Europäische CEOs im internationalen Vergleich am stärksten gefährdet

Zusätzlich fordern vor allem zahlreiche Übernahmen und Merger sowie stetig steigende Anforderungen an die Unternehmenslenker ihren Tribut. Dies belegt die aktuelle CEO Succession-Studie der internationalen Strategie- und Technologieberatung Booz Allen Hamilton. Weltweit nahmen 14,3% aller CEOs ihren Hut (2005: 15,5%). Diese gemilderte Entwicklung gilt allerdings nur für USA und Asien. In Europa dagegen stiegen die Zahlen auf das Rekordniveau von 15,4%. Auch im deutschsprachigen Raum kletterte die Wechselquote von 9,7% (2005) auf 10,7% im abgelaufenen Jahr. «Im vergangenen Jahr hat sich ein Trend zu vermehrten Wechseln an der Unternehmensspitze abgezeichnet. Dieser setzt sich aktuell weiter fort», sagt Dr. Klaus-Peter Gushurst, Senior Partner bei Booz Allen.

Unterschätzung von Governance im deutschsprachigen Raum
Drei Gründe nennt die Booz-Allen-Studie: Der Leistungsdruck insbesondere auf einheimische CEOs in Deutschland, Österreich und der Schweiz wächst. Darüber hinaus nehmen Merger und damit die Unsicherheit bei den Top-Managern zu. Weiterhin sind sie gezwungen, immer mehr internationale Kontrollstandards anzuwenden: «Allerdings wird die Schwäche vieler Unternehmenslenker in Deutschland, Österreich und der Schweiz bei der strikteren Umsetzung von Corporate Governance dazu führen, dass künftig mehr international erfahrene Führungskräfte entsprechende Positionen in Konzernen in Konzernen im deutschsprachigen Raum besetzen», so der Experte Dr. Gushurst weiter. Die intensivere Auseinandersetzung mit globalen Governance- und Compliance-Themen ist in Zukunft unabdingbar und wurde im deutschsprachigen Raum bislang unterschätzt.


Übernahmen treiben Wechselhäufigkeit
Den jüngsten internationalen Unternehmensübernahmen, so ein markantes Ergebnis der Studie, fallen immer mehr CEOs zum Opfer. Demnach nahm 2006 die Zahl jener Topmanager auffällig zu, die aufgrund eines Mergers, einer Übernahme oder eines Buy outs gehen mussten. Ihr Anteil an den personellen Wechseln betrug 2006 weltweit 22%, 4% mehr als im Jahr zuvor. Ein Vergleich verdeutlicht die Dynamik: Noch 2003 lag die Rate bei 11%. In Europa erreichten durch Merger beeinflusste Wechsel mit 27,3% aller Abgänge den höchsten Stand seit Beginn der Untersuchung 1995.


PE- und Hedgefonds als Alternative für CEOs
Auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz machte die Rate in nur einem Jahr einen Sprung von 17% auf 22%. «Die Fluktuation wird durch die zunehmende Aktivität von Kapitalanlagesellschaften und anderen Investoren weiter steigen», so Gushurst. «Dabei fungieren insbesondere Private-Equity-Player und Hedgefonds für ehemalige Vorstandschefs als attraktive Alternative zur Position eines CEOs.»


Nur 46% aller Wechsel geplant
Performance-getriebene Wechsel haben damit seit 1995 um 318% zugenommen. Nur 46% aller Veränderungen im Top-Management erfolgten wirklich geplant, die niedrigste Rate über den gesamten Untersuchungszeitraum der Studie. Die Wahrscheinlichkeit, langfristig als CEO zu bestehen, hängt also immer stärker von der Leistung ab. Beispiel USA: Noch 1995 war der Anteil der CEOs, die sich über sieben Jahre im Amt hielten, bei schlecht wirtschaftenden CEOs etwa gleich so hoch wie bei überdurchschnittlich wirtschaftenden. Jeweils rund 60% beider Performance-Gruppen erfreuten sich einer hohen Verweildauer. Deutlich anders 2006: Von CEOs mit überdurchschnittlicher Performance blieb rund jeder Zweite über sieben Jahre im Job. Von Kollegen, die unterdurchschnittlich wirtschafteten, konnte dagegen nur rund jeder Vierte seinen Posten so lange halten.


Riskanteste Branche für CEOs: Telekommunikation
Die grösste Wechselhäufigkeit besteht international im Telekommunikationssektor (23,5%). Die Zahl der Abgänge hat sich dort gegenüber dem Vorjahr nahezu verdoppelt. Im deutschsprachigen Raum schnellte der Anteil der Wechsel sogar von 17% (2005) auf 50% (2006). Global folgen in der Liste der gefährlichsten Branchen die Versorger und der Gesundheitssektor mit jeweils 17,8%. Die Informationstechnologie in Deutschland, Österreich und der Schweiz liegt erneut (17%) auf dem zweiten Platz. Auf Rang drei folgen Banken, Versicherungen und andere Finanzdienstleister (15%).


Veränderte Rollen für Verwaltungsrat und CEO
Dass der Druck auf CEOs in Europa besonders hoch ist, belegt die Verweildauer der Unternehmenslenker im Amt. Sie verkürzte sich in Europa auf 5,7 Jahre und damit auf die kürzeste Frist seit 1998. Im deutschsprachigen Raum sank der Wert von 8,3 auf 4,7 Jahre. Die Berufung Externer als CEOs (Outsider) ist stark zurückgegangen. Sie stieg von 1995 bis 2003 weltweit rasant von 14% auf 30%. 2006 ist die Quote wieder auf 18% gesunken. Offenbar legen Verwaltungsräte wieder stärker Wert auf eine geregelte Nachfolge aus den eigenen Reihen – geeignete Kandidaten werden gezielt und langfristig aufgebaut.


