NASDAQ will LSE übernehmen – Milliardenofferte abgelehnt

Der Übernahmepoker um die Londoner Börse LSE geht in eine neue Runde. Jetzt hat die NASDAQ, die zweitgrösste US-Börse, der London Stock Exchange ein Übernahmeangebot in Höhe von 2,4 Milliarden Pfund (3,5 Mrd Euro) oder 950 Pence je Aktie in bar vorgelegt.


Die erste transatlantische Börse
Die NASDAQ möchte damit die erste transatlantische Börse schaffen, die Emittenten die Möglichkeit bietet, gleichzeitig in London und New York notiert zu werden. Die über zwei Jahrhunderte alte Londoner Traditionsbörse hatte das NASDAQ-Angebot am Freitagabend umgehend als unzureichend abgelehnt. Es ist das dritte konkrete Angebot innerhalb eines Jahres, das die LSE zurückgewiesen hat.


Gesellschaft erheblich unterbewertet
Die Offerte stelle nur ein Aufgeld von acht Prozent gegenüber dem derzeitigen Marktpreis dar und unterbewerte die Gesellschaft erheblich, betonte die LSE Stunden bevor die NASDAQ überhaupt ihre Offerte bekannt gegeben hatte. Die LSE verwies auf «die einzigartige Stellung und die sehr erheblichen Synergien die durch einen Zusammenschluss der Londoner Börse mit einer anderen grossen Börsengruppe» entstehen würden.


Angebot bietet einzigartige Vorteile
Das Angebot sei «attraktiv für Aktionäre, notierte Unternehmen und handelnde Nutzer», betonte hingegen die NASDAQ. Der Preis liege um 64 Prozent über der Offerte der australischen Macquarie-Investmentbank und stelle ein Aufgeld von zwölf Prozent gegenüber dem LSE-Kurs vom 8. März dar. Das Angebot biete der LSE einzigartige Vorteile, die bisher noch nicht von anderen Gruppen offeriert worden seien.


Konstruktive Diskussionen angestrebt
Die NASDAQ wolle «konstruktive Diskussionen» mit dem Aufsichtsrat der LSE anstreben. Ihr Angebot bezeichnete die NASDAQ als «indikativ». Für ein Festangebot herrschen in Grossbritannien sehr strenge Vorschriften. Bei einem Zusammenschluss mit der LSE würde eine Börse mit 6266 notierten Unternehmen entstehen würde, deren Aktien einen Gesamtwert 7,3 Billionen US-Dollar hätten.


Aufstreben zur weltweiten Nummer zwei
Die NASDAQ würde bei einer Übernahme der Londoner Börse wieder zur weltweiten Nummer zwei nach der New Yorker Börse und der momentan auf Platz zwei befindlichen Börse von Tokio. Die NASDAQ-Aktien hatten am Freitag massiv um 10,28 Prozent auf 43,56 Dollar zugelegt. Die Papiere der LSE festigten sich um 1,9 Prozent auf 880 Pence.


Offerte der Deutschen Börse abgelehnt
Die Londoner Börse hatte zuvor eine Offerte der Deutschen Börse von 530 Pence im März vergangenen Jahres zu Fall gebracht. Dies hatte kurze Zeit später zum Ausscheiden von Werner Seifert geführt, dem damalig en Chef der Deutsche Börse.


Grosses Interesse an der LSE
Die LSE hatte auch ein im Dezember 2005 abgegebenes Kaufangebot der grössten australischen Investmentbank Macquarie von 580 Pence rundheraus abgelehnt. Macquarie hatte kürzlich eine Aufstockung des Preises abgelehnt. Die Vierländer-Börse Euronext (Amsterdam, Brüssel, Lissabon, Paris) hatte zuvor ebenfalls Interesse für die LSE gezeigt.


Hauptkonkurrenten NYSE ausstechen
Die Wall Street spekuliert, dass die New Yorker Börse NYSE oder möglicherweise auch die riesige Finanz- und Warenterminbörse Chicago Mercantile Exchange CME an der LSE Interesse haben könnten. Die 1792 gegründete New Yorker Börse hatte sich in dieser Woche mit der elektronischen Börse Archipelago zusammengeschlossen und in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. NYSE-Chef John Thain hatte dabei erneut Interesse an einer Auslandsexpansion bekundet. NASDAQ-Börsenchef Robert Greifeld will mit dem Londoner Vorstoss offensichtlich dem Hauptkonkurrenten NYSE zuvorkommen. (awp/mc/ab)

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