Firmenpleiten 2010/11 ? die Leidensgeschichte geht weiter

Dies, nachdem 2009 mit einer Zunahme von 29% ein Rekordwert erreicht worden war. Erst ab 2011 zeichnet sich eine globale Trendumkehr bei den Firmeninsolvenzen ab (-5%). In der Eurozone rechnen die Experten für 2010 gar mit einem nochmaligen Insolvenzanstieg um 6%. Noch keine spürbare Erholung ist auch für die exportorientierte Schweiz in Sicht, wo die Firmenpleiten in 2010 erneut um 14% zunehmen dürften (2009 +24%). Für Schweizer Exporteure bleibt matchentscheidend, ihre Geschäftsbeziehungen weiterhin sorgfältig zu prüfen und nötigenfalls abzusichern.


Schweiz: Firmeninsolvenzen steigen immer noch
Im Inland sieht die Situation nach wie vor düster aus. Nach einer Rekordzunahme von 24% in 2009 auf über 5?200 Unternehmen rechnet Euler Hermes für 2010 mit einem erneuten Anstieg um nochmals 14% auf rund 5?900 Firmenpleiten. Die Stärke des Schweizer Frankens verzögert den Aufschwung zusätzlich; vor allem Mikro- und kleine Unternehmen leiden darunter. Solange die Verschuldung der Euroländer akut bleibt, wird auch der Euro unter Druck bleiben und zahlreichen Exporteuren in der Schweiz eine lange Durststrecke bescheren, die einige nicht überleben werden. Erst in 2011 erwartet Euler Hermes einen Rückgang der Firmeninsolvenzen um 5%.


Maschinen-Industrie backt kleine Brötchen
Die Branchenanalyse zeigt ein vergleichbares Bild im Maschinen- und Werkzeugbau sowie bei den Textilindustrie-Maschinen: Deren Abnehmer investieren nur verhalten in Neubeschaffungen und arbeiten wo immer möglich noch mit Ersatzteilen. «Die Neumaschinen-Bestellung läuft zwar besser, aber immer noch bescheiden. Im Vergleich zum letzten halben Jahr sehen wir immerhin einen Silberstreifen am Horizont», sagt Christian Pletscher, Risk Director von Euler Hermes Schweiz. Immer noch kritisch sieht es auch in der Textilbranche aus, wo die noch verbliebenen Produzenten von Stickereiwaren und funktionaler Bekleidung sowie die Kleiderboutiquen stark betroffen sind. Verständlicherweise leidet auch die gesamte Medienbranche. Sie hat im Zeitalter der mobilen Kommunikation mit strukturellen Problemen und einbrechenden Werbeeinahmen zu kämpfen. Entsprechend steigt die Insolvenzgefahr bei Zeitungen, Zeitschriften, Druckereien, Papierlieferanten und den Media- und Werbeagenturen.


Eine leichte Verbesserung tritt bei den Automobilzulieferern ein; aber auch dort ist die Situation nach wie vor kritisch. Die Stahlbranche litt unter den Verwerfungen an den Rohstoffmärkten und erholt sich 2010 nur langsam. Auch die Logistik ist fundamental von der übrigen Wirtschaft abhängig und kämpft entsprechend mit Überkapazitäten im 2010.


Telecom-Markt floriert
Dennoch gibt es auch florierende Branchen: «Nebst der krisenresistenten Pharma halten sich auch Food & Beverage, Retail und erstaunlicherweise der Computer- und Telecom-Markt gut. Wir erklären uns dies mit einem nach wie vor stabilen Konsumverhalten in der Schweiz. Die Ängste vor einem Einbruch im Konsum haben sich nicht bewahrheitet. Schweizer Haushalte verfügen über eine gute Substanz; der durchschnittliche Haushalt ist (noch) nicht überschuldet und wir haben im internationalen Kontext nach wie vor eine tiefe Arbeitslosenquote», erklärt Pletscher.


Schweizer Exportindustrie muss wachsam bleiben
Um plausible Wirtschaftsprognosen für die stark exportorientierte Schweiz vornehmen zu können, ist ein Blick auf ihre wichtigsten Handelspartner unerlässlich: Die Insolvenzprognosen für Deutschland, USA, Italien, Frankreich, Grossbritannien und Spanien geben noch keine Entwarnung (siehe Tabelle). Zudem findet die Situation in den PIGS-Staaten (extreme Staatsverschuldung, Immobilienblasen, schwacher Binnenmarkt usw.) ihre entsprechende Abbildung in den Firmeninsolvenzen.


«Wir schätzen die Weltwirtschaft nach wie vor als sehr fragil ein. Entsprechend hoch bleibt das Niveau der Firmeninsolvenzen», resümiert Jules Kappeler, Managing Director von Euler Hermes Schweiz. «Gerade in dieser schwierigen Aufschwungphase wollen wir unsere Kunden unterstützen und ihnen ein solider Partner sein. Daher werden wir entsprechend noch mehr Risiken übernehmen und angemessen versichern», so Kappeler zur aktuellen Geschäftspolitik von Euler Hermes Schweiz.


Deutschland: Trendwende erst 2011
Beim wichtigsten Handelspartner der Schweiz spiegelt sich die vorsichtige konjunkturelle Erholung der Wirtschaft auch in der Entwicklung der Firmeninsolvenzen wider. Nach dem dramatischen Anstieg 2009 (+12%) steigt die Zahl der Insolvenzen in diesem Jahr nur noch leicht um 1.3% auf 33?100 Unternehmen. Erst für 2011 rechnen die Experten von Euler Hermes mit einer deutlichen Trendumkehr bei den Firmen-insolvenzen. Dann wird die Zahl voraussichtlich um 5.4% auf 31?300 sinken. Trotzdem wird das Niveau von vor der Krise, als die Anzahl der Pleiten bei unter 30?000 lag, im nächsten Jahr noch nicht erreicht werden. (Euler Hermes Schweiz/mc/pg)

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