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Compliance-Regeln greifen mittlerweile nachhaltig
Wer es als CEO bei der Umsetzung der Grundsätze für eine gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung nur bei Lippenbekenntnissen belässt, das ist das Resümee der Studie, scheitert langfristig. «Corporate Governance- und Compliance-Regeln greifen mittlerweile nachhaltig. Anfangs eher geschaffen, um einzelne, extreme Fälle von Missmanagement einzudämmen, verändern sie nun schrittweise Führungskultur und -strukturen auf globaler Ebene», so Dr. Gushurst. Zudem hätten die bekannten Fälle insbesondere im deutschsprachigen Raum die Sensibilität hierfür deutlich erhöht und bei vielen Unternehmen entsprechende Diskussionen ausgelöst.

Aktiv gemanagte Verwaltungsratsmandate
Aufschlussreich ist eine Analyse der internationalen Fälle, in denen dem Ausscheiden Konflikte mit dem Verwaltungsrat vorangehen. Ihre Zahl stieg global von 2% in 1995 auf 11% in 2006. In Europa wurden 2006 sogar 22% aller Wechsel durch solche Konflikte beeinflusst. Wie die Studie zeigt, ordnen sich Selbstverständnis und Aufgabenteilung aller an der Unternehmensführung beteiligten Kräfte neu. Investoren beanspruchen aktiv gemanagte Verwaltungsratsmandate und wollen in strategische Entscheidungen eingebunden werden. Die bislang eher homogene, konsensorientierte Struktur in Verwaltungsräten bricht auf, plurale Interessen treffen aufeinander. Mandatsträger sind herausgefordert, Unternehmensstrategie und -performance zu diskutieren und ggf. durch aktive Vorschläge zu korrigieren. Für Verwaltungsräte erfordert dies eine engere Auseinandersetzung sowie einen Dialog mit wichtigen Bezugsgruppen wie Kunden, Partnern, Lieferanten und Mitarbeitern. Noch eine markante Zahl aus der Studie: In Europa nahm die Zahl der Verwaltungsräte, die zuvor CEO waren, zwischen 1995 und 2006 von 61% auf 23% ab.


Neuer Typus des Unternehmenslenkers 
Für CEOs sind weitere, neue Fähigkeiten gefragt. «In erster Linie müssen sie künftig multilaterale Kräfte wie Investoren, Mitarbeiter und Politik stärker in ihre Arbeit integrieren», so Dr. Gushurst. Sie bilden ein wichtiges Sensorium, um Chancen und Risiken für das Unternehmen früh zu erkennen und es strategisch entsprechend auszurichten. «Entscheidend für das Firmenwohl wie auch für eine konstruktive Zusammenarbeit der lenkenden Kräfte ist», so Gushurst weiter, «eine klare Aufgabenteilung. Die Erarbeitung der Unternehmensstrategie ist und bleibt originäre Aufgabe des CEO.» Er sei gut beraten, den Verwaltungssrat bereits stärker bei der Planung einzubeziehen. Zudem muss das Thema Governance und Compliance durch den CEO und Verwaltungsratschef permanent auf der Tagesordnung bleiben. «In Zukunft gewinnt die Vertrauensbildung und aktive Zusammenarbeit zwischen CEO und Verwaltungssrat erheblich an Gewicht», betont Dr. Gushurst. Das laufende Jahr wird spannend: «Wir sind beim Selbstverständnis der Unternehmensführer und der Aufgabenverteilung der CEOs international an einem Wendepunkt», sagt Dr. Gushurst. «Jetzt muss mit Bedacht und Weitsicht der richtige Weg eingeschlagen werden.»

(BAH/mc/hfu)




Zur vorliegenden Untersuchung
Booz Allen Hamilton untersuchte in der Studie «CEO Succession 2005» die 2.500 weltweit grössten börsennotierten Unternehmen sowie die Entlassungsgründe von 357 CEOs. Für den deutschsprachigen Raum wurden ergänzend die 300 grössten Unternehmen in dieser Region analysiert. Es flossen sowohl die Performance der Unternehmen zum Zeitpunkt der Ablösung als auch die Art und Weise des Ausscheidens des CEO ein. Aussagen über Trends und Entwicklungen beziehen sich auf die bereits vorgelegten Booz Allen-Studien zu CEO-Ablösungen aus den Jahren 1995, 1998, sowie die jährlichen Studien ab 2000.

Zu Booz Allen Hamilton
Booz Allen Hamilton ist mit mehr als 19’000 Mitarbeitenden und Büros auf sechs Kontinenten die weltweit führende Strategie- und Technologieberatung. Das Unternehmen befindet sich im Besitz seiner rund 300 aktiven Partner. Sechs Büros sind im deutschsprachigen Raum: Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, München, Wien und Zürich. Der Umsatz beläuft sich weltweit auf 4 Mrd. US$, im deutschsprachigen Raum auf 229 Mio. Euro (Client Billings der Booz Allen Hamilton Gesellschaften im deutschsprachigen Raum).

Zu Booz Allen Hamilton in der Schweiz
Die internationale Strategie- und Technologieberatung Booz Allen Hamilton ist seit über zwanzig Jahren für Klienten in der Schweiz tätig. Die zunehmende Nachfrage nach Beratungsdienstleistungen und vertiefte Kundenbeziehungen führten zur Gründung der Booz Allen Hamilton AG in der Schweiz und der Eröffnung des Zürcher Büros im Dezember 1997. Seither konnte das Geschäft im Schweizer Markt kontinuierlich ausgebaut werden und das Büro befindet sich auf anhaltendem Expansionskurs.

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