Firmeninsolvenzen steigen weltweit, Gefahr für die Schweizer Exportindustrie

Dies bringt die Schweizer Exportindustrie unter Druck und es drängt sich eine verstärkte Überwachung der Bonität ihrer Handelspartner auf. Moderat ist die Situation vorerst noch in der Schweiz mit erwarteten 4’200 Firmeninsolvenzen in 2008, was einem Rückgang gegenüber 2007 um 114 Firmeninsolvenzen entsprechen würde. Für 2009 wird eine Zunahme von 2% erwartet. Diese Daten veröffentlichte Euler Hermes, der weltweit führende Kreditversicherer, in seinem neusten «Global Insolvency Outlook». Firmeninsolvenzen sind ein wichtiger Indikator, um das Ausmass der aktuellen globalen Wirtschaftskrise einzuschätzen.


Exportrekord 2008
Die Schweizer Exportindustrie und mit ihr die gesamte Schweizer Wirtschaft ist stark auf solvente Unternehmen in ihren wichtigsten Absatzmärkten angewiesen: 2008 werden in der Schweiz erstmals für mehr als CHF 200 Mrd. Güter ausgeführt – eine Rekordmarke. Die Exportquote, gemessen am kaufkraftbereinigten Bruttoinlandprodukt, liegt bei über 60%. Damit zählt die Schweiz weltweit zu jenen fünf Ländern, deren Wirtschaft am stärksten vom Export abhängig ist. Weil die Ausfuhren 2007 die Einfuhren deutlich übertrafen, resultierte in der Handelsbilanz ein Rekordüberschuss von rund CHF 14 Mrd. Dieser dürfte im laufenden Jahr noch höher ausfallen.


Firmeninsolvenzen gefährden Exportland Schweiz
Die Abhängigkeit der Schweiz vom Export liegt auf der Hand. Die exportierenden Firmen sind dabei auf die vereinbarten Zahlungen ihrer ausländischen Kunden angewiesen: «Insolvenzen beeinträchtigen nicht nur die unmittelbar betroffenen Schweizer Lieferanten, sondern haben eine Signalwirkung auf die Lieferbereitschaft und die Lieferkonditionen der übrigen Schweizer Produzenten und potenziellen Exporteure. Entsprechend wichtig für die Schweizer Lieferanten sind die seriösen Abklärungen punkto Bonität der Abnehmer und allenfalls eine Kreditversicherung», erklärt Christian Pletscher, Risk Director von Euler Hermes Schweiz.


Teilweise massive Einbrüche bei allen wichtigen Exportländern
Die Aussichten sind kritisch: Bis Ende 2008 rechnet Euler Hermes mit einem weltweiten Anstieg der Firmeninsolvenzen um durchschnittlich mindestens 15%. 2009 wird eine weitere Erhöhung von durchschnittlich 9% erwartet. In der von Euler Hermes präsentierten «Business Insolvency Risk Map» liegen von den 20 bedeutendsten Absatzmärkten, in welche die Schweiz 80% ihres gesamten Exportes ausführt, lediglich Österreich und Belgien im grünen Bereich.


Vollbremsung der Wirtschaft in Deutschland – sämtliche etablierten Branchen betroffen
In Deutschland steigen die Firmeninsolvenzen von 2008 auf 2009 um 10%. Sämtliche etablierten Branchen sind beeinträchtigt. Die Prognosen für die Branchen Maschinenbau, Stahl und Telekommunikation sind dabei noch am besten. Bis vor zwei Monaten war die Liste mit den krisenresistenten Branchen mehr als doppelt so lang. Pharma, Hersteller von IT-Geräten, Chemie und Transportunternehmen zählen inzwischen nicht mehr dazu. Die wirtschaftliche Entwicklung im Jahr 2008 war bislang massgeblich geprägt durch die konjunkturellen Bremsspuren gleich eines ganzen Bündels von Belastungsfaktoren: Die bis zum Sommer andauernde Ölpreis- und Euro-Rallye, die Immobilienkrise in den USA und in einigen europäischen Ländern sowie nicht zuletzt die globale Finanzmarktkrise. Seit Mitte des Jahres hat sich die Situation im Hinblick auf einige Belastungsfaktoren allerdings entschärft. Die aktuellen Prognosen gehen von einer Erholung frühestens ab dem zweiten Quartal 2009 aus.


