Politiker und Gewerkschafter fordern Klärung von Béglés Strategie

«Die Situation im Verwaltungsrat ist unhaltbar», sagte Markus Hutter (FDP/ZH), Vizepräsident der für die Post zuständigen nationalrätlichen Fernmeldekommission (KVF), am Mittwoch der Nachrichtenagentur SDA.


Kritik an Kommunikation
Es sei ein schlechtes Zeugnis für ein Gremium, wenn es bei einem Meinungsunterschied so auseinanderfalle. Dies sei «ein Fehler vor allem des Präsidenten», ist Hutter überzeugt. «Der Verwaltungsratspräsident muss sein Gremium im Griff haben.» Der Nationalrat ortet das Problem im Fehlen einer «konsistenten» Kommunikationsstrategie im VR. Dass Béglé via Medien über Strategien der Post informierte, ohne sich vorher mit dem VR abzusprechen, ärgert auch Nationalrat und SP-Präsident Christian Levrat (SP/FR). Bundesrat Moritz Leuenberger müsse ein «ernsthaftes» Gespräch führen mit dem VR-Präsidenten. «Béglé muss ihm klar aufzeigen, wie er seine Rolle versteht und wie er zu den Abgängen steht.»


Dritter Abgang innert weniger Wochen
Auslöser der Diskussion ist ein neuerlicher Abgang an der Spitze des gelben Riesen: Am Dienstagabend kündigte der langjährige Verwaltungsrat Wolfgang Werlé seinen sofortigen Rücktritt an – zwei Wochen nach Rudolf Hug. Beide gaben als Grund «unterschiedliche Auffassungen» mit Béglé an. Mit der gleichen Begründung hatte der VR seinerseits am 14. Dezember 2009 Konzernchef Michel Kunz abgesetzt.


Zweifel an Béglés Tragbarkeit
Ob Béglé nach diesen Rücktritten an der Spitze des Post-VR noch tragbar ist, wollen die Politiker nicht direkt kommentieren. Zweifel lassen sie aber durchaus durchblicken. Béglé sei zwar eine faszinierende Persönlichkeit, schillernd, mit vielen Kontakten und viel Wissen, sagten Peter Bieri (CVP/ZG) und Andrea Hämmerle (SP/GR). Er zweifle aber daran, dass er den VR richtig führen könne, sagte Hämmerle in der Sendung «Rendez-vous» von Schweizer Radio DRS. Weder Béglé noch Leuenberger wollten am Mittwoch gegenüber der SDA Stellung nehmen.


VR-Zusammensetzung soll überdacht werden
Leuenbergers Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) hatte bereits am Dienstag angekündigt, die Zusammensetzung des VR grundsätzlich zu überdenken. Dabei werde Béglé genauso wie alle anderen Mitglieder unter die Lupe genommen, betonte Sprecher Daniel Bach am Mittwoch.


Klärung der Auslandsstrategie gefordert
Für die Politiker und die Gewerkschafter prioritär sind nun allerdings nähere Informationen über die umstrittene Auslandstrategie von Béglé. Im Dezember hatte dieser in der Sonntagspresse erklärt, die Post müsse künftig auf gewinnbringende Geschäfte im Ausland setzen. Laut Bieri kommen diese Ideen nicht nur «unausgegoren und überfallartig» daher. Mitten in der Totalrevision des Postgesetzes kämen sie auch zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Für die Gewerkschaft transfair ist eine Klärung der Strategie gar Voraussetzung, damit der VR wieder zur Ruhe kommt.


Expansion mit kalkulierbarem Risiko
Immerhin liess sich die Post am Mittwoch in die Karten blicken: Damit das Unternehmen auch in Zukunft «gesund» bleibe, müsse es sich auch im Ausland entwickeln, etwa durch den Kauf von Gesellschaften oder auf Basis von Partnerschaften, hiess es in einer Stellungnahme. «Das Risiko bleibe dabei immer kalkuliert.» Für eine Expansion in Frage kommen für den gelben Riesen die Finanzdienstleistungen oder die Informationsverwaltung. Der VR erarbeite die Strategie «schrittweise und in enger Zusammenarbeit» mit der Geschäftsleitung und dem Bund, betont die Post dabei.


SVP und SP für einmal einig
Klar gegen eine Expansion ins Ausland sind SP sowie SVP. Die Post habe weder das nötige Fachwissen noch die kritische Grösse oder die Mittel, um im Ausland angemessen tätig zu sein, sagte Levrat. Mit der angelaufenen Liberalisierung des Marktes sei sie in ihrem inländischen Kerngeschäft bereits genügend gefordert, heisst es bei der SVP.  (awp/mc/pg/34)

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