Oliver Weisbrod: Naturwissenschafter in der Textilindustrie
Moneycab geht im Interview mit Oliver Weisbrod zwei zentralen Themen nach: Die Marktidee des Krawattenlabels im Online-Abonnement. Und wie sich ein Naturwissenschafter in der Textilindustrie einbringt.
Moneycab: Herr Weisbrod, wie sind Sie auf die Idee gekommen ein Krawattenlabel zu machen und dieses als online Abonnement zu vertreiben?
Oliver Weisbrod: Die Firma Weisbrod produziert Seidenstoffe schon seit über 179 Jahren. Wir blicken einerseits auf eine grosse Tradition zurück, da liegt der Gedanke für eine Suche nach einer innovativen Ausrichtung in die aktuelle Welt natürlich nahe. Das Kerngeschäft der Firma Weisbrod ist die Herstellung von hochwertigen Design-Textilien für die grossen Weltmarken in der Branche. Man kann sagen, wir suchten eine neue Facette für unser Unternehmen. Krawatten sind schon lange ein Produktionszweig, doch sind die Margen heute für einen europäischen Designer- und Webereibetrieb zu klein geworden Mit dem Direktvertrieb können wir die Krawatten sogar mit 100 Made in Switzerland anbieten. Die Krawatten werden nämlich in Zürich bei der Hofmann AG genäht.
Moneycab: Woher kennt man denn die Stoffe aus dem Hause Weisbrod?
Oliver Weisbrod: Jetzt müssen wir unterscheiden: einerseits produzieren wir im Auftrag von grossen Namen. Dort ist der individuelle Stil des Labels entscheidend. Stoffe für Brioni oder für Strellson unterscheiden sich stark. Die Kunst des Designers liegt darin, sich auf den Kunden einstellen zu können.
Als gemeinsamen Nenner für alle Labels und in allen Abteilungen von weisbrod kann man die sehr hohe Designkompetenz und der absolute Anspruch an die Qualität nennen.
Moneycab: Das heisst, Sie produzieren für jeden Kunden eigene Dessins?
Oliver Weisbrod: Ja, das kann man weitgehend so sagen. Wir machen eine Palette von Dessins für die einzelnen Abnehmer. Der Einkäufer liest dann aus den vorgelegten Dessins seine Kollektion aus.
Moneycab: Zurück zur Frage des Produktionsfokus. Sie betreiben seit Oktober das Label Weisbrod. Wie zeigt sich das neue Label am Markt.
Oliver Weisbrod: Das neue Label Weisbrod ist eine Zusammenführung von allen Erfahrungen die wir haben. Natürlich haben wir viel Erfahrung in der Stoffherstellung. Zentral für das Label Weisbrod ist aber, dass wir ein Produkt mit Lifestyle Touch realisieren wollen. Damit tragen wir auch einen kleinen Teil am Image der Krawatte bei. Unser Krawattenträger ist ebenso der lockere Designer, so wie es der erfolgsorientierte Banker ist. Die Message geht dahin, dass «Krawatte-Tragen ein Stück Lebensgefühl» ist.
Moneycab: Ist denn die Krawatte «in»?
Oliver Weisbrod: Auf den Laufstegen ist ein klarer Trend zur Krawatte auszumachen. Das freut uns natürlich. Ich denke, dass es auch mit der nun doch spürbaren Wirtschaftserholung einhergeht.
Moneycab: Wie sieht denn der Krawattenkauf bei Weisbrod aus?
Oliver Weisbrod: Die Sache ist eine Einfache. Sie schauen bei www.weisbrod.ch rein und melden sich für ein Abonnement an. Dann bekommen sie von uns pro Saison, d.h. vier Mal pro Jahr, einen Vorschlag für vier Krawatten. Die ausgewählten Krawatten erhalten Sie per Post in einer ansprechenden Schatulle zugesandt. Gefallen Ihnen alle Krawatten, dann behalten Sie alle. Gefallen Ihnen nur drei, dann behalten Sie drei, die vierte senden Sie innerhalb einer Woche an uns zurück.
