Jewgenij Adamow: Freilassung angeordnet vom Bundesstraf-Gericht in Bellinzona

Das Bundesstraf-Gericht in Bellinzona hiess die Beschwerde des am vergangenen 2. Mai in Bern verhafteten Adamow mit der Begründung gut, der Auslieferungs-Haftbefehl des Bundesamts für Justiz (BJ) verletzte die staatsvertragliche Garantie des freien Geleits. Dieser Schutz steht Adamow laut diesem Urteil zu, weil er zum Zeitpunkt der Festnahme in einem Geldwäschereiverfahren der bernischen Justiz gegen seine in der Schweiz lebende Tochter Irina als Auskunftsperson ausgesagt hatte.

Adamow bleibt in Auslieferungshaft
Das freie Geleit müsse Adamow gewährt werden, obwohl er freiwillig aus Russland in die Schweiz eingereist sei. Der kantonale Untersuchungsrichter hatte es gemäss dem Urteil versäumt, die Vorladung an Adamow auf dem Rechtshilfeweg mit den entsprechenden Garantien zuzustellen. Obwohl das Bundesstraf-Gericht die Freilassung Adamows anordnete, bleibt dieser bis auf weiteres in Auslieferungshaft, wie BJ-Sprecher Folco Galli sagte. Denn das Bundesamt will innerhalb der gesetzlichen Frist von 30 Tagen Beschwerde beim Bundesgericht in Lausanne führen. Um die sofortige Freilassung Adamows zu verhindern, machte das BJ noch am Donnerstag eine superprovisorische Eingabe beim Bundesgericht. Darin wird Lausanne ersucht, die Auslieferungshaft aufrecht zu erhalten. Bis zum Entscheid des Bundesgerichts über diese Eingabe bleibe Adamow in Haft, sagte Galli. Wann das Bundesgericht entscheiden wird, war am Donnerstag nicht bekannt.
 
Russland hat bereits ein Auslieferungsgesuch gestellt
Adamow war Anfang Mai auf Grund eines US-Verhaftungs-Gesuchs in Bern festgenommen worden. Die US-Justiz wirft Adamow vor, sich mindestens neun Millionen Dollar angeeignet zu haben, die für die Erhöhung der nuklearen Sicherheit in Russland bestimmt waren. Während die USA noch bis zum 30. Juni Zeit haben, ein formelles Auslieferungsgesuch für Adamow in Bern zu stellen, hat Russland inzwischen bereits ein solches Gesuch eingereicht. Am vergangenen Dienstag erliess das BJ auch gestützt auf das russische Auslieferungsgesuch einen Auslieferungs-Haftbefehl. Dagegen kann Adamow ebenfalls beim Bundesstraf-Gericht Beschwerde führen.
 
Bundesamt versäumte Frist zur Stellungnahme
Dem Urteil aus Bellinzona ist im weiteren eine peinliche Panne im BJ zu entnehmen: Das Bundesamt versäumte wegen einer Nachlässigkeit in der internen Spedition die Frist, die das Bundesstraf-Gericht den Parteien im Beschwerde-Verfahren zur Stellungnahme gesetzt hatte. Die zu spät eingetroffene Stellungnahme wurde im Urteil aber dennoch berücksichtigt. Die Anwälte Adamows begrüssten das Urteil. Es zeige, dass die Schweizer Gerichte unabhängig seien, und zeuge von grosser Weisheit, sagte Adamows amerikanischer Anwalt Lanny Breuer. Die Schweiz steht im Fall Adamow wegen der sich konkurrenzierenden Auslieferungsgesuche der USA und Russlands vor einem heiklen Entscheid. Sie muss unter Berücksichtigung aller Umstände einem der beiden Ersuchen den Vorrang geben, nachdem Adamow selber eine vereinfachte Auslieferung in beide Länder abgelehnt hatte. Das Geldwäscherei-Verfahren gegen Adamows Tochter Irina ist inzwischen von der Bundesanwaltschaft übernommen worden.

(swissinfo, MC hfu)

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