EZB belässt Leitzins wie erwartet bei 4,25 Prozent

Auf der vorherigen Sitzung am 3. Juli hatte die EZB ihren Leitzins wegen Inflationsgefahren noch um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent angehoben. Seitdem haben sich jedoch die Konjunkturaussichten für die Eurozone merklich eingetrübt und auch der Ölpreis ist kräftig gefallen.


EZB signalisiert trotz schwächerer Konjunktur unveränderte Zinsen
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat auch auf absehbare Zeit unveränderte Leitzinsen signalisiert. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet betonte an seiner Pressekonferenz nach Einschätzung von Volkswirten die Wachstumsrisiken etwas stärker als zuletzt. Gleichzeitig machte er jedoch klar, dass die Bekämpfung der hohen Inflation das vorrangige Ziel der EZB ist. Ihren Leitzins hatte die EZB wie von Volkswirten erwartet unverändert bei 4,25 Prozent belassen. Auf der Sitzung vom 3. Juli hatte die EZB ihren Leitzins wegen der hohen Inflationsrate um 0,25 Prozent angehoben.


Keine geldpolitische Ausrichtung
«Die EZB hat derzeit keinen geldpolitischen Bias» (Ausrichtung), sagte Trichet. Die derzeitige Geldpolitik trage zur Geldwertstabilität bei. «Das derzeitige Inflationsniveau ist besorgniserregend. Die Inflation wird weiter hoch bleiben und sich erst im Jahr 2009 schrittweise abschwächen.» Die EZB wolle weiter alles tun, um Zweitrundeneffekte für die Preisstabilität zu verhindern.


EZB hält sich alle Optionen offen
«Die EZB nimmt zunächst eine abwartende Haltung ein und hält sich damit alle Optionen offen», sagte Commerzbank-Ökonom Michael Schubert. Die EZB sei mit der im Juli vorgenommenen Zinserhöhung zufrieden. Eine bestimmte Neigung habe die EZB derzeit nicht. Dies spreche für eine Geradeausfahrt. Der Rückgang des Wirtschaftswachstums seit Mitte 2008 sei teilweise erwartet worden, sagte Trichet. Die von der EZB angesprochenen Abwärtsrisiken seien tatsächlich eingetreten. Das zweite und dritte Quartal dürften besonders schwach ausfallen. Die Unsicherheit für den Wachstumsausblick bleibe hoch, sagte Trichet. Die Abwärtsrisiken für das Wirtschaftswachstum würden überwiegen. Wichtigste Risiken seien die abschwächende Weltkonjunktur und steigende Rohstoff- und Lebensmittelpreise. Zudem stelle ein zunehmender Protektionismus ein Risiko dar. Daher sei das Scheitern der Doha-Welthandelsrunde ein «grosser Rückschlag».


Gesunde Fundamentaldaten
Grundsätzlich seien die wirtschaftlichen Fundamentaldaten in der Eurozone jedoch gesund, sagte Trichet. So gebe es keine grossen gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichte. Mit Blick auf die Preisstabilität werde die EZB die Lohnverhandlungen «besonders beobachten», sagte Trichet. Eine Preis-Lohn-Spirale sollte möglichst vermieden werden.


Politik der ruhigen Hand
Die EZB betreibe im Zwiespalt zwischen Konjunkturrisiken und bestehenden Inflationsgefahren «eine Politik der ruhigen Hand», sagte Ökonom Thomas Amend von HSBC Trinkaus. Trichet habe die Konjunkturrisiken insgesamt etwas stärker betont.


Das Geldmengenwachstum stellt laut Trichet weiter mittelfristige Aufwärtsrisiken für die Preisstabilität dar. Es gebe jedoch eine gewisse Abschwächung des Geldmengenwachstums, die auch durch die jüngsten Leitzinserhöhungen bedingt sei. Es bleibe für die EZB daher entscheidend, die mittelfristigen Inflationserwartungen zu verankern. Die derzeitige Geldpolitik trage zur Geldwertstabilität bei. Die Geldpolitik der EZB sei jedoch nie vorherbestimmt.


Bank of England belässt Leitzins wie erwartet unverändert bei 5,00 Prozent
Auch die britische Notenbank belässt ihren Leitzins unverändert – den vierten Monat in Folge. Der Leitzins betrage weiterhin 5,00 Prozent, teilte der geldpolitische Ausschuss der Notenbank in London mit. Volkswirte hatten dies wegen anhaltender Inflationsgefahren bei zugleich schlechteren Wachstumsaussichten einhellig erwartet. Wegen der Abschwächung der britischen Konjunktur infolge der Finanzmarktkrise hatte die Bank of England (BoE) die Zinsen zuletzt im April um 0,25 Punkte gesenkt.


Im Juni war die Teuerung in Grossbritannien auf ein 16-Jahres-Hoch von 3,8 Prozent geklettert und lag damit fast zwei Prozentpunkte über dem Zielwert der Bank of England (BoE) von zwei Prozent. Zugleich war die britische Wirtschaft im zweiten Quartal so schwach wie seit drei Jahren nicht mehr gewachsen. Die Risiken einer Rezession hätten damit nochmals zugenommen, heisst es unter Analysten. (awp/mc/pg/26)

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