Kurt Rohrbach, Direktionspräsident der BKW FMB Energie AG

von Christa Spoerle


Moneycab: Herr Rohrbach, ein neues Geschäftsjahr hat begonnen, welches sind Ihre Hauptziele für 2008?


Kurt Rohrbach: Unsere Ziele leiten sich aus der  Strategie ab. Unmittelbar beschäftigt uns die Umsetzung der Marktöffnung. Es geht manchmal schon fast vergessen, aber die Knochenarbeit und die Bewährungsprobe stehen uns erst jetzt richtig bevor. Wir wollen uns als starker Partner positionieren, der mittelgrossen und kleineren Elektrizitätsversorgern Lösungen anbieten kann. Ein weiteres Ziel ist es, den Bereich der neuen erneuerbaren Energien noch weiter auszubauen, dazu haben wir die Tochtergesellschaft Sol-E Suisse gegründet. Ende Jahr wollen wir zudem in der Lage sein, zusammen mit unseren Partnern ein Rahmenbewilligungsgesuch für den Ersatz der Kernkraftwerke Beznau und Mühleberg einzureichen. Für die Produktion in Italien und Deutschland schliesslich werden wir die entsprechenden Projekte weiterführen, in Deutschland beginnen wir mit dem Bau von Produktionsanlagen, in Italien stehen wir schon vor der Inbetriebnahme.



«Über die Sol-E Suisse AG planen wir in den nächsten Jahren mindestens 250 Mio. Franken in die Nutzung von Wind, Photovoltaik, Biomasse, Kleinwasserkraftwerke und Geothermie zu investieren.» Kurt Rohrbach, Direktionspräsident der BKW FMB Energie AG


Welche Veränderungen erwarten Sie mittelfristig in ihrem Portfolio. Werden Sie an der vertikalen Integration festhalten, bestimmte Bereiche mehr stärken?


Die vertikale Integration ist ein Konzept, nach dem wir uns weiter entwickeln. Die BKW deckt mit ihren Aktivitäten die gesamte Wertschöpfungskette ab und bietet Produktion, Handel, Vertrieb und Netzdienstleistungen aus einer Hand an. Das heisst für uns, dass wir nicht abhängig sind von Partnern. Die Bereiche Handel und Vertrieb werden parallel zum Wachstum der Produktion ausgeweitet.


Besitzen Sie bestimmte Vorstellungen für den Produktemix in der Stromproduktion für die Gruppe als Ganzes oder pro Land?


Im Vordergrund steht für die BKW-Gruppe in ihrer Gesamtheit ein breiter, diversifizierter Mix von Energieträgern. So nutzen wir als Gruppe Vorteile, die einzelne Produktionsarten bieten. Diese sind je nach Markt verschieden, in der Schweiz zum Beispiel steht die Wasserkraft an vorderster Stelle.


Wie optimistisch sind Sie für die Bewilligung neuer Atomkraftwerke in der Schweiz?


Europa wird in Zukunft mit einer fast schon dramatischen Verschärfung der Versorgungssituation konfrontiert sein. Dass wir angesichts dieser Ausgangslage keine Zeit verlieren dürfen, liegt auf der Hand. Zusammen mit entsprechenden Anstrengungen bei effizienten Anwendungen und bei den neuen erneuerbaren Energien kann praktisch nur der Ersatz der bestehenden Kernkraftwerke die Versorgung aus inländischer Stromproduktion sichern.


Im Bereich erneuerbarer Energien nehmen Sie ein führende Position ein, wie sehen Sie hier die Aussichten?


Die Frage der Energieversorgung kann man nur ganzheitlich lösen. Dabei spielen neue erneuerbare Energien mit Sicherheit eine ganz wichtige Rolle, auch wenn ihr Anteil nicht so rasch steigt, wie wir uns das wünschen würden. Die BKW ist Marktführerin bei den neuen erneuerbaren Energien und will es bleiben. Über die Sol-E Suisse AG planen wir in den nächsten Jahren mindestens 250 Mio. Franken in die Nutzung von Wind, Photovoltaik, Biomasse, Kleinwasserkraftwerke und Geothermie zu investieren. Nicht zu vergessen ist, dass mehr als die Hälfte der schweizerischen Stromproduktion heute durch Wasserkraft erzeugt wird. Auch diese Energie ist erneuerbar.


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Werden Sie weiter im Ausland expandieren? Welche Länder werden bevorzugt?


Wir ergänzen unsere Aktivitäten im Heimmarkt Schweiz mit den ausländischen Zielmärkten Deutschland und Italien. Ziel der BKW ist es, eigene Produktion für die Vertriebsaktivitäten in den beiden Ländern zur Verfügung zu haben.