USA kann nur mit Pharma punkten
Für die USA rechnet Euler Hermes in 2008 mit einem Anstieg der Firmeninsolvenzen um 46%, für 2009 wird eine nochmalige Steigerung um 50% prognostiziert. Alle etablierten Branchen ausser Pharma sind massiv beeinträchtigt. Insbesondere die Automobilkonzerne Chrysler, Ford und General Motors sind mit existenziellen Herausforderungen konfrontiert. Die durch die Finanz- und Immobilienkrise ausgelösten Turbulenzen beeinträchtigen seit dem zweiten Quartal 2008 den Arbeitsmarkt massiv. Ebenfalls seit dem zweiten Quartal geht der Konsum zurück; dieser Trend wird sich auch im vierten Quartal fortsetzen. Die Auftragseingänge für Investitionsgüter stagnierten bereits in den Monaten Juli und August. Aufgrund der nochmals erschwerten Finanzierungsbedingungen – zuletzt auch bei kurzfristigen Finanzierungen – werden Ausgabenpläne zurückgestellt.


$$PAGE$$

Seite 2


Spanien mit explodierenden Firmeninsolvenzen
Besonders trüb sind die Aussichten in Spanien: Punkto Firmeninsolvenzen nimmt Spanien unter den wichtigsten Schweizer Exportdestinationen die Spitzenstellung im negativen Sinne ein. Gemessen am Vorjahr wird sich die Anzahl der Firmeninsolvenzen in 2008 mehr als verdoppeln (+161%). Aktuell sind alle Branchen stark betroffen; die Aussichten sind nicht gut. Einzig Chemie und Pharma haben einigermassen intakte Prognosewerte. Für die Schweizer Exporteure drängt sich die grundlegende Überprüfung ihrer Geschäftsbeziehungen und Zahlungsvereinbarungen auf. Die starken Verwerfungen der Immobilienmärkte zogen insbesondere die Baubranche und den Stahlhandel nach unten. Der Anstieg der Nahrungsmittel und des Ölpreises drückte auf die Konsumentenstimmung. Die Investitionen litten unter den getrübten Konsumaussichten und der Kontraktion der Kreditmärkte. Zusätzlich wirkte sich der hohe Eurokurs im ersten Semester negativ auf die Exportdaten aus. Die spanische Regierung hat diverse Massnahmen in den Bereichen Steuern und Finanzen sowie Massnahmen zur Stimulierung der Wirtschaft eingeleitet. Damit will Spanien ab 2010 wieder auf den notwendigen Wachstumskurs einschwenken.


Mangelnde Transparenz in China
Schwierig einzuschätzen ist die Situation in China. Allein schon die mangelnde Transparenz ist ein Risiko für Schweizer Exporteure. Insbesondere die Einschätzung von einzelnen Unternehmen gestaltet sich extrem schwierig. Mit dem Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung betreffend Zahlungsunfähigkeit nahm die Zahl der Insolvenzen 2007 um 20% gegenüber dem Vorjahr zu. Mit der Änderung der Gesetzgebung nähert sich China dem internationalen Standard an. Für die Jahre 2008 und 2009 erwarten die Experten von Euler Hermes eine Zunahme der Insolvenzen um jährlich 10%. China hat bis vor einigen Monaten wirtschaftlich insgesamt mit fast nur guten Nachrichten Schlagzeilen gemacht und mit seinen exorbitanten Wachstumsraten zuerst für Furore und bald für Angst gesorgt, angesichts des enormen Verbrauchs von Rohstoffen und Energieträgern. 2007 hat sich China nach Deutschland zum «Vize-Exportweltmeister» entwickelt. 2008 dürfte China die Leaderstellung von Deutschland übernehmen.


