Frank Brinken, CEO Starrag Heckert AG

Von Christa Spoerle


Moneycab: Herr Dr. Brinken, sind Sie mit dem Halbjahresergebnis und einem Umsatzrückgang um 31% und einem Gewinnrückgang auf 3,0 (Vorjahr 8,3) Millionen Franken eigentlich zufrieden?


Dr. Frank Brinken: Nein, wenn ich die absoluten Zahlen ansehe. Ja, wenn ich die Zahlen der StarragHeckert Gruppe im Vergleich zu anderen Unternehmen der Werkzeugmaschinenbranche ansehe. Mir ist nur ein anderes börsennotiertes Branchenunternehmen bekannt, welches ohne Verluste durch die schlimmste Krise seit Entstehung der Branche im 19. Jahrhundert durchgekommen ist.


Was sagt Ihnen ihr Bauchgefühl, ist die Rezession in der Werkzeugmaschinenindustrie langsam ausgestanden?


Ja, wir nähern uns dem nächsten Aufschwung. Die Frühzykliker verzeichnen bereits eine starke Belebung der Auftragseingänge. Die gesamte Branche wird 2011 auf den Wachstumspfad zurückkehren. Ob alle Marktteilnehmer dann noch den dazu nötigen finanziellen Schnauf haben ist allerdings fraglich.


Wie lange müssen Sie noch an Kurzarbeit festhalten?


Unser Angebotsbestand hat sich in den letzten Monaten sehr erfreulich entwickelt. Unsicherheit besteht noch bezüglich der zeitlichen Realisierung der Projekte und der Finanzierbarkeit auf unserer Kundenseite. Ich gehe davon aus, dass wir die Kurzarbeit 2010 sukzessive wieder zurückfahren können.



«Die Region China, in der wir eine starke eigene Verkaufs- und Serviceorganisation haben, war nicht vom Rückgang betroffen und wächst 2010 bereits wieder zweistellig. Nicht zufrieden sind wir mit Deutschland.» Dr. Frank Brinken, CEO der Starrag Heckert


Welche Regionen laufen bereits erfreulich, welche machen Ihnen noch Sorgen?


Die Region China, in der wir eine starke eigene Verkaufs- und Serviceorganisation haben, war nicht vom Rückgang betroffen und wächst 2010 bereits wieder zweistellig. Nicht zufrieden sind wir mit Deutschland.


Welche Kundensegmente halten Sie für die stabilsten, den Flugzeugbau, die Energieerzeugung, den Transportbereich oder den Präzisionsmaschinenbau?


Flugzeugbau sowie die konventionelle und erneuerbare Energieerzeugung haben sich als krisenresistenter erwiesen als Transport und Präzisionsmaschinenbau.


Sehen Sie denn Veränderung der Umsatzanteile?


Wir werden es schaffen, mittelfristig wieder zu einem ausgewogenen Portfolio aller 4 Marktsegmente zurückzukehren.


Welche Ihrer Produkte halten Sie für die zukunftsträchtigen?


Wir konnten es uns aufgrund unserer finanziellen Solidität leisten, das Innovationstempo durch die Krise hochzuhalten und starten mit neuen Produkten mit klaren Kundenvorteilen in den Aufschwung.


Bereitet Ihnen der schwächere Euro Kopfschmerzen?


Ja, aber aufgrund der Entwicklung der letzten Wochen sind die schon wieder vergangen.


Wie entwickeln sich ihre Pläne in Indien, sind Sie dort schon operativ tätig?


Unter neuer Leitung hat sich das Projekt dort enorm beschleunigt. Wir werden im 2. Halbjahr unser Technologiezentrum in Bangalore beziehen und hoffentlich auch den Landkauf für die Fertigungsstätte abschliessen. Der Personalaufbau verläuft planmässig. StarragHeckert hat einen guten Ruf, wir können für jede Stelle unter mehreren hochqualifizierten Bewerbern auswählen.



«StarragHeckert ist  liquide und mit einer Eigenkapitalquote von 65% solide finanziert. Wir gehen davon aus, dass wir 2010 einen, wenn auch bescheidenen, Gewinn erwirtschaften werden».


Wie steht es heute mit der Liefertreue der Lieferanten?


Leider nimmt diese bereits wieder ab, da einige finanziell schwachbrüstige Lieferanten Personal abgebaut haben und auch nicht mehr die Mittel haben, den notwendigen Lageraufbau zu finanzieren. Hier haben wir ebenfalls in der Krise reagiert und die notwendigen Investitionen und Entwicklungen für ein Backsourcing vorgenommen.


Was dürfen die Aktionäre realistischerweise für das laufende Jahr erwarten?


StarragHeckert ist liquide und mit einer Eigenkapitalquote von 65% solide finanziert. Wir gehen davon aus, dass wir 2010 einen, wenn auch bescheidenen, Gewinn erwirtschaften werden. Den Vorschlag über die Gewinnverwendung wird der Verwaltungsrat im 1. Quartal 2011 diskutieren.


Wird sich auf absehbare Zeit in ihrem Aktionariat etwas ändern? Sind Pläne zur Schaffung eines grösseren Free Float vorhanden?


Herr Fust hat sich bereits 2009 dahin gehend geäussert, dass er sich mittelfristig vorstellen könnte zugunsten eines höheren Free Floats auf die Aktienmehrheit zu verzichten.





Der Gesprächspartner:
Dr. Frank Brinken (61) studierte an der Rheinisch Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen Maschinenbau und erwarb dort sowohl den Dipl-Ing als auch den Doktorgrad. Er absolvierte eine Weiterbildung im Marketing an der HSG St. Gallen und nahm auch am Global Leadership Forum der Wharton School of Business an der University of Pennsylvania in den USA teil. Er ist heute CEO der StarragHeckert Gruppe und Mitglied des Verwaltungsrats der Calorifer AG aus Elgg. Zudem ist er Board Member des Advanced Manufacturing Research Center AMRC von Boeing und der University of Sheffield. Brinken ist ferner Kuratoriumsmitglied des IWU Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen in Dresden und auch Lehrbeauftragter an der Technischen Universität (TU) Chemnitz. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.


Das Unternehmen:
StarragHeckert bietet ein umfassendes Angebot an Präzisionsfräsmaschinen, Softwarepaketen, Engineering- und Prozessoptimierungslösungen sowie ein umfangreiches Sortiment an Spezialwerkzeugen und beliefert damit weltweit Kunden in der Luftfahrt, in der Energieerzeugung, im Transportwesen und im Präzisionsmaschinenbau. Das Unternehmen verfügt über eine nahezu hundertfünfzigjährige Erfahrung mit innovativer Technologie, die seinen Kunden ermöglicht, produktiver, effizienter, präziser und fortschrittlicher zu fertigen. StarragHeckert verfügt über Produktionsstandorte in Rorschacherberg/Schweiz (Starrag), Chemnitz/Deutschland (Heckert), Genf/Schweiz (SIP) und Haddenham/UK (TTL) sowie über Vertriebs- und Servicestützpunkte in China (Shanghai und Beijing), USA (Cincinnati, Dallas und Seattle), Frankreich, Grossbritannien, Indien (Bangalore), Russland, Spanien und Türkei.  2009 erwirtschaftete das Unternehmen mit 783 Mitarbeitenden einen Umsatz von 253 Mio CHF. Die StarragHeckert-Aktien sind an der Schweizer Börse SIX notiert (Symbol: STGN).

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