Marius Müller-Westernhagen – „Nahaufnahme“


Marius Müller-Westernhagen ist zurück – und zwar ohne Knalleffekt, sondern mit einem entspannten, ruhigen Album. „Nahaufnahme“ zeigt den mittlerweile 57-Jährigen abgeklärt und mit beachtlichen Singer/-Songwriter-Qualitäten.

Die Zeiten von „Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz“ oder rotzfrechen Texten wie bei „Dicke“ scheinen bei Westernhagen definitiv vorbei zu sein. Auf seinem neusten Werk dominieren ruhige Töne, besinnliche Momente, musikalische Experimentierfreudigkeit und teilweise auch reichlich Altmeisterlichkeit.

Musikalische Vielfalt
Das Eröffnungsstück „Versuch Dich Zu Erinnern“ besticht mit Jazzgitarre und setzt die Akzente mit zurückhaltenden Trompetenklängen. „Alles ist möglich“ ist musikalisch irgendwo zwischen Liebes- und Schlaflied angesiedelt. „Du entkommst mir nicht“ droht Westernhagen als Verlassener zwischen Tränen und Zorn – unterlegt von sanften Saxofon-Klängen. Die musikalische Vielfalt findet ihre Fortsetzung mit verrauchtem Barjazz bei „Schweige Still“. Im Walzertakt wird ein Versager mit Namen „Georgie“ zu Grabe getragen, „Eins“, „Gejammer“ oder „Willst Du Tanzen“ überzeugen mit Bluegrass und Südstaatenflair.

Viel Westcoast- und Südstaatenflair
Die obligate Hühnerhaut-Ballade heisst auf diesem Album „Mit dem Rücken zur Wand“. Überzeugend und nicht minder bewegend sind das Pianospiel von Friso Lücht und die warmen Klänge des Flügelhorns. Einen kleinen „Rückfall“ in alte Zeiten ist das Stück „Daneben“, danach klingt das Album mit weiteren Songs mit Westcoast- und Südstaaten-Flair aus. Überzeugend und inspirierttritt Westernhagens Band auf. Sie schafft mit Rhythm-Section, akustischer Gitarre, Piano und Flügelhorn eine wunderbar temperierte Stimmung.

Langsamer Rückzug?
Alles in allem erscheint „Nahaufnahme“ wie ein weiteres Stück des langsamen Rückzugs. Nachdem er vor Jahren versprochen hatte, er werde nie mehr in einem grossen Stadion auftreten, dürfen es bei der diesjährigen Tournee Westernhagens „nur“ noch die grossen Hallen sein. Die Musik des neuen Albums würde jedoch eher in Clubs oder kleine, intime Musiklokale passen – aber was nicht ist, kann ja bekanntlich immer noch werden. (Vertrieb: Warner Music) (cki)


Tommy Emmanuel – “Endless Road 
In Australien ist er ein Star, in den USA nimmt seine Popularität ständig zu, hierzulande ist er nur Insidern ein Begriff: Tommy Emmanuel. Nach Genuss dieser CD kann man sich dem Urteil, dass Emmanuel einer der besten Steel-Gitarristen der Welt ist, nur anschliessen.  
Die Qualität der Songs und Extraklasse Emmanuels ist ab der Eröffnung des Titelsongs „Endless Road“ spürbar, wunderbar leicht gespielt und gleichzeitig eingängig und abwechslungsreich. Bei „Tall Fidler“ ist der Name wohl Programm, „Green Thumb“ besticht durch höchste Präzision während man bei „Morning Aire“ die klare Luft geradezu spüren kann.

Grandioser „Fingerpicker“

„Chet’s Ramble“ wiederum ist eine Hommage an Chet Atkins, eines seiner grossen Vorbilder, mit dem Zusammen er auch schon ein Album eingespielt hat. In die gleiche Kategorie der „Fingerpicker“ gehört auch „Christmas Memories/Wheels“. Eine wunderbare Neuinterpretation liefert Emmanuel mit dem Klassiker „Somewhere Over The Rainbow“.

Meister seines Fachs

Und zwischendurch, aber nur ganz selten, singt der Meister auch, und zwar bei „I Still Can’t Say Goodbye“ im Duett mit Elisabeth Watkins. Und bei „Today Is Mine“ vertraut Emmanuel sogar ganz auf seine Stimme und lässt die Klampfe bei Seite.

Tommy Emmanuel überzeugt auf „Endless Road“ als Meister seines Fachs, melodiös, gefühlvoll und stilistisch einwandfrei. (Vertrieb: Musikvertrieb)

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