Hubertus Thonhauser, VR-Delegierter Casinos Austria Swiss AG: «Es ist denkbar, dass die Schweiz als zweiter «Hub» bzw. Kompetenzzentrum für einzelne Servicebereiche ausgebaut wird.»

Hubertus Thonhauser, VR-Delegierter Casinos Austria Swiss AG: «Es ist denkbar, dass die Schweiz als zweiter «Hub» bzw. Kompetenzzentrum für einzelne Servicebereiche ausgebaut wird.»

von Patrick Gunti


Herr Thonhauser, wie haben sich die Beteiligungen der Casinos Austria Swiss AG im laufenden Jahr entwickelt?


Insgesamt dürfen wir mit der Entwicklung der Spielbanken sehr zufrieden sein. Die in der Unternehmensstrategie verankerten gesetzlichen Anforderungen in Bezug auf Spielerschutz und Verhinderung der Geldwäscherei wurden in sämtlichen Casinos vorbildlich umgesetzt. Gleichzeitig konnten die Spielbanken als Teil des Unterhaltungsangebotes weiter an Akzeptanz gewinnen, was sich positiv auf die Besucherzahlen ausgewirkt hat. Per 3. Quartal 2007 konnten diese gegenüber dem Vorjahr um 3% gesteigert werden. Zudem erfuhr der Bruttospielertrag, d. h. die Differenz zwischen Spieleinsätzen der Gäste und Gewinnauszahlungen an Gäste, eine Steigerung um 4.5%.


Hinzu kommt, dass Casinos Austria seit Mitte 2007 das Casinò Lugano, das umsatzstärkste Casino der Schweiz mit A-Konzession, zu seinem Beteiligungsportfolio zählen darf. Auch das Casinò Lugano konnte trotz starker Konkurrenz aus Campione und Mendrisio eine Steigerung der Besucherzahlen um 8% sowie des BSE um 7% erzielen.


Welche Erwartungen hegen Sie für das Gesamtjahr?


Die Monate Oktober bis Dezember gelten in den Schweizer Spielbanken traditionell als besuchs- und umsatzstark. Durch einerseits effiziente Kostenstrukturen und andererseits dem erwähnten Aufwärtstrend in den bestehenden Spielbanken-Beteiligungen werden die Beteiligungserträge auch in diesem Jahr eine Steigerung zum Vorjahr erreichen. Davon profitieren sowohl unsere Schweizer Joint-Venture- Partner als auch Casinos Austria.


Welche Tendenzen prägen den Schweizer Casinomarkt derzeit – insbesondere auch unter dem Aspekt der nahen ausländischen Konkurrenz?


Die seit drei Jahren insgesamt rückläufigen Steigerungsraten der Bruttospielerträge deuten darauf hin, dass das künftige Wachstumspotential der Schweizer Spielbanken limitiert ist. Dies ist einerseits bedingt durch die hohe Marktabdeckung hierzulande (Anm.: die Schweiz hat bereits heute die zweitgrösste Spielbankendichte in Europa) sowie andererseits durch wachsende Konkurrenz aus dem angrenzenden Ausland, insbesondere Italien und Frankreich. Nicht zu vergessen ist die gesteigerte Konkurrenz durch Online-Glücksspiele ausländischer Anbieter. Im Gegensatz zu den genannten Mitbewerbern beschränken sich die Schweizer Spielbanken in ihrem Wachstum freiwillig, namentlich durch die strikte Anwendung der Sozialkonzepte und den damit verbundenen Spielsperren. Letzteres ist jedoch im langfristigen Interesse der Spielbanken und letztendlich auch für ein nachhaltig positives Image der Branche unerlässlich.


«Die seit drei Jahren insgesamt rückläufigen Steigerungsraten der Bruttospielerträge deuten darauf hin, dass das künftige Wachstumspotential der Schweizer Spielbanken limitiert ist.» (Hubertus Thonhauser, VR-Delegierter Casinos Austria Swiss AG)


Was sind die Folgen für Ihr Unternehmen?


