Potentatengelder: Bundesrat legt «Lex Duvalier» vor

Es forderte den Bundesrat und das Parlament auf, die Rechtslage zu ändern. Der Bundesrat blockierte in der Folge die Gelder des haitianischen Ex-Diktators ein weiteres Mal und kündigte an, bald ein neues Gesetz vorzulegen. Damit verhinderte er, dass die Gelder an die Duvalier-Erben ausbezahlt wurden. Am Mittwoch hat der Bundesrat nun das Gesetz «über die Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte» in die Vernehmlassung geschickt. Es soll bereits im Sommer vom Parlament beraten werden.


Konfiszierung statt nur Blockierung
Falls die Räte zustimmten, könnte das Gesetz als erstes auf den Fall Duvalier angewendet werden, sagte Aussenministerin Micheline Calmy-Rey vor den Medien. Sie hoffe, dass das Gesetz rasch in Kraft gesetzt werden könne. Im Zentrum steht die Konfiszierung: Neu soll der Bundesrat Gelder nicht nur blockieren, sondern beschlagnahmen können. Die Voraussetzungen dafür sind gemäss dem Vorentwurf des Gesetzes ein korruptes Umfeld und ein enormer Vermögenszuwachs, wie ein Sprecher des Aussendepartements (EDA) auf Anfrage sagte.


Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen
Das Gesetz sieht vor, dass ein Richter Auskunft verlangen kann, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind. Können die Kontoinhaber den Vermögenszuwachs nicht erklären, kann der Richter die Konfiszierung beantragen. Konfiszierte Gelder sollen so rasch als möglich an die Bevölkerung zurückerstattet werden. Um zu gewährleisten, dass sie nicht in falsche Hände geraten, sieht das Gesetz die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen vor.


Bereits 1,7 Mrd. Franken zurückerstattet
Mit dem Gesetz bestätige die Schweiz ihre «führende Rolle» bei der Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte, sagte Calmy-Rey. Sie verwies auf die über 1,7 Mrd CHF, welche die Schweiz bereits zurückerstattet hat. Es handelte sich um Gelder von Abacha, Marcos oder Montesinos.


Das Rechtshilfeverfahren und seine Grenzen
Die Rückerstattung sei dank dem System der Rechtshilfe möglich gewesen. Diese verhindere, dass der Schweizer Finanzplatz als «Zufluchtsort für Gelder von korrupten Politikerinnen und Politikern missbraucht» werde, schreibt das EDA. Die Erfahrungen hätten aber auch die Grenzen des Systems gezeigt. Wenn ein Staat nicht in der Lage sei, ein nationales Strafverfahren durchzuführen und die Anforderungen eines Rechtshilfeverfahrens zu erfüllen, versage das System, sagte Calmy-Rey.


Schweiz betritt Neuland
Das neue Gesetz soll ermöglichen, dass auch im Fall von «schwachen» Staaten Gelder zurückerstattet werden können. Es gehe vor allem um Haiti, sagte die Aussenministerin. Künftige ähnlich gelagerte Fälle seien aber nicht auszuschliessen. Sie hätte es begrüsst, wenn das Gesetz schon vor dem Bundesgerichtsentscheid zu den Duvalier-Geldern bereit gewesen wäre. Das sei aber nicht möglich gewesen. Die Vorlage sei komplex, die Schweiz betrete damit Neuland.


Den detaillierten Vorentwurf veröffentlicht das EDA erst am Donnerstag. Die Vernehmlassung dauert bis zum 16. April, also lediglich sechs Wochen statt der üblichen drei Monate. Die Grundlagen waren im Zusammenhang mit einem parlamentarischen Vorstoss von FDP-Nationalrat Felix Gutzwiller erarbeitet worden. (awp/mc/pg/24)

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