Weil wir den Aufwand für unsere Kunden möglichst klein halten wollen, haben wir an alles gedacht. Die Frankatur für die Rücksendung liegt schon bei. Im Falle, dass Sie keine Krawatte kaufen möchten bezahlen Sie auch nichts. Das heisst, es gibt keine weiteren Verpflichtungen.
«Wir haben wir ein grosses Projekt mit der EMPA am Laufen, in dem wir eine Ausrüstung herstellen, die speziell für Seide ausgelegt ist und den Stoff vor Öl und Schmutz schützt.» Oliver Weisbrod
Moneycab: Ein Naturwissenschafter in der Textilindustrie? Wie kommen Sie dazu, sich mit Modetrends, Innovationen in Design und Stil auseinanderzusetzen, wenn Sie doch Antropologe sind?
Oliver Weisbrod: Einerseits ist diese Frage schnell beantwortet. Als Kind habe ich immer zugesehen, wie mein Vater das Geschick der Firma geleitet hat. Die schwierigen Zeiten, die das Unternehmen und somit mein Vater durchmachen mussten haben mich abgehalten Hals über Kopf in die Textilindustrie einzusteigen. Also habe ich zuerst Biologie studiert, habe mich den ausgestorbenenPavianen gewidmet, bin nach Südafrika, um dort meine Studien weiterzuführen. Als ich jedoch Sabine, meine heutige Frau, im Studium kennen gelernt habe und wir gemeinsam für das 175-Jahre-Jubiläum der Weisbrod-Zürrer AG gearbeitet haben, war die Ausgangssituation neu geschaffen. Heute leiten wir zusammen die Krawatten-Abteilung und wir arbeiten als eingespieltes Naturwissenschaftler-Team an neuen Projekten.
Moneycab: Wie muss ich mir das vorstellen, eine wissenschaftliche Erfahrung in der Stoffindustrie?
Oliver Weisbrod: Stoffe sind heute in ziemlich aufwändiger Arbeit ausgerüstet, das heisst, die Eigenschaften werden mit chemischen Applikationen verbessert und optimiert. Man kennt die Stoffausrüstungen mit Teflon. Mit Teflon beschichtet man Stoffe, die nicht schmutzig werden sollen. Gegen Schmutz ist Teflon eine gute Sache. Aber gegen Öl nützt Teflon nichts. So haben wir ein grosses Projekt mit der EMPA am Laufen, in dem wir eine Ausrüstung herstellen, die speziell für Seide ausgelegt ist und den Stoff auch vor Öl schützt. Damit wäre dann das Problem des Salatsauce-Spritzers auf der edlen Seide endlich gelöst.
Moneycab: Wie muss man sich so eine Beschichtung vorstellen?
Oliver Weisbrod: Sie ist so dünn, dass man sie weder sieht noch fühlt. Der edle Glanz der Seide wird in keiner Weise beeinträchtigt. Die Ausrüstung ist auch ungiftig und in einem für die Umwelt unbedenklichen Verfahren aufgebracht. Wir möchten hier jedoch noch nicht zu viel verraten.
Moneycab: Dann sind wir aber gespannt. Wann kommt das neue Produkt auf den Markt?
Oliver Weisbrod: Wir werden unser Verfahren natürlich rechtlich schützen. Bis die Anwendung erstmals im grossen Stile produziert werden wird, ist dann Sommer 2005.
Moneycab: Technik und Ausrüstung ist das Eine, Trend und Design das Andere. Es ist kein Leichtes, dass man Stoffe produziert, die im Trend sind: Wonach richten Sie sich, bei der Trendinformation.
Oliver Weisbrod: Eigentlich gibt es da ganz wenige, internationale Firmen, die sich auf die Trendinformation spezialisiert haben. Wir arbeiten mit einem Pariser Büro, der Trend Union zusammen.
Diese Trendinformationen bekommen wir in Form von Büchern, Farben und assoziativen Bildern, die einen Trend umschreiben. Unsere zehn Gestalterinnen und Gestalter setzen dann die Trends um. Diese Gestalterinnen und Gestalter sind somit ein sehr wichtiges Glied auf dem Weg zum Erfolg.