G20-Gipfel droht belangloses Ergebnis

Die 20 Staats- und Regierungschefs wollten am Mittwochabend zu einem ersten Arbeitsessen zusammenkommen. Einen Neuanfang gab es vor dem Gipfel in den zuletzt sehr schlechten Beziehungen zwischen den USA und Russland: US-Präsident Barack Obama und sein russischer Kollege Dmitri Medwedew vereinbarten die nukleare Abrüstung wieder in Gang zu bringen. Ziel sei die deutliche «Reduzierung und Begrenzung von strategischen Offensivwaffen», hiess es in einer gemeinsamen Erklärung.


Neues Abkommen bis Dezember?
Schon vor ihrem ersten Treffen hatten Medwedew und Obama gut Wetter gemacht. Der Ende des Jahres auslaufende Vertrag zur Reduzierung strategischer Atomwaffen (START) habe «seinen Zweck vollständig erfüllt», betonten Obama und Medwedew. Nun soll ein «neuer Rekord bei der Verringerung der strategischen Offensivwaffen» angestrebt werden. Das neue Abkommen soll bis Dezember vorliegen.


Medwedew positiv gestimmt
Medwedew war vor dem Gipfel sehr positiv für das Treffen gestimmt. «Der Briefwechsel zwischen mir und Präsident Obama in diesem Jahr hat eine gegenseitige Bereitschaft gezeigt, reife, bilaterale Beziehungen auf einer pragmatischen und sachlichen Ebene aufzubauen», schrieb Medwedew in einem Beitrag für die «Washington Post». Die vorherige US-Regierung habe Russlands Interessen untergraben und die Beziehungen mit ihren Plänen für ein US-Raketenabwehrsystem in Mitteleuropa belastet. Er bekräftigte die Kritik an der geplanten NATO-Osterweiterung bis vor die Grenzen Russlands.


Vereinzelt gewalttätige Ausschreitungen
Auf den Strassen Londons protestierten gut 4000 Menschen gegen die Gier von Managern und die Fehler des Finanzsystems, die die Krise ausgelöst hatten. Es gab vereinzelte gewaltätige Ausschreitungen. Die Polizei bot 5000 Beamte auf. Sie nahm elf Demonstranten fest. Die Proteste konzentrierten sich auf das Bankenviertel.


«Deutschland will ein starkes Ergebnis»
Merkel sagte, sie fahre mit einer Mischung aus Zuversicht und Sorge nach London. Es bestehe die Sorge, dass die G20 nicht wirklich auf die ernste Situation reagieren und versuchen könnten, die Dinge «schöner zu machen als sie sind». «Deutschland will ein starkes Ergebnis», sagte sie und schloss sich ausdrücklich der Position von Sarkozy an, der vor «falschen Kompromissen» warnte. «Ich unterstütze ihn da. Die Welt steht am Scheideweg», sagte Merkel.


Widerstand gegen falsche Kompromisse
Sarkozy kündigte Widerstand gegen falsche Kompromisse an.»Es müssen neue Regeln aufgestellt werden», sagte er in einem Interview mit dem Sender Europe 1. Die bisherigen Entwürfe für eine Schlusserklärung seien weder für Deutschland noch für Frankreich akzeptabel. «Es gibt noch keine Übereinstimmung», betonte er.


Obama und Brown fordern gemeinsames Handeln
Obama und der britische Premierminister und Gastgeber Gordon Brown forderten vom Gipfel rasche und gemeinsame Massnahmen im Kampf gegen die Wirtschaftskrise. Die Welt sei es zwar gewohnt, die USA als globalen Konjunkturmotor anzusehen, aber die USA könne das nicht allein bewältigen, sagte Obama nach einem Treffen mit Brown. «Die Regierungen müssen handeln. Wir können die Herausforderung nur gemeinsam meistern.» Noch sei unklar, wann «die schwerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg überwunden werde, aber «2009 wird ein hartes Jahr», sagte Obama, der am Vorabend mit seiner Frau Michelle in London angekommen war. Er sei gekommen sei, «um zuzuhören, nicht um zu belehren».


Obama nannte die Meinungsverschiedenheiten über neue Konjunkturprogramme «gewaltig übertrieben». Das Gipfeltreffen werde einen weitgehenden Konsens bringen. «Ich glaube, es gibt breite Zustimmung, dass Regierungen in der Mitte der schwersten Krise seit den 30er Jahren handeln müssen – und die USA wollen natürlich nicht allein handeln und wir tun das auch nicht.» Brown erwartete harte Verhandlungen beim Gipfel. Die Welt erwarte aber klare Ergebnisse des Gipfeltreffens. «Wenn wir nicht handeln, wird alles nur schlimmer», warnte er.


Japans Ministerpräsident kritisiert Merkel scharf
Japans Ministerpräsident Taro Aso kritisierte den Kurs Merkels scharf. Das deutsche «Nein» zu neuen Konjunkturpaketen sei nicht zu begreifen, sagte er der «Financial Times». Merkel hielt dem entgegen, Deutschland habe bereits einen «Riesen-Beitrag» geleistet und sei auch bereit zur Stärkung der internationalen Finanzinstitutionen und zu Hilfen für Entwicklungsländer.


Merkel gegen Protektionismus
Die Kanzlerin forderte zugleich ein klares Bekenntnis gegen Marktabschottung im Zuge nationaler staatlicher Rettungsprogramme. Weltweiter Protektionismus wäre die falscheste Antwort in dieser Situation. (awp/mc/pg/28)

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