Patrick de Maeseneire: CEO Barry Callebaut

Von Christa Spoerle

Moneycab: Herr De Maeseneire, Sie haben Ihre Finanzziele kräftig erhöht. Die verkauften Volumen sollen pro Jahr bis 2010/11 um 9-11 Prozent und der Reingewinn um 13-16 Prozent wachsen.  Wie werden Sie das erreichen?

Patrick de Maeseneire: Unser Wachstum basiert auf geografischer Expansion, Innovation und Kostenführerschaft. Das Zusammenspiel dieser drei Faktoren hat die führenden Süsswarenhersteller davon überzeugt, Barry Callebaut als Partner zu wählen. Besonders zu erwähnen sind die grossen Outsourcing-Verträge mit drei der fünf grössten Süsswarenhersteller weltweit, nämlich mit Nestlé, Hershey und Cadbury. In diesem Jahr haben wir dazu noch einen Liefervertrag mit Morinaga in Japan unterschrieben. Diese Verträge haben uns zum Outsourcing-Partner «erster Wahl» in der Lebensmittel-Industrie gemacht. Mit unserem verstärkten Fabrikations-Netzwerk, das gegen 40 Fabriken auf vier Kontinenten umfasst, einer erweiterten globalen Präsenz und innovativen Produkten haben wir die Weichen gestellt, um künftig noch schneller zu wachsen. Unsere breite Produktepalette und unsere starke Innovationsplattform gehören zu unseren grössten Wettbewerbsvorteilen. Innovation und geografische Expansion sind aber nur möglich, wenn es uns langfristig gelingt, die Kostenführerschaft zu behaupten.



«Im letzten Geschäftsjahr tätigten wir Investitionen in Höhe von 150 Mio. Franken. Das liegt über dem langfristigen Mittel von 110 Mio. Franken, was auf unser beschleunigtes Wachstum und Investitionen in neue Fabriken in Russland, China, den USA und Europa zurückzuführen ist.» Patrick de Maeseneire: CEO Barry Callebaut


Welches sind die Vorteile von Outsourcing-Verträgen, aus Ihrer Sicht und derjenigen Firmen, die Produktionsteile auslagern?

Es gibt zwei Hauptargumente, die den aktuellen Outsourcing-Trend stützen: die Kosten und die Komplexität. Überspringt ein Hersteller die ersten Verarbeitungsstufen und konzentriert sich stattdessen auf die letzten, vor allem auf Verkauf und Marketing, dann setzt er Kapital frei. Wir können die ersten Stufen der Verarbeitung zu einem angemessenen Preis und in guter Qualität erbringen, weil wir effizient arbeiten und über das notwendige Know-how verfügen. Zudem bezahlen die Kunden erst innerhalb von 45 Tagen nach Lieferung, was positiv für ihre Bilanz ist. Der zweite wichtige Grund für Produktionsauslagerungen ist die zunehmende Komplexität der Schokoladenindustrie. Einerseits verlangen die Konsumenten immer mehr Vielfalt und Qualität, wie herkunftsreine, gesundheitsfördernde oder Bio-Schokolade. Andererseits wird es für die Hersteller immer schwieriger, die steigenden Anforderungen der Konsumenten mit dem wachsenden Preisdruck im Einzelhandel in Einklang zu bringen. Outsourcing ist in dieser Situation die Lösung. Und wir sind da, um diesen Service zu bieten.


Wie sehen ihre Investitionspläne für die nächsten Jahre aus?

Geographische Expansion ist einer der Pfeiler unserer Wachstumsstrategie. Im letzten Geschäftsjahr tätigten wir Investitionen in Höhe von 150 Mio. Franken. Das liegt über dem langfristigen Mittel von 110 Mio. Franken, was auf unser beschleunigtes Wachstum und Investitionen in neue Fabriken in Russland, China, den USA und Europa zurückzuführen ist. Momentan bauen wir eine Fabrik in Mexiko. Wir haben zudem Fabrik in Russland und China eingeweiht und Produktionsanlagen in Japan sowie eine Kakaofabrik in den USA gekauft. Weiter sind wir aktuell dabei, unsere Kakaoverarbeitung in der Elfenbeinküste zu erweitern. Wir analysieren einen geeigneten Standort für Kakaoverarbeitung in Asien. Als nächste Weltregion werden wir Lateinamerika näher studieren.


Obwohl jedes vierte Schokoladeprodukt aus Ihrem Hause stammt, ist der Name Barry Callebaut recht unbekannt. Wollen Sie das ändern und wenn ja wie gehen Sie vor?

