Rolando Benedick, CEO Manor: Wir betreiben keine Expansion der Expansion willen

Moneycab: Herr Bendick, der Umsatz der Manor-Gruppe hat im vergangenen Geschäftsjahr bei 3,045 Milliarden Franken stagniert. Bei den Manor-Warenhäusern allein resultierte sogar ein kleiner Rückgang von 0,2 %. Sind Sie trotzdem zufrieden?

Eigentlich sind wir nie zufrieden und das ist der Ansporn täglich vollen Einsatz im Dienste unsere Kundinnen und Kunden zu leisten. Aber wir haben 2004 nicht expandiert, und wenn wir unseren Umsatz darüber hinaus vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftslage und im Vergleich zu unseren Mitbewerbern analysieren, sind wir natürlich zufrieden und auch stolz. Denn unser Umsatz zeigt, dass unsere Kundinnen und Kunden 2004 im selben Umfang bei Manor eingekauft haben wie 2003, und das obwohl vielen Schweizer Haushalte jedes Jahr de facto weniger Geld zur Verfügung steht. Das zeugt von einer treuen und verlässlichen Verbindung.

Freude dürften Ihnen vor allem bereiten, dass die Kundenzahl um 1,5 Prozent gesteigert werden konnte. Worauf führen Sie diesen Erfolg zurück?

Ich denke, ich kann mit Recht behaupten, dass wir nicht nur ein erfolgreiches, sondern auch ein äusserst innovatives Unternehmen sind. Die Intensität, in welcher beispielsweise der eigenständige visuelle Auftritt von Manor in Werbung, Ladendesign oder Visual Merchandising unsere Mitbewerber zu inspirieren scheint, ist ein grosses Kompliment für uns. Ausserdem verfügen wir mit unseren erfolgreichen Supermärkten, den Manora Restaurants und den Appunto Take-Aways und über exzellente Frequenzbringer.

Wie