Obama erster schwarzer US-Präsident

Sie präsentierten dem noch bis zum 20. Januar 2009 amtierenden Präsidenten George W. Bush damit auch die Rechnung für eine Politik, die von einer grossen Mehrheit der Amerikaner nicht mehr mitgetragen wurde. Politiker aus aller Welt gratulierten dem designierten Präsidenten schon kurz nach dessen Wahlsieg zum Teil überschwänglich. In allen Erklärungen klang die Hoffnung an, dass sich die Zusammenarbeit mit den USA in Zukunft wieder verbessern möge.


«Der Wandel ist nach Amerika gekommen»
«Der Wandel ist nach Amerika gekommen», sagte Obama in seiner Siegesrede vor Hunderttausenden jubelnden Menschen am späten Dienstagabend (Ortszeit) in seiner Heimatstadt Chicago. Dies ist «unsere Zeit, (…) um den amerikanischen Traum wieder zu beleben». McCain hatte die Niederlage kurz zuvor in Phoenix im Bundesstaat Arizona eingestanden: «Das amerikanische Volk hat gesprochen und es hat klar gesprochen.» McCain und US-Präsident Bush gratulierten dem Sieger telefonisch und nannten die Wahl historisch.


Längster und teuerster Wahlkampf
Es war der längste und teuerste Wahlkampf in der Geschichte der USA. Obama profitierte offensichtlich vom Vertrauen seiner Landsleute, die schwere Finanzkrise in den Griff zu bekommen. Dem Demokraten gelang eine beispiellose Mobilisierung der Wähler. Obama sagte, das Land stehe angesichts zweier Kriege im Irak und Afghanistan sowie der gravierenden Finanzkrise vor enormen Herausforderungen. Es werde eine Zeit brauchen, die Wirtschaft anzukurbeln und «Allianzen zu reparieren». Aber er werde es schaffen. Die Wahl habe bewiesen, dass es die Vereinigten Staaten von Amerika gebe, über alle sozialen und ethnischen Grenzen hinweg. Es sei «ein Beweis der Macht der Demokratie», sagte ein strahlender Obama.


«Yes we did»
In vielen US-Städten gab es spontane Jubel-Demonstrationen. Viele Menschen weinten, nachdem die Fernsehsender den Sieg Obamas um 23 Uhr abends (Ortszeit Ostküste) verkündet hatten. Auch vor dem Weissen Haus in Washington feierten tausende Amerikaner den frisch gewählten US- Präsidenten. Obamas Wahlkampfslogan «Yes we can» (etwa: Wir schaffen das) verwandelten die feiernden Massen in «Yes we did» (zu deutsch: Wir haben es geschafft). McCain rief seinen enttäuschten Anhängern zu: «Der Fehler liegt bei mir – nicht bei Euch.» Der 72-Jährige unterbrach mehrfach Buh-Rufe, die ertönten, wenn er von Obama sprach. «Senator Obama hat Grosses für sich und für sein Land erreicht.» Am Tag nach der Wahl müsse die Zusammenarbeit über alle Parteigrenzen hinweg beginnen.


338 zu 163 Stimmen
Die Entscheidung für Obama als 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten fiel, nachdem sein Sieg in den drei Westküstenstaaten Kalifornien, Washington und Oregon nach Hochrechnungen und ersten Auszählungsergebnissen feststand. Obama entschied nach Hochrechnungen der Sender ABC, Fox News und CNN auch das Rennen in den besonders umkämpften Staaten Florida, Ohio und Pennsylvania für sich. Vor allem Ohio und Florida galten als Schlüsselstaaten für den Sieg. Auch in der Republikaner-Hochburg Virginia setzte er sich durch. Obama führt um 15.15 Uhr MEZ nach Prognosen des Senders CNN bei der Zahl der Wahlmänner mit 338 zu 163 Stimmen vor McCain. Für die Wahl zum Präsidenten sind 270 Wahlleute notwendig. Obama holte nach Angaben der Webseite RealClearPolitics auch landesweit die meisten Wählerstimmen: Insgesamt stimmten den Berechnungen zufolge 52 Prozent der US-Wähler für den Kandidaten der Demokratischen Partei und 47 Prozent für den Republikaner. Die Beteiligung mit rund 66 Prozent so hoch wie seit hundert Jahren nicht mehr.


Demokraten legen im Parlament zu
Die Demokraten konnten bei der Wahl zum Senat und zum Repräsentantenhaus ihre Mehrheit ausbauen. Laut CNN kamen die Demokraten bis zum frühen Morgen auf 56 Senatorensitze, die Republikaner auf 40. Zur Mehrheit genügen 51 Sitze. Im Repräsentantenhaus lagen sie zu diesem Zeitpunkt bei 248 Sitzen, die Republikaner bei 168. 19 Sitze waren noch zu vergeben (bisher: Demokraten 236, Republikaner 199).


Weltweite Glückwünsche
In den USA wird der Präsident nicht direkt, sondern durch ein Wahlmännergremium gewählt, das sich aus Vertretern der einzelnen Bundesstaaten zusammensetzt. Diese stimmen traditionell entsprechend dem Ergebnis in ihren Staaten. Der Gewinner eines Bundesstaates erhält jeweils alle zu vergebenden Wahlmännerstimmen. Die Wahlmänner stimmen am 15. Dezember ab, der neue Präsident wird schliesslich am 20. Januar ins Amt eingeführt. Viele Politiker weltweit stellten in ihren Glückwünschen das Thema Zusammenarbeit heraus. So schrieb Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): «Ich bin überzeugt, dass wir in enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und Europa den neuartigen Gefahren und Risiken entschlossen begegnen (…).» Merkel lud Obama zu einem baldigen Besuch nach Deutschland ein.


«Grosse Hoffnung»
Der amtierende EU-Ratspräsident, Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy, erklärte: «In einer Zeit, in der wir uns alle immensen Herausforderungen gegenüber sehen, weckt Ihre Wahl in Frankreich, Europa und darüber hinaus weltweit grosse Hoffnung.» Frankreich und Europa schöpften neue Energie, um mit Amerika zusammenzuarbeiten. (awp/mc/ps/01)

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