François Rüf, CEO Netbreeze

von Patrick Gunti


Herr Rüf, Sie haben Netbreeze 1998 gegründet. Was ist die Firmenidee, die sich hinter dem Namen verbirgt?

Es zeigte sich bereits früh, dass sich das Internet zur zentralen Informationsdrehscheibe der Welt entwickeln wird. Mit der Faszination für Wissensprozesse, AI und einem Diplom als Physiker in der Tasche habe ich mich mit einem Kollegen entschlossen, diese Datenwüste für Unternehmen zu erschliessen, und habe Netbreeze gegründet.

Mit welchen Fragestellungen und Wünschen wenden sich die Kunden an Sie?


Für die meisten Kunden ist der Ausgangspunkt der Wunsch nach mehr Transparenz, d.h. zu wissen was über die eigene Firma, Produkte und Konkurrenten gesprochen wird ? aus einer Risiko- oder Chancenperspektive. Unsere Ansprechpartner kommen aus der Kommunikation, dem Marketing, Customer Service, Sales, Development oder Risk/Compliance, d.h. so ziemlich aus der ganzen Breite einer Organisation. In der zweiten Phase steht dann meist die Analyse, Kontrolle und gezielte Interaktion mit den Konsumenten und Stakeholdern im Vordergrund.


Können Sie uns ein Beispiel aus der Praxis schildern?


Ich gebe Ihnen zwei Beispiele aus dem Finanzbereich. Beispiel 1: Sales Intelligence. Um das Salesteam einer grossen Schweizer Bank zu unterstützen, analysieren wir tagfertig alle online verfügbaren Informationen im Hypothekarbereich. Dies reicht von der online- Ausgabe der Zeitungen über Social Media Quellen bis hin zu allen Konkurrenten. D.h. der Kundenberater weiss zu jeder Zeit, was ein Kunde oder potentieller Kunde im Netz an Informationen vorfindet, und was die Konkurrenz aktuell für Aktivitäten entfaltet.


Beispiel 2: Compliance ? Kundeneröffnungsprozess im Privat Banking. Um den Prüfprozess bezüglich der Geldwäschereiverordnung bei Neukunden im Private Banking wesentlich zu verkürzen, aggregieren und analysieren wir alle online verfügbaren Informationen zu einer Personen und deren Netzwerk.


Gibt es eine Gesetzmässigkeit, wie sich Informationen im Internet verbreiten oder hängt das von der Thematik und der Region ab?


Der Informationsfluss und die Gewohnheiten der Konsumenten verändern sich laufend mit dem sich verändernden Angebot an Services, wie Twitter sehr schön beweist. Es lässt sich heute aber sehr schön aufzeigen wie sich eine Story verbreitet, und wer die Treiber sind. Eine Analyse der traditionellen Medien (Zeitungen) und den von Konsumenten generierten Medien (Social Media) verrät schon ziemlich viel darüber, welcher Zündstoff aktuell in einem Thema steckt.&



«Wir unterstützen heute mehr als 20 Sprachen inkl. nicht-lateinische wie Russisch, Chinesisch oder Arabisch.»&François Rüf, CEO Netbreeze


In wie vielen Sprachen können Ihre Technologien das Internet durchsuchen?


Da sind wir ziemlich einmalig. Wir unterstützen heute mehr als 20 Sprachen inkl. nicht-lateinische wie Russisch, Chinesisch oder Arabisch und können so sicherstellen, dass wir weltweit relevante Informationen finden. 


Wie hat sich das Geschäftsfeld von Netbreeze durch den Social Networks-Boom und Blogs verändert, resp. erweitert?


Der Social Media Hype hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich Firmen heute nicht mehr dem Thema Web-Monitoring verschliessen können, da sich die Informationsmenge, der Informationsfluss und vor allem der Kaufentscheidungsprozess der Kunden nachhaltig verändert hat und immer noch verändert. Die hohe Nutzung der breiten Öffentlichkeit ermöglicht nun, auch statistisch relevante Aussagen aus den Daten heraus zu kitzeln.


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Für welche Branchen sind Ihre Lösungen besonders interessant und wer sind Ihre Kunden?


Das Thema Web-Monitoring durchdringt heute alle Branchen, da Meinungen immer öfter im Web geformt werden. Unsere Kunden reichen dann auch von Pharma über Banking bis hin zu Retail. Sehr exponiert sind natürlich die grossen Brands wie z.B. Adidas. Zurzeit sind wir gerade am Erstellen von einem standardisierten Angebot für den KMU-Bereich, welcher ähnliche Bedürfnisse hat, aber natürlich nicht die gleichen finanziellen Mittel.


