivisionen.»


Wie bezeichnen Sie ihr Verhältnis zu den Banken? Haben Sie für die kommenden Monate eine bestimmte Erwartungshaltung?


Die Beziehungen mit den Banken spielen sich im Rahmen der guten geschäftlichen Abläufe ab. Man stellt aber fest, dass die Banken auch ihre eigenen Herausforderungen haben, welche sie in die normalen Geschäftsbeziehungen einfliessen lassen. Was in gewissen Zeitungen zu lesen ist, entspricht sehr oft nicht den effektiven Verhältnissen und Gegebenheiten!


Wie sieht ihr Lieblingsszenario für die Person Edgar Oehler in den kommenden Jahren aus?


Ich wünsche mir, dass ich nach der wieder gewonnenen Gesundheit das Unternehmen weiter in eine positive Zeit überführen, die Ertragskraft stärken und die Auswüchse der Hochkonjunktur definitiv ausmerzen kann; die AFG will ich parallel dazu  einer neuen Führungscrew übergeben.  Über die gelebte  Ehrlichkeit und mit Verantwortung ? auch in den Medien ? sollen weder die Wirtschaft generell noch einzelne Unternehmen verteufelt werden.





Zur Person:
Edgar Oehler, Jahrgang 1942, schloss sein Studium an der Hochschule St. Gallen mit dem Doktorat ab. Zwischen 1973 und 1985 war er Chefredaktor der «Ostschweiz». Ab 1986 übte er in verschiedenen Unternehmen im In- und Ausland  leitende Funktionen aus. 1998 übernahm er die Hartchrom AG, Steinach, 2003 die AFG Arbonia Forster Holding AG, deren CEO und VR-Präsident er heute noch ist.  Oehler ist verheiratet und Vater von 4 Adoptivtöchtern.

Zum Unternehmen:

Die AFG Arbonia-Forster-Holding AG hat ihren Sitz in Arbon, Kanton Thurgau (Schweiz). Sie ist in die fünf Divisionen Heiztechnik und Sanitär, Küchen und Kühlen, Fenster und Türen, Stahltechnik sowie Oberflächentechnologie gegliedert. Die Produktionsstätten befinden sich in der Schweiz, in Deutschland, Tschechien, England, China, Frankreich, in den USA und in der Slowakei. Weltweit ist die AFG mit rund 50 eigenen Produktions- und Vertriebsgesellschaften sowie mit Vertretungen und Partnern in über 70 Ländern aktiv. Im Geschäftsjahr 2008 hat die AFG mit rund 6150 Beschäftigten einen Umsatz von 1570.6 Mio. CHF  und ein Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 86.6 Mio. CHF  erzielt.

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