Chinas Wirtschaftswachstum wird sich auf unter 10% abkühlen. Mit der Entwicklung der Binnenwirtschaft und des Wohlstandes wird die Abhängigkeit von den Exporten kleiner. Allerdings verlangsamen nebst den höheren Rohstoffpreisen auch die Aufwertung der eigenen Währung und die Verteuerung der Lebensmittel das Wachstum. China hat diverse Massnahmen zur Stimulierung der Entwicklung eingeleitet.


Chancen nutzen – Bonität prüfen
Der Welthandel bietet im Zug der Globalisierung neue Möglichkeiten. Nebst China sind insbesondere Brasilien, Russland und Indien im Vormarsch. Die neuen Abnehmerstaaten bergen aber auch Gefahren. Welcher Handlungsbedarf besteht für die Schweizer Exportindustrie angesichts der bedenklichen Firmeninsolvenz-Prognosen weltweit? Jörn Volk, Managing Director von Euler Hermes Schweiz, rät den export-orientierten Unternehmen, ihre bestehenden und neuen Geschäftsbeziehungen genau zu überprüfen: «Gestern war die unternehmerische Erfolgskomponente Umsatz, heute und morgen wird es die Liquidität sein. Gestern war es ausreichend, seine Kunden zu kennen. Heute und morgen muss man mindestens auch die Kunden und Abnehmerländer des Kunden kennen.» Christian Pletscher, Risk Director, ergänzt: «Wir empfehlen die Zahlungsvereinbarungen anzupassen, Vorauszahlungen zu verlangen oder einen Versicherungsschutz zu prüfen.»


Firmeninsolvenzen in der Schweiz stabilisieren sich auf hohem Niveau
Verglichen mit ihren Exportpartnern befindet sich die Schweiz hinsichtlich Firmeninsolvenzen derzeit noch in einer komfortablen Situation. Im Jahr 2007 gingen in der Schweiz 4’314 Firmen Konkurs, 2008 dürften es rund 4’200 Firmen sein. Für das Jahr 2009 wird mit einer moderaten Zunahme von 2% gerechnet. Diese Zahlen sind jedoch mit Vorsicht zu geniessen. Unser Land könnte die negative Entwicklung in anderen Ländern zeitverschoben ebenfalls erfahren.

Hier Download der nachfolgend aufgeführten Dokumente und Grafiken:
– Grafik «Euler Hermes Global Insolvency Index (GII)»
– Grafik «Business Insolvency Risk 2009» (weltweite Gefahrenkarte Firmeninsolvenzen 2008/2009)
– Grafik der Firmeninsolvenz-Entwicklung in den präsentierten Ländern D, USA, Spanien, China
– Grafik «Firmeninsolvenzen in der Schweiz 2007/2008»
– Grafik der 20 wichtigsten Exportländer der Schweiz

(Euler/mc/hfu)





Über Euler Hermes Schweiz
Als Allianz-Gesellschaft ist Euler Hermes Weltmarktleader in der Kreditversicherung und mit rund 6’000 Mitarbeitenden in 53 Ländern vor Ort vertreten. Sie bietet Unternehmen Schutz vor Debitorenverlusten und sichert dadurch deren Liquidität. Kernkompetenz von Euler Hermes ist die Bonitätsprüfung und -überwachung von Firmen weltweit. Euler Hermes verfügt über eine Datenbank mit über 40 Millionen Firmendaten, fällt täglich 25’000 Kreditentscheidungen und versichert Handelsforderungen von rund EUR 800 Milliarden. Euler Hermes Schweiz beschäftigt über 60 Mitarbeitende an ihrem Hauptsitz in Zürich und den weiteren Standorten in Lausanne und Lugano.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert