Merz verteidigt Bankgeheimnis vor internationalen Medien

Dies sagte der Finanzminister vor Dutzenden von Journalistinnen und Journalisten im Genfer Presseclub. Dies käme einem Traditionsbruch gleich. Die Unterscheidung und auch das Bankgeheimnis seien im Schweizer Rechtssystem fest verankert. Der von Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf in die Diskussion eingebrachte Begriff «grobe Steuerhinterziehung», bezeichnete er als Begriff ohne juristischen Inhalt. Die Aussage seiner Kollegin sei politisch auszulegen und bedeute, dass die Schweiz die Interessenlage der anderen Staaten verstanden habe.


Der dritte Weg
Die Schweiz habe heute drei Optionen, um auf den internationalen Druck zu reagieren. Entweder gebe man kein Jota des Bankgeheimnisses preis, oder aber man schaffe es ab, sagte Merz. Er trete ein für den dritten Weg, die dynamische Weiterentwicklung des Bankgeheimnisses, so wie es die Schweiz schon in der Vergangenheit gehalten habe. Wie dieser Weg im Detail aussieht, liess Merz wie seine Amtskolleginnen der bundesrätlichen Bankgeheimnis-Delegation offen. Die Landesregierung werde am Freitag erklären, welche strategischen Optionen die Bundesrats-Delegation verfolgen werde.


Konzessionen möglich
Merz deutete an, dass die Schweiz Konzessionen bei den Bedingungen machen könnte, unter welchen künftig eine Verhaltensweise als Steuerbetrug betrachtet werden könnte. Diese Bedingungen würden von den Experten ausgearbeitet, die die Delegation unterstützt. Gleichzeitig erklärte Merz, dass sich der Bundesrat vorstellen könne, das Zinsbesteuerungsabkommen mit der EU materiell zu erweitern und geografisch auf andere Länder als die EU-Mitglieder auszudehnen.


Merz verteidigt Vorgehen
Hätte der Bundesrat diese Vorschläge bereits letztes Jahr gemacht, wäre die Landesregierung in der Schweiz scharf kritisiert worden, verteidigte der Finanzminister die Vorgehensweise des Bundesrats. Zurzeit herrsche wegen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise eine unglaubliche Dynamik, die erst zu dieser Zuspitzung der Lage für die Schweiz geführt habe. Er sei die ganze Zeit über nicht untätig geblieben. Vor dem Entscheid der Finanzmarktbehörde Finma, die UBS-Bankdaten von 300 US-Kunden freizugeben, habe er das Gespräch mit dem amerikanischen Finanzminister Timothy Geithner gesucht.


Zeit reif für Gespräche
Die USA hätten damals signalisiert, dass sie sich nicht in ein hängiges Rechtsverfahren einmischen wollten; sie seien nicht zum Gespräch bereit gewesen. «Jetzt gehe ich aber davon aus, dass die Zeit für politische Gespräche gekommen ist», sagte Merz. Er strebe ein Treffen mit Geithner so rasch als möglich an. Auch sonst will der Bundesrat die internationalen Kontakte intensivieren. Am Freitag trifft sich Aussenministerin Micheline Calmy-Rex in Genf mit ihrer US-Amtskollegin Hillary Clinton. Merz wird sich am Wochenende mit seinen Amtskollegen aus Österreich und Luxemburg treffen. Diese beiden EU-Länder kennen wie die Schweiz ein Bankgeheimnis. (awp/mc/ps/30)

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