Google will mit «Chrome OS» den Computer neu erfinden

Chrome OS unterscheidet sich fundamental von den Betriebssystemen, wie sie jeder PC-Nutzer tagtäglich gewöhnt ist. Und es ist ein Frontalangriff auf den Rivalen Microsoft, für den seine Betriebssysteme seit Jahrzehnten das wichtigste Kerngeschäft und grösster Umsatzlieferant ist.


Quellcode öffentlich
Anders als Microsofts Windows basiert Chrome OS auf der offenen Software Linux und ist kostenlos. Mit der Veröffentlichung des Quellcodes der Software lädt Google alle Entwickler weltweit dazu ein, an der neuen Software mitzuarbeiten. Darauf dürfte der Suchmaschinen-Primus allerdings auch angewiesen sein, da der Erfolg des neuen Projekts wesentlich davon abhängen wird, wie viele Programme der Anwender mit ihm nutzen kann.


In sieben Sekunden einsatzbereit
Mit einem völlig neuen Softwarekonzept soll Chrome OS alles in den Schatten stellen, was bislang als Plattform für den Umgang mit dem Computer bekannt war, kündigte Google an. Keine langen Boot-Zeiten mehr – rasend schnell, in nur sieben Sekunden soll die Software starten und sofort einsatzbereit sein. Und das Installieren und Aktualisieren der nötigen Programme könnte damit komplett entfallen. Die Software wie auch das Betriebssystem selbst basieren auf dem Internet. Textdateien, Musik, Bilder und Videos werden nicht mehr lokal auf dem PC gespeichert, sondern ebenfalls im Web abgelegt.


Microsoft-Debakel mit Vista
«Das letzte, was die Welt braucht, ist ein weiteres Betriebssystem», hatte Achim Berg, Chef von Microsoft Deutschland, die erste Ankündigung des Chrome OS vor einem halben Jahr kommentiert. Der weltgrösste Softwarehersteller verweist auf seine jahrzehntelange Expertise und sieht sich auch weiterhin als Technologieführer. Mit seinem Betriebssystem Vista hatte das Unternehmen allerdings ein Debakel erlebt. Die Software lag wie Blei in den Regalen, die Kunden bemängelten die schleppende Performance und oft fehlende Unterstützung für Treiber von Peripheriegeräten wie Drucker.


Windows 7 läuft besser
Für sein neues Betriebssystem Windows 7 hatte Microsoft passenderweise seine Hauptversammlung ebenfalls am Donnerstagabend dafür genutzt, gegen die viel beachtete Ankündigung von Google eine Duftmarke zu setzen. Nach rund vier Wochen sei Windows 7 mit 40 Millionen Einheiten bereits doppelt so oft über die Ladentheken gegangen als der Vorgänger in der gleichen Zeit, sagte Microsoft-Chef Steve Ballmer.


Erster Einsatz auf Mini-Notebooks
Noch steckt Googles ambitioniertes Projekt in den Kinderschuhen. Frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2010 sollen erste Geräte mit dem neuen Betriebssystem verfügbar sein. Zunächst plant das Unternehmen den Einsatz auf Mini-Notebooks, erst in einem zweiten Schritt auf allen anderen Computern. Wie die grossen PC-Hersteller darauf reagieren, bleibt abzuwarten. Über Jahrzehnte hinweg gehörte es zum Grundprinzip der Branche, dass immer speicherintensivere Software immer leistungsfähigere PC erforderlich machte und somit für Wachstum sorgte.


Keine konkreten Partnerschaften bekannt
Die kleinen abgespeckten Mini-Notebooks sind derzeit bei den Verbrauchern besonders populär, drücken mit ihrer billigen Ausstattung allerdings auch heftig auf die Preise und Gewinne der Branche. Googles kostenloses Betriebssystem könnte auf Interesse bei den Herstellern von Netbooks stossen, da es bei ihm keine Lizenzgebühren gibt. Noch hat das Unternehmen allerdings keine konkreten Partnerschaften bekanntgegeben. Seit der Veröffentlichung von Windows 7 macht allerdings Microsoft auch in diesem Marktsegment wieder Boden gut. Da das schwerfällige Vista auf den Mini-Rechnern überhaupt nicht lief, hatten sich die Hersteller damals erst mit Linux-Varianten, später mit Microsofts veraltetem Windows XP ausgeholfen. Inzwischen bieten alle führenden Hersteller Netbooks mit dem deutlich schlankeren Windows 7 an.  (awp/mc/pg/21)

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