Die Konsequenz aus der sich abzeichnenden Marktsättigung sowie der vermutlich längerfristig statischen Situation in Bezug auf neue Konzessionsvergaben führt dazu, dass unternehmerisches Wachstum in der Schweiz in absehbarer Zeit nur durch Unternehmenszusammenschlüsse bzw. Akquisitionen möglich sein wird. Wir haben uns dieser Realität mit unserer jüngsten Beteiligung an der Casinò Lugano SA bereits gestellt, streben jedoch kein «Wachstum um jeden Preis» an.


Denkbar ist hingegen, dass der Standort Schweiz innerhalb der Casinos Austria International-Gruppe als zweiter «Hub» neben dem Sitz der Muttergesellschaft in Wien bzw. als Kompetenzzentrum für einzelne Servicebereiche ausgebaut wird. Künftige Akquisitionsvorhaben in der Schweiz werden von unserer Seite daher auch unter diesem Aspekt evaluiert.


Sie haben es angesprochen, Casinos Austria Swiss AG hat ins Tessin expandiert und 29 % der Aktien der Casinò Lugano SA erworben. Handelt es sich lediglich um eine strategische Beteiligung oder welche Ziele verfolgen Sie damit?


Die Beteiligung am Casinò Lugano hat natürlich einen strategischen Hintergrund, nämlich die Partizipation an einem der wohl lukrativsten Spielbankenmärkte Europas, dem Raum Norditalien. Die Präsenz in verschiedenen Kultur- und Sprachregionen der Schweiz hat für Casinos Austria als internationaler Player einen zusätzlichen Reiz. Casinos Austria verfügt über langjährige Erfahrung in der Kooperation mit lokalen Trägerschaften und öffentlichen Institutionen. Dies war für das Casinò Lugano SA vermutlich ein weiterer Grund, Casinos Austria als neuer Miteigentümer willkommen zu heissen. Jetzt gilt es, das Casinò Lugano als Aktionär und Partner von innen heraus zu stärken.


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Welchen weiteren Überlegungen liegen der Beteiligung zugrunde und welches Potenzial sehen Sie?


Ein weiteres Ziel unserer Überlegungen ist der bereits mehrfach kolportierte Teilverkauf des von der Stadt Lugano gehaltenen Mehrheitsanteils an der Spielbank. Ein solcher ist zwar derzeit nicht aktuell, vorbehaltlich eines entsprechenden politischen Entscheids der Stadt ist er in Zukunft jedoch nicht auszuschliessen.


Das Potential des Standortes Lugano ist insofern interessant, weil das neue Casinò Campione d’Italia, die grösste Spielbank Europas, als unmittelbarer Mitbewerber einen sehr interessanten Agglomerationseffekt in der Region bewirkt und die Lombardei mit ihrem Zentrum Mailand eine der kaufkräftigsten Regionen der EU ist. Längerfristig wird mit einer stabilen Casino-Konkurrenzsituation in Norditalien gerechnet. 


Wie präsentiert sich die Konkurrenzsituation im Tessin resp. in der Region mit Norditalien?


Der Casinomarkt Tessin/Lombardei besteht im Wesentlichen aus drei Spielbanken, welche sich in unmittelbarer Nähe zueinander befinden. Der wichtigste Mitbewerber des Casinò Lugano, das Casinò Campione d’Italia wirkt seit seiner Neueröffnung als noch stärkerer Magnet für Gäste aus Norditalien und konnte zuletzt sogar vermehrt Gäste aus San Remo abwerben. Zudem besitzt diese Spielbank aufgrund der lockereren italienischen Gesetzeslage eine grössere Flexibilität insbesondere im Automatenspielangebot als ein Schweizer A-Casino. Das Casinò Mendrisio hat zwar aufgrund seiner B-Konzession ein reduziertes Spielangebot, gleichzeitig jedoch den grossen Vorteil eines Standortes in unmittelbarer Grenznähe direkt an der Autobahn. Hinzu kommt, dass in Norditalien in absehbarer Zeit kleinere Automatencasinos zugelassen werden, was die Konkurrenz zusätzlich positiv beleben wird.


Mitte 2007 ist eine neue Verordnung zur Verhinderung von Geldwäscherei in Kraft getreten – mit welchen Folgen für die Casinobetreiber?