Welche Vorteile bietet das Webmonitoring bei der Kontrolle von Marketing- oder PR-Aktivitäten?


Das heutige Informationsrad dreht sich immer schneller. Nur das Internet bietet einen Einblick in Echtzeit in die Welt der Konsumenten mit Ihren Bedürfnissen und Wünschen. Heute ist es möglich, durch Webmonitoring gezielt die Opinionleader zu identifizieren, zu analysieren und in einen Dialog einzubinden mit einer zum Teil enormen Wirkung zu einem sehr günstigen Preis im Vergleich zu traditionellen Werbemethoden.



«Nur das Internet bietet einen Einblick in Echtzeit in die Welt der Konsumenten mit Ihren Bedürfnissen und Wünschen.»


Wie sieht das Engagement von Netbreeze im politischen Bereich aus?


Netbreeze hat unlängst zusammen mit der Kommunikationsagentur DREIZWEIEINS den Politradar ? www.politradar.net – lanciert. Wir verfolgen in unserem Blog aktuelle politische Themen welche die Schweiz beschäftigen ? von Deutschland über die USA bis nach Libyen. Durch die internationale Abdeckung kommen verblüffende Einblicke zu Stande, wie die Schweiz und deren Institutionen wahrgenommen werden.


Hätte eine entsprechende Auswertung früh Hinweise darauf geliefert, dass die Anti-Minarett-Initiative angenommen würde?


Hinweise vielleicht ? aber bezüglich einer sicheren Prognose bin ich eher skeptisch, denn das Auszählen der positiven und negativen Einträge liefert noch keinen absoluten Anhaltspunkt über das tatsächliche Wahlverhalten der breiten Masse. Zumindest gibt es hier noch wenig Erfahrung was Prognosen betreffen.
 
Sind Ihre Dienstleistungen auch im Sicherheitsbereich, zum Beispiel in der Terrorismusbekämpfung, gefragt?


Wir hatten schon diverse Anfragen bezüglich Sicherheitsfragen seitens der Grosskonzerne, warten aber immer noch auf einen Anruf aus Bern.


Wie schätzen Sie heute die Bereitschaft von Unternehmen und Behörden ein, ein Technologie-basiertes Webmonitoring einzusetzen?


Zurzeit sind die einzelnen Unternehmen und Behörden noch sehr unterschiedlich weit fortgeschritten bezüglich der Interaktion mit der Webwelt. Demnach reicht die Bereitschaft von «must have» bis zu «kein Thema».


Welche Veränderungen erwarten Sie hier in den kommenden Jahren und wie sehen Sie entsprechend die Entwicklung von Netbreeze?


Es zeichnet sich ab, dass in ein paar Jahren das Web-Monitoring/Web-Intelligence als Standardservice ins Unternehmen integriert ist, wie heute ein Presseclipping. Das Anwendungsgebiet wird weiter wachsen. In vielen Beispielen wird das Monitoring an sich nicht mehr sichtbar sein, sondern einfach relevante Informationen zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Ort liefern, wie z.B. aktuelle Stories und Veränderungen über meine Kunden und Prospects ins interne CRM. Aktuell sind wir z.B. am Ausarbeiten der Schnittstellen zusammen mit Oracle und Microsoft, welche die nahtlose Integration der Webinformationen in bestehende Prozesse erlaubt.


Herr Rüf, besten Dank für das Interview.





Zur Person:
François Rüf studierte von 1992 bis 1998 an der ETH Zürich Theoretical Physics. Zwei Semester davon an der Université Paul Sabatier in Toulouse (Frankreich). Thema seiner Diplomarbeit: Artificial Intelligence. Im Jahr seines Abschlusses, 1998, gründete er im September die Netbreeze GmbH mit Sitz in Zürich. Seit 1998 ist er CEO von Netbreeze. 1999 war er bei Netbreeze für die Leitung IT, Verkauf, Projektarbeit und Programmierung zuständig. 2000-2006 war er weiterhin als CEO für die Leitung IT, die Programmierung von SINDBAD, Implementierung, Business Development und Strategie zuständig. Bis heute ist Rüf als CEO von Netbreeze für Strategie, Produktentwicklung und Business Development zuständig.

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