«Die BKW hat sich von allem Anfang an für eine rasche, vollständige Strommarktliberalisierung eingesetzt. Wir haben uns auch schon lange darauf vorbereitet und sind bereit.»


Rechnen Sie mit grossem Widerstand für die deutschen Kohlekraftwerke?


Grössere Projekte sind immer Gegenstand von Auseinandersetzungen. Die Steinkohle gehört zu  Deutschlands bedeutendsten Energieträgern, und sie wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle für die Versorgungssicherheit des Landes spielen. Ersetzt man in Deutschland alte Anlagen mit neuen Kraftwerken, reduziert dies den CO2 Ausstoss um bis zu einem Drittel. Für die BKW ist klar, dass sie in neueste Technologie investiert. Die Anlagen, die wir planen, sind capture-ready, das heisst, sie können für die CO2 Sequestrierung nachgerüstet werden, sobald das Verfahren so weit ist.


In welcher Rolle sieht sich die BKW bei der Liberalisierung des Strommarktes?


Die BKW hat sich von allem Anfang an für eine rasche, vollständige Strommarktliberalisierung eingesetzt. Wir haben uns auch schon lange darauf vorbereitet und sind bereit. Wir haben mit unserer eigenen Produktion eine gute Ausgangslage. Es ist unser Ziel, Partner, welche die kritische Grösse nicht erreichen, auf unseren Plattformen aufzunehmen und sie in den Prozessen der Marktöffnung zu unterstützen.


Welche Bedeutung messen Sie Vertriebskooperationen und Partnerschaften bei?


Die vorhin erwähnte Zusammenarbeit kann dort noch weitergehen. Die Partner profitieren gegenseitig von den Synergien und Stärken, die sich aus einem Verbund ergeben. Für die BKW ist es wichtig, dass ihre Partner regional verankert sind und bleiben. So können sie am besten auf die Wünsche ihrer Kunden eingehen. Zusammen mit grösseren Partnern wie der Groupe E erreichen wir zudem entscheidende Skalenvorteile.


Welche Rolle spielt die deutsche Eon als Grossaktionär (21%)?


Eon ist ein kompetenter und äusserst professioneller Partner mit internationaler Erfahrung in allen Segmenten. Das Unternehmen bringt nicht nur über seine Vertreter im BKW-Verwaltungsrat viel Know-how ein, sondern der Wissensaustausch ist auch über regelmässige weitere Kontakte gewährleistet.


Welche Veränderungen sehen Sie künftig im BKW-Aktionärskreis? Wird der Freefloat (26,4%) weiter zunehmen?


Kurzfristig erwarte ich keine grösseren Veränderungen. Offen ist mittelfristig nach wie vor eine Reduktion der Beteiligung des heutigen Mehrheitsaktionärs, was eine Erhöhung des Freefloats ermöglichen würde.


Sind Sie mit der Kursentwicklung der Aktie zufrieden? Mit welcher Entwicklung rechnen Sie?


Wir haben mit Genugtuung die erfreuliche Entwicklung unserer Aktie zur Kenntnis genommen. Sie ist im vergangenen Jahr auf hohem Niveau gestartet und hat das Jahr auch auf diese Weise beendet. Die Gesamtperformance entspricht ziemlich genau dem SPI-Index. Bezüglich der Kursentwicklung soll sich das Management nicht äussern, daran halte ich mich.





Der Gesprächspartner
Kurt Rohrbach wurde am 21. September 1955 in Biel geboren. Er studierte Ingenieurwissenschaften an der ETH Zürich (dipl. El. Ing. ETH) und ist seit 1980 bei der BKW FMB Energie AG in verschiedenen Positionen tätig. 1992 wurde er Leiter der Energie-Direktion und Mitglied der Geschäftsleitung. Seit 2001 ist er Direktionspräsident (Vorsitzender der Konzernleitung) der BKW. Er ist Mitglied bzw. Präsident verschiedener Verwaltungsräte von Partnerwerken, Beteiligungsgesellschaften und Unternehmen der Branche. Er ist verheiratet und wohnhaft in Büren an der Aare.

Das Unternehmen
Die  BKW FMB Energie AG (BKW) ist ein integriertes Energieunternehmen in der Schweiz und beschäftigt über 2000 Mitarbeiter. . Das Aktienkapital ist grösstenteils im Besitz des Kantons Bern  (52,91 Prozent)  und der E.ON Energie AG. Die BKW produzierte 2006 9`560 GWh Strom.und  erwirtschaftete einen Umsatz von 2`373  Mio CHF (+19,3 Prozent) Der Reingewinn stieg um 8,4 Prozent auf 333  Mio CHF.  In ihrem angestammten Versorgungsgebiet der Nordwestschweiz liefert die BKW in rund 400 Gemeinden für eine Million Personen Strom.

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