Zunächst ist festzuhalten, dass die neuen GwG-Bestimmungen nicht aus dem Anlass von Geldwäschereifällen in Casinos, sondern vielmehr aufgrund des politischen Druckes der FATF (Financial Action Task Force) auf die Aufsichtsbehörden von Finanzintermediären am Finanzplatz Schweiz eingeführt worden sind. Geldwäscherei im eigentlichen Sinne war in den Spielbanken alleine schon aufgrund der überaus rigorosen Background-Checks der ESBK auch bislang praktisch ausgeschlossen.
 
Die neuen GwG-Bestimmungen für Spielbanken erhöhen jedenfalls den administrativen Aufwand der Spielbanken und führen zu administrativen Zusatzkosten, denen kein potentieller «Return» gegenübersteht.


Welchen Einfluss auf den Casinomarkt Schweiz hätten aus Ihrer Sicht Belastungen durch allfällige Mehrwertsteuerabgaben oder die ebenfalls im Raum stehende Erhöhung der Spielbankenabgabe?


Die Erhöhung der Spielbankenabgabe und insbesondere der Abgabeprogression, wie sie von der ESBK kolportiert worden ist, würde nur kurzfristig mehr Steuersubstrat generieren. Langfristig würde sie sich jedoch aufgrund des reduzierten Grenzertrages umsatz-, investitions- und damit wachstumshemmend auswirken. Die Steuerleistung würde also aufgrund der rückläufigen Bruttospielerträge insgesamt wieder sinken. Leidtragende einer derartigen Entwicklung wären also nicht nur die Spielbanken, sondern insbesondere der Bund bzw. die AHV und die Kantone als Empfänger der Spielbankenabgabe, aber auch die übrigen Anspruchsgruppen der Casinos wie z. B. Mitarbeitende und Zulieferbetriebe.


Ähnliches gilt auch für die allfällige Anwendung der Mehrwertsteuer auf Spielbankenerträge. Im Rahmen der bisherigen Arbeiten zur Mehrwertsteuerrevision wurden Spielbanken im Gegensatz zu z. B. Versicherungen und Banken unverständlicherweise nicht als Ausnahme taxiert. Dies obwohl Spielbanken bereits heute als Finanzintermediäre gelten, im Schnitt 56% ihres Bruttospielertrages als Abgabe an AHV und Kantone abführen und die Anwendung der Mehrwertsteuer auf den Bruttospielertrag de facto eine für die Betriebe untragbare Doppelbesteuerung darstellen würde. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass die Verantwortlichen im Finanzdepartement letztendlich die spezielle Situation der Spielbankenbranche würdigen und in weiterer Folge eine für die Branche faire Lösung, d. h. die vollständige Ausnahme von Bruttospielerträgen aus der Mehrwertsteuer, gutheissen werden.





Zur Person
Der gebürtige Wiener Hubertus Thonhauser ist seit 17 Jahren in der Spielbankenbranche tätig, davon knapp 8 Jahre in der Schweiz. Neben seiner Funktion als Delegierter des Verwaltungsrates der Casinos Austria (Swiss) AG ist er in unterschiedlichen Verwaltungsratsfunktionen von sieben Spielbanken in der Schweiz, unter anderem als Präsident der Casino St. Moritz AG, sowie als Mitglied des Vorstandes des Schweizer Casinoverbandes tätig. Gleich nach der Handelsakademie in Wien, welche er mit der Matura abschloss, begann er parallel zu seiner Universitätsausbildung seine berufliche Laufbahn im Casino Baden bei Wien. Anschliessend arbeitete er als spieltechnischer Angestellter (Croupier) im Casino in Wien. 1995 wechselte er als Operations Controller in das Head-Office von Casinos Austria International und betreute bis 1996 Spielbetriebe der Casinos Austria-Gruppe in Europa. Danach war er während zwei Jahren als Business Development Manager für die Bearbeitung neuer Casinoprojekte in Europa und Afrika zuständig. Im Herbst 1998 war Thonhauser im Reef Hotel & Casino in Cairns, Australien tätig, einem der grössten Betriebe der Casinos Austria-Gruppe. Zurück in Wien leitete er als General Manager Business Development bis Anfang 2000 die Expansion von Casinos Austria in den Regionen Europa und Afrika.

