IV kauft Hörgeräte selbst ein – Sonova wehrt sich mit Branchenverband

Ziel sind mindestens drei Hersteller. Damit beschafft die IV die Geräte, welche sie und die AHV vergüten, selbst.


Klare Qualitätskriterien
Auswahlkriterien sind nicht nur der Preis, sondern auch klar definierte Qualitätsanforderungen. Auch müssen die Hersteller die jeweils aktuellen Modelle zur Verfügung stellen. Das reduziere das breite Angebot, räumt das BSV ein. Die künftige Palette werde individuelle Bedürfnisse der Versicherten aber weiter abdecken.


Einsparungen von bis zu 20 Millionen Franken jährlich
Von der Ausschreibung erwartet die IV Einsparungen von 10 bis 20 Mio CHF im Jahr – vorsichtig geschätzt. Der Schritt stellt einen Systemwechsel dar. Die Sozialwerke treten am Markt als Besteller auf und können damit auf die Preisgestaltung einwirken – statt wie bisher einfach zu bezahlen. Nach den herstellerseitigen Preismassnahmen will das Bundesamt sein Augenmerk auf den Fachhandel richten, die Akustiker. Deren Pauschalen für Anpassung, Wartung und andere Dienstleistungen würden in einem nächsten Schritt neu ausgehandelt.


Überhöhte Margen
Den Margen und Rabatten der Hörgerätebranche stehe keine Leistung zugunsten der hörbehinderten Versicherten entgegen, begründet das BSV den Systemwechsel. Auch nach Berücksichtigung einer Pauschale für den Aufwand der Akustik-Fachgeschäfte bleibe je nach Händler unter dem Strich 45% – schnell einmal über 1’000 CHF pro Gerät. Folge seien im internationalen Vergleich überhöhte Gerätepreise.


Branche legt Beschwerde ein
Der Branchenverband «hörenschweiz» bemängelte, die Rechtsgrundlage für die Ausschreibung fehle. Das BSV überschreite seine Kompetenzen. Darum reichte die Branche gemäss hörenschweiz am Montag zusammen mit dem Gewerbeverband Aufsichtsanzeige gegen das BSV ein.


Auch Sonova wehrt sich
Sonova wehrt sich zusammen mit dem Branchenverband, wie eine Unternehmenssprecherin erklärte. Einerseits werde Sonova mit dem Verband rechtlich gegen die Ausschreibung vorgehen, andrerseits habe sei auch einen Gegenvorschlag eingereicht worden, der aufzeigen soll, wie auf einem marktwirtschaftlichen Weg mindestens gleich hohe Kosten eingespart werden können. Pro Audito dagegen, die Organisation für Menschen mit Hörproblemen, unterstützt das BSV. Die Eidgenössische Finanzkontrolle hatte festgestellt, dass sich die Ausgaben der Sozialwerke für Hörhilfen innert zehn Jahren verdoppelten.


Wachsender Markt dank besserer Versorgung
Nach Schätzungen von Pro Audito, der Organisation für Menschen mit Hörproblemen, sind rund 10% der Schweizer Bevölkerung von einer Hörbehinderung betroffen. 175’000 Menschen leben heute mit modernen Hörgeräten. Nach Angaben des Branchenverbands hörenschweiz wurden 2007 rund 70’000 Geräte verkauft. Diesen Markt teilen sich knapp 20 Hersteller.


250 Millionen Franken Jahresumsatz
Die Preise für ein Hörgerät bewegen sich zwischen einigen hundert und mehreren tausend Franken. Insgesamt setzt die Branche etwa 250 Mio CHF pro Jahr um. 2005 haben AHV und IV für Hörgeräte 114 Mio CHF ausgegeben, mit steigender Tendenz. Gemäss der Branchenorganisation ist dafür aber nicht eine Preissteigerung bei den Geräten, sondern eine höhere Zahl von Hörgerätebezügern verantwortlich. (awp/mc/ps/26)

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