Abschreiber über 130 Millionen Franken – Aufräumen im Kreditbuch bei Julius Bär geht weiter

Zürich – Die Privatbank Julius Bär kämpft nach einem erneuten Abschreiber über 130 Millionen Franken im Kreditportfolio um das Vertrauen der Anleger. Zwar rechnet das Management mit keinen neuen grösseren Kreditverlusten. Allerdings überprüft die Bank ihr gesamtes Portfolio und die Struktur – und schloss in diesem Zussammenhang zusätzliche Kosten nicht aus.
Julius Bär hatte am Dienstagabend eiligst – zwei Tage vor der geplanten Veröffentlichung – den Zwischenbericht zum Geschäftsgang nach vier Monaten publiziert. Dabei kündigte die Bank überraschend die erneute Wertberichtigung auf ihr Kreditportfolio an. Diese dürfte den Halbjahresgewinn 2025 deutlich unter das Vorjahresniveau drücken. Unmittelbar zuvor hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg über den Abschreiber berichtet.
Die Bank betonte, dass der Abschreiber nichts mit dem gescheiterten Investor René Benko zu tun habe, auf dessen Signa-Gruppe Julius Bär 2023 bereits 606 Millionen abschreiben musste. Trotzdem war der jüngste Abschreiber erneut eine schlechte Nachricht. Am Tag danach fragten sich Investoren und Analysten darum: «Was kommt da noch?»
Überprüfung noch im Gange
Das Management bemühte sich in Telefonkonferenzen mit Journalisten und Analysten um eine Beruhigung. Die Überprüfung des Kreditbuchs sei zwar noch im Gang, sagte Julius-Bär-CEO Stefan Bollinger. «Wir erwarten aber – Stand heute – keine weiteren Positionen mit Risiken für signifikante Kreditverluste.»
Weitere Kosten schloss der erst seit Januar amtierende CEO jedoch nicht aus. Die neue Führung überprüfe unter anderem das gesamte Portfolio und die Struktur der Bank. «Wir schauen alle Aktivitäten an.» Die Bank will am 3. Juni einen Überblick über die bisherigen Fortschritte und neue Mittelfristziele zur künftigen Wertschöpfung geben.
An der Börse kam das alles schlecht an. Zum Start verloren die Julius-Bär-Titel 5,5 Prozent. Damit fiel die bisherige Jahresperformance auf minus 8 Prozent. Der Gesamtmarkt (SPI) büsste zur Wochenmitte derweil 0,6 Prozent ein.
Risikochef muss gehen
Bereits reagiert hat die Bank unter anderem mit neuen Köpfen und strengeren Kritieren für die Kreditvergabe. Der 59-jährige und seit 2018 amtierende Risikochef Oliver Bartholet wird Ende Jahr in Pension geschickt, Nachfolger wird per 1. Juli Ivan Ivanic. Auch in der Risikoüberwachung, Rechtsabteilung und Compliance wird die Organisation angepasst. Künftig ist der Chief Compliance Officer direkt dem CEO unterstellt und wird Mitglied der Geschäftsleitung.
Die jüngste Wertberichtigung wurde im Rahmen einer umfassenden Überprüfung des Kreditportfolios der Gruppe vorgenommen. Die Belastung geht auf Wertberichtigungen im Private-Debt-Portfolio und ausgewählte Positionen bei Hypothekarkrediten zurück, wie Finanzchefin Evie Kostakis sagte.
Der Ausfall geht auf mehrere Kunden zurück. Diese stammten aus der Schweiz und Europa, so Kostakis. Genauere Angaben machte die Bank nicht. «Wir kommentieren keine Kundenbeziehungen.»
Kompletter Ausstieg
Die Bank hatte früher angekündigt, komplett aus dem Private-Debt-Geschäft aussteigen zu wollen. Zuletzt lag der Wert des Private-Debt-Kreditbuchs deutlich unter 200 Millionen Franken. Das verbleibende Private-Debt-Portfolio macht 0,4 Prozent des gesamten Kreditbuchs aus. Ein Ausstieg ist bis 2026 respektive 2027 geplant, erklärte Finanzchefin Kostakis. Man sei diesbezüglich auf Kurs.
Das Geschäft blieb in den ersten vier Monaten des neuen Jahres stabil, lag aber leicht unter den Erwartungen. Der Netto-Neugeldzufluss lag bei 4,2 Milliarden Franken. Die verwalteten Vermögen sanken auf 467 Milliarden Franken nach 497 Milliarden Ende 2024. Bei den geplanten Kostensenkungen von 110 Millionen Franken liegt die Bank laut den Angaben in ihrem Plan. (awp/mc/pg)