2000 zog es ihn in die Schweiz um die Tochtergesellschaft Casinos Austria (Swiss) AG in Zug zu etablieren sowie beim Aufbau von insgesamt 6 Spielbanken in der Schweiz federführend mitzuwirken. Seit Anfang 2007 ist Thonhauser Delegierter des Verwaltungsrats der Casinos Austria (Swiss) AG. Im Rahmen seiner Tätigkeit ist er zudem im Verwaltungsrat von sieben Schweizer Spielbanken mit Beteiligung der Casinos Austria (Swiss) AG vertreten. Ausserdem ist er seit Anfang 2003 im Vorstand des Schweizer Casinoverbands tätig, wo er das Ressort Spiele & Technik leitet. Der Schweizer Casinoverband ist eine politisch orientierte Dachorganisation der konzessionierten Spielbanken der Schweiz. Thonhauser ist Betriebsökonom und schloss ein MBA an der British University Business School, London ab. Er lebt in Oberägeri im Kanton Zug sowie in Lugano. In seiner Freizeit betreibt er Sport wie Laufen, Tennis, Mountain-Biking und widmet sich als Pilot seiner Leidenschaft Fliegerei.


Zum Unternehmen
Die Casinos Austria Swiss AG wurde im Jahr 2000 als Holdinggesellschaft der Casinos Austria Gruppe in der Schweiz, mit Geschäftssitz in Zug gegründet. In den Jahren 2002 und 2003 wurden gemeinsam mit Schweizer Partnern insgesamt 6 Spielbanken eröffnet. Im Juni 2007 wurde weiters die Akquisition einer 29%-Beteiligung an der Casinò Lugano SA, dem Grössten A-Casino der Schweiz, abgeschlossen. Die Gesellschaft hält derzeit Beteiligungen an folgenden Spielbanken:


Spielbanken mit A-Konzession
– Grand Casino Luzern AG (45%)
– Grand Casino Kursaal Bern AG (13.5%)
– Casinò Lugano SA (29%)
– Grand Casino St. Gallen AG (29%)


Spielbanken mit B-Konzession
– Casino St. Moritz (50%)
– Casino Zürichsee AG (30%)
– Casino Schaffhausen AG (15%)


Casinos Austria hält mit 7 Spielbanken (davon 4 A-Casinos) das grösste Portfolio an Beteiligungen aller Casinobetreiber in der Schweiz. Das Geschäftsmodell von Casinos Austria Swiss AG basiert auf Joint-Ventures mit regional stark verankerten Schweizer Partnern sowie einer operativen Eigenständigkeit der jeweiligen Spielbanken. Die Spielbanken profitieren von Casinos Austria als starker Partner im Hintergrund, einerseits als Aktionär via Verwaltungsrat auf strategischer und andererseits als Know-how-Partner auf operativer Ebene.


Das Engagement der Casinos Austria-Gruppe in der Schweiz begann unterdessen bereits lange vor der Verabschiedung des Schweizer Spielbankengesetzes. In den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts unterstützte Casinos Austria verschiedene lokale Verbände bei deren politischen Bemühungen zur Legalisierung von Spielbanken. 1993 wurde in Zusammenarbeit mit Schweizer Partnern der erste kantonale Boule- und Automatenbetrieb in Lugano eröffnet wurde. Später folgten die Eröffnungen von kantonalen Automatencasinos in St. Moritz und Luzern. Sämtliche Projekte der Casinos Austria Gruppe in der Schweiz wurden in Partnerschaften mit Schweizer Gesellschaften realisiert. Ziel war es bereits damals, eine möglichst breite Abstützung am Schweizer Markt zu erzielen. Aus den kantonalen Automatenbetrieben entwickelten sich dann auch die bis heute andauernden engen Kooperationen mit Swiss Casinos Holding AG sowie der Kursaal Casino Luzern AG und der Kongress + Kursaal Bern AG.

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