Natürlich liegt es in unserem Interesse, den Bekanntheitsgrad von Barry Callebaut zu steigern. Wir sind der unbekannte Schokoladenriese. Das hängt damit zusammen, dass wir ein business-to-business Unternehmen sind. Barry Callebaut ist so zu sagen die Intel der Schokoladenindustrie. Unsere Kunden beziehen zum Beispiel flüssige Schokolade bei uns, die sie dann in ihren Markenartikeln verarbeiten. Das Handelsmarkengeschäft ist auch ein wichtiges Geschäft für uns, aber dort steht unser Name auch nicht drauf, sondern der Name des Retailers. In unserem Gourmet-Geschäft für gewerbliche Anwender wie Chocolatiers, Patissiers oder Bäcker ist das anders. Dort haben wir drei internationale Marken – Carma (für beste Schweizer Schokolade), Cacao Barry (französische Schokolade) und Callebaut (belgische Schokolade). Diese drei Marken sind bei gewerblichen Kunden sehr bekannt.


Rechnen Sie mit einer grösseren Verschiebung ihrer Geschäftstätigkeit in Richtung industrielle Kunden?

Barry Callebaut hat sich schon immer auf das business-to-business-Geschäft konzentriert. Wir beliefern die gesamte Nahrungsmittelindustrie. Dazu gehören gewerbliche Anwender und industrielle Hersteller genauso wie unsere Partner im internationalen Einzelhandel. Zu unseren industriellen Kunden gehören multinationale und nationale Markenartikelhersteller, die unsere Zutaten in ihren Produkten verarbeiten und uns zunehmend auch mit dem Formen und Verpacken ihrer fertigen Produkte beauftragen. Mehr als die Hälfte unseres Umsatzes erwirtschaften wir in unserem Geschäft mit industriellen Kunden. Unser Gourmet-Geschäft für gewerbliche Kunden ist und bleibt ein weiteres sehr wichtiges Standbein unseres Unternehmens. Wir verfügen über weltweit acht Chocolate Academies, wo wir  Schulungen für gewerbliche Anwender anbieten. Ferner dienen diese als Plattform für den Wissensaustausch.


Wie können Sie Ihre Vorteile trotz hoher Rohstoffpreise und der Unsicherheiten an den Devisen- und Finanzmärkten nutzen?

Die steigenden Rohstoffpreise sind eine grosse Herausforderung für alle Lebensmittelhersteller. In Reaktion auf die höheren Rohstoffpreise und den Kostendruck haben wir verschiedene Massnahmen ergriffen: Für etwa 80 Prozent unseres Geschäftes haben wir ein ‹Cost Plus›-Preismodell. Das heisst, wir können höhere Rohwarenpreise direkt an die Kunden weitergeben. Das restliche Geschäft – Teile unseres Gourmet-Geschäfts und das Geschäft, mit Markenprodukten im Verbraucherbereich – basiert auf Preislisten, die wir regelmässig anpassen. Im Gourmet-Bereich haben wir das schon im Sommer gemacht. Im Marken-Verbrauchergeschäft haben wir im Januar Preiserhöhungen im Bereich von 12-15 Prozent durchgeführt. Die Rohstoffpreise werden auch im laufenden Jahr eine Herausforderung für die ganze Branche bleiben.


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Welche Regionen sehen Sie als Wachstumsregionen, welche als schwierige Kandidaten an?

Westeuropa hat bereits den höchsten Schokoladenkonsum der Welt; da wollen wir vor allem über Innovationen wachsen. Die grössten Steigerungsraten sehen wir in Osteuropa und China. In China liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei 100 Gramm; in der Schweiz bei 11 kg im Jahr. China bietet daher ein riesiges Potenzial. Auch wenn die Chinesen nie so viel Schokolade wie die Schweizer essen werden, so leben entlang der Küste von Beijing über Shanghai nach Hong Kong doch 500 bis 600 Mio. Menschen. Diese Menschen sind neugierig und möchten Neues ausprobieren. Zudem steigt ihr Einkommen und sie fangen an zu reisen. Dadurch werden sie westliche Schokolade kennen lernen und sie auch zuhause kaufen wollen. Auch in Russland wächst die Mittelschicht, die sich Schokolade leisten kann und zunehmend Wert auf gute Schokolade legt, rasant. Wie erwähnt haben wir neue Fabriken in Russland und China in Betrieb in Betrieb genommen, Produktionsanlagen in Japan erworben und unser erstes Verkaufsbüro in Indien eröffnet.


