IV-Revision: Bundesrat bestätigt ambitiöses Wiedereingliederungs-Ziel

Der Bundesrat will dank der Wiedereingliederung von IV-Rentnern die stark defizitäre Invalidenversicherung (IV) zwischen 2018 und 2027 um jährlich 231 Mio CHF entlasten. Zurzeit werden in der Schweiz rund 246’500 volle IV-Renten ausbezahlt. Davon sollen etwa 5% oder 12’500 wegfallen.


Realistisches Ziel?
Erreichen will der Bundesrat das aus seiner Sicht «realistische Ziel» mit einem Paradigmenwechsel: Anstelle des Gedankens «einmal Rente, immer Rente» solle die Rente künftig als «Brücke zur Eingliederung» gesehen werden.Bereits heute werden die Renten alle drei bis fünf Jahre überprüft. Dabei werden aber nur in einem Prozent der Fälle die Leistungen gekürzt oder gestrichen. Dies reicht dem Bundesrat nicht. Er will deshalb die Rentenüberprüfung in Zukunft stärker auf die persönliche Situation der Rentenbezügerinnen und -bezüger ausrichten.


Verschiedene Unterstützungsmassnahmen
IV-Rentner, deren Chancen auf Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt als positiv beurteilt werden, sollen mit diversen Massnahmen unterstützt werden. Neben Berufsberatungen sind auch Umschulungen, eine erste Berufsausbildung oder Kapitalhilfen denkbar.


Besitzstand während Eingliederungsversuchen garantiert
Ergänzend dazu gelten verschiedene Schutzmechanismen. So soll der Besitzstand der Rente während den Eingliederungsversuchen garantiert werden. Verschlechtert sich die Situation nach erfolgter Eingliederung wieder, sollen die Betroffenen mit einer Auffangregelung abgesichert werden.


Von Nutzen auch für Menschen mit psychischen Krankheiten
Mit diesen Massnahmen lege man die Grundlage dafür, dass auch Personen mit psychischen Krankheiten das Rentenrevisionsverfahren zur Wiedereingliederung nutzen könnten, hiess es in einer Mitteilung des Departement des Innern (EDI).


Keine IV-Rente bei somatoformen Schmerzstörungen
Keine IV-Rente mehr ausrichten will der Bundesrat Menschen mit somatoformen Schmerzstörungen, Fibromyalgien und ähnlichen Leiden. Seit Inkrafttreten der 5. IV-Revision besteht in solchen Fällen kein Anspruch mehr auf eine neue Rente. Nun soll die gesetzliche Grundlage geschaffen werden, um heutigen IV-Rentnern mit solchen Leiden die Rente entziehen zu können. 4500 Personen sind betroffen.


Neuer Finanzierungsmechanismus
Einen namhaften Beitrag zum Abbau des jährlichen IV-Defizit von zuletzt rund 1,1 Mrd CHF (2009) soll auch eine Anpassung des IV-Finanzierungsmechanismusses bringen. Wenn die IV heute Geld einspart, muss sie einen Teil davon (38%) an die Bundeskasse abgeben. Neu soll jeder gesparte CHF vollumfänglich der IV angerechnet werden. Die damit verbundene durchschnittliche jährliche Entlastung beziffert der Bund auf 195 Mio CHF.


Mehr Wettbewerb bei Beschaffung von Hilfsmitteln
Weiter will der Bundesrat bei der Beschaffung von Hilfsmitteln für Behinderte für mehr Wettbewerb sorgen. So will er die Möglichkeit schaffen, den Preis der Hilfsmittel dank öffentlichen Ausschreibungen zu drücken. Die IV-Kasse soll so jährlich um 48 Mio CHF entlastet werden.


Sparziel von insgesamt 1 Mrd. Franken
Insgesamt beläuft sich das Sparziel des ersten Teils der 6. IV-Revision auf etwa 500 Mio CHF. In einem zweiten Paket, das der Bundesrat bis Ende Jahr vorlegen will, sollen dann nochmals 500 Mio CHF eingespart werden. Dabei wird es sich um eine reine Sparvorlage handeln.


10 % weniger Neurenten im vergangenen Jahr
Die 6. IV-Revision ist Teil einer Reformkaskade, mit der die Invalidenversicherung langfristig aus den roten Zahlen geführt und der Schuldenberg von 14 Mrd CHF abgetragen werden soll. Dank der 4. und 5. IV-Revision konnte die Zunahme der Neurenten gestoppt werden. Wie das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) am Mittwoch mitteilte, nahm die Zahl der Neurenten letztes Jahr erneut um 10% ab. Gegenüber 2003 gewährte die IV letztes Jahr 44% weniger neue Renten.


Neben dem Leistungsabbau soll die IV auch über eine vom Stimmvolk letzten September abgesegnete befristete Mehrwertsteuer-Erhöhung saniert werden. (awp/mc/pg/20)

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