Mahnaz Bahrami, Direktorin für Bankregulierung, Zentralbank der Islamischen Republik Iran

von Gérard Al-Fil


Frau Bahrami, die Credit Suisse wurde in den USA gerade zur Zahlung einer Strafe von 536 Mio. Dollar verurteilt, weil sie bis 2006 Dollar-Handel mit dem Iran pflegte. CS und UBS haben sich 2006 wie die meisten Geldhäuser aus Europa aus dem Iran zurückgezogen. Welche Kanäle bleiben der Islamischen Republik, um an den internationalen Geld- und Devisenmärkten zu operieren?

Ein Problem entstand für uns deswegen nicht. Iranische Banken konnten den Devisen-Handel reibungslos mit Finanzinstituten aus anderen Ländern weiterführen. Wir haben in den vergangenen Jahren unsere Beziehungen mit Lateinamerika zu diesem Zweck stetig ausgebaut. Zugang zu den internationalen Geld- und Devisenmärkten haben wir so beispielsweise über Bolivien und Brasilien und vielen anderen Ländern in Mittel- und Südamerika. In Südostasien pflegt die Islamische Republik Iran seit jeher ausgezeichnete Wirtschaftsbeziehungen zu Malaysia und Indonesien. Auch Letters of Credit (Zahlungsversprechen) erhalten die iranischen Banken auf diese Weise.

Der Iran hat 2002 Privatbanken zugelassen. Gelten die Kanäle, die Sie genannt haben, sowohl fur Privat- als auch für Staatsbanken?

Ja, dies gilt für beide Rechtsformen der Geldinstitute.

Die iranische Volkswirtschaft hatte in der Vergangenheit mit einer hohen Inflation von über 20 Prozent zu kämpfen. Hat sich das Problem durch die Energiepreis-Baisse im ersten Halbjahr 2009 abgeschwächt?

Ja, aber nicht nur wegen der sinkenden Öl- und Gaspreise, sondern auch, weil das Bankensysytem im Iran zu 100 Prozent auf der islamischen Rechtsprechung, der Scharia basiert.  Das bedeutet: Geld wird nicht aus Geld kreiert, sondern nur dann, wenn in der Realwirtschaft Mehrwert erzeugt wird. Für kleine Unternehmen, inbesondere in wirtschaftlich schwachen Landregionen und Dörfern hat unser Präsident Dr. Mahmoud Ahmadinedschad ein Programm lanciert, so dass dort die Armut erheblich reduziert wurde. Wir nennen diese Kleinunternehmen «Small Product Units».

In den arabischen Golfstaaten ist oft zu hören, das iranische Finanzsystem sei nicht wirklich islamisch, weil es mit Zinssätzen operiert.

Dies ist unzutreffend. Wenn Sie Ihr Geld bei einer iranischen Bank anlegen, dann nennt Ihnen die Bank zum Jahresbeginn einen provisorischen Zinssatz. Zum Ende des Anlagezeitraums erhalten Sie eine Gewinnrate, die aus den islamischen Finanzierungsmodellen Mudharaba und Musharaka resultieren. Die Bank setzt die Einlagen ein, um in der Realwirtschaft Gewinne zu erzielen. Der Zinssatz zu Beginn ist also nur eine Indikation. (Anm. d. Red.: Das Modell Mudharaba ist eine islamische Finanzierungsalternative zum konventionellen Kredit. Dabei beteiligt sich die islamische Bank an einem Projekt mit Kapital und erhält während des Projektverlaufs einen zuvor festgelegten  Gewinnanteil. So soll ein gleichgerichtetes Interesse zwischen Kapitalgeber und ?nehmer gewährleistet werden. Ist die Bank darüberhinaus in das Management des Projekts eingebunden, so wird diese Form der Finanzierung als Musharaka bezeichnet).

Dr. Hossein Adeli, der Chairman des ersten ökonomischen Thinktanks «Ravand» in Teheran, hat in einem Interview mit Moneycab vom 2. Juni 2008 die Regierung des Iran aufgefordert, mehr Disziplin in der Ausgabenpolitik walten zu lassen. Stimmen Sie Dr. Adeli zu?

Ja, entsprechende Massnahmen wurden aber in der Zwischenzeit ergriffen. Unser Präsident Dr. Mahmoud Ahmadinedschad hat Anfang 2009 allen Kabinettsmitgliedern ein Sparprogramm auferlegt. Dies hat zu mehr Fiskaldisziplin geführt. Der Iran ist auf gutem Wege, seine Ziele in der Geld- und Fiskalpolitik zu erreichen.

Sie bekleiden ein sehr hohes Amt innerhalb der iranischen Zentralbank. Sehen Sie sich persönlich auf dem Zenit Ihrer Karriere?

Ich werde ich meinen Weg weitergehen, so Gott will. 

Frau Bahrami, haben Sie vielen Dank fur das Gespräch.





Zur Person
Mahnaz Bahrami ist Direktorin für Bankstudien und Bankregulierung bei der Zentralbank der Islamischen Republik Iran in Teheran. In ihrer Funktion zeichnet sie für die Banklizenzierung und ?regulierung verantwortlich. Frau Bahrami stiess 1985 zur Zentralbank hinzu, nachdem sie ihren Masters in Bank-Management absolviert hatte. Bevor Frau Bahrami in dem Bereich Bankkstudien und Bankregulierung aufstieg, war sie bei der Zentralbank in der Abteilung für Volkswirtschaft und Wirtschaftspolitik tätig. Dort fokussierte sie sich auf die Forschung in den Bereichen Geldpolitik und Unabhängigkeit der Zentralbank. Frau Bahrami nahm auch eine Dozententätigkeit  an der Bankakadamie in Teheran wahr. Sie ist Mitglied der Islamic Money Market Task Force beim Islamic Financial Services Board (IFSB) in Kuala Lumpur, Malaysia. Das IFSB entwickelt Standardfinanzierungsmodelle und Best Practices für islamische Banken weltweit. Mahnaz Bahrami referiert regelmässig an internationalen Bankkonferenzen.

Die Zentralbank
Die Zentralbank der Islamischen Republik Iran wurde im Jahr 1960 etabliert. In ihrer heutigen Form (offizielle Bezeichnung: Bank Markazi Jomhuri Islami Iran) entstand sie kurz nach der Islamischen Revolution von 1979, als alle Finanzinstitute verstaatlicht wurden («Banks Nationalization Act»). Zinsen wurden im Iran im Jahr 1983 offiziell abgeschafft («Usury Free Banking Act»), weil sie der Koran in Sure 2, 275 verbietet. Kreditkarten werden im Iran nur vereinzelt akzeptiert, etwa in internationalen Hotels und im Grosshandel, abgerechnet wird über Clearing-Stellen in Kanada. Als Hüterin der Iranischen Währung Rial legt die Zentralbank die Geldpolitik fest. Sie überwacht das Bankensystem und gilt als formell unabhängig.

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