Gemäss Euromonitor wuchs der globale Schokoladenmarkt 2007 um 3,5 Prozent und wird auf rund 90 Mrd. Franken geschätzt. Das Wachstum in den kommenden Jahren wird auf 2-3 Prozent geschätzt. Die Prognose für den chinesischen Schokoladenmarkt über die nächsten fünf Jahre liegt hingegen bei 8,8 Prozent pro Jahr. Der Schokoladenmarkt in Osteuropa, und speziell in Russland, wächst auch sehr stark.



«Der Verkauf von Brach’s hatte zwar Wertberichtungen zur Folge. Gleichzeitig haben wir aber steuerlich anrechenbare Verlustvorträge in den USA von über 200 Mio. Dollar behalten, welche nicht aktiviert wurden und die wir künftig nutzen können.»


Der Verkauf von Brach’s ist über die Bühne, haben Sie damit die wesentlichen Verlustquellen eliminiert?

Nach einer Überprüfung dieses Geschäfts kamen wir zu dem Entschluss, dass wir Brach’s an einen neuen Besitzer verkaufen sollten, damit wir uns als Schokoladenhersteller auf unser Kerngeschäft, Schokolade, konzentrieren können. Der Verkauf von Brach’s hatte zwar Wertberichtungen zur Folge. Gleichzeitig haben wir aber steuerlich anrechenbare Verlustvorträge in den USA von über 200 Mio. Dollar behalten, welche nicht aktiviert wurden und die wir künftig nutzen können.


Von so viel süsser Versuchung umgeben, wie halten Sie Ihre Figur?

Kakao ist eine Frucht und somit gesund. Kakao enthält viele gesundheitsfördernde Substanzen. Zum Beispiel ist dunkle Schokolade mit hohem Kakaogehalt sehr gut für das Herz und steigert die Konzentration. In Massen genossen und als Teil einer ausgewogenen Ernährung mit genügend Bewegung ist Schokolade somit sogar sehr gesund.


Ist der Hang zur dunklen Schokolade eine Modeerscheinung, oder ein Trend?

Die Konsumenten suchen immer mehr nach einem intensiveren Geschmackserlebnis. Dunkle Schokolade gewinnt aufgrund ihres Geschmackprofils und ihrer potenziell gesundheitsfördernden Wirkung als reichhaltige Quelle für Antioxidanzien weiter an Popularität. Der Trend zu dunkler Schokolade hat das Verbraucherinteresse an Premiumschokolade mit hohem Kakaoanteil, Bio-Sorten und exotischen Geschmacksrichtungen steigen lassen. Herkunftsreine Schokolade, die aus Kakaobohnen eines bestimmten Landes hergestellt wird, ist sehr beliebt. Wenn Sie diese Entwicklung vergleichen, was bei Wein und Kaffee abläuft, denke ich nicht, dass dies nur eine Modeerscheinung ist, sondern ein Trend, der sich weiterhin verstärken wird.


Die Analysten sind optimistisch, was erwarten Sie von der Kursentwicklung der BC-Aktie?

Schauen Sie, die Hauptaufgabe der Geschäftsleitung ist es, unsere Kunden zufrieden zu stellen. Sie sind es, die unsere Löhne zahlen. Wenn wir erfolgreich mit unseren Kunden arbeiten, sollten wir auch gute Ergebnisse erzielen, und dann sind auch die Aktionäre zufrieden.




Der Gesprächspartner: 
Patrick G. De Maeseneire, Jahrgang  1957,  ist Belgier und leitet seit dem 1. Juni 2002 als  CEO die Barry Callebaut AG. Davor war Patrick De Maeseneire in verschiedenen Positionen bei Adecco S.A., Wang Belgien, Apple Computers und Arthur Andersen tätig.  Er studierte Ingenieurwissenschaften an der Universität Brüssel und Marketing Management an der Universität Gent sowie Business Management an der London Business School und an der Insead in Fontainebleau in Frankreich.


Das Unternehmen:
Mit einem Jahresumsatz von über 4 Mrd. Franken für das Geschäftsjahr 2006/07 ist die in Zürich ansässige Barry Callebaut der weltweit grösste Hersteller von hochwertigen Kakao- und Schokoladenprodukten – von der Kakaobohne bis zum fertigen Produkt im Verkaufsregal. Barry Callebaut ist in 23 Ländern präsent, unterhält  37 Produktionsstandorte und beschäftigt rund 8’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Unternehmen steht im Dienst der gesamten Lebensmittelbranche – von industriellen Nahrungsmittelherstellern über gewerbliche Anwender von Schokolade wie Chocolatiers, Confiseure oder Bäcker bis hin zu internationalen Einzelhandelskonzernen. Zudem bietet Barry Callebaut umfassende Dienstleistungen in den Bereichen Produktentwicklung, Verarbeitung, Schulung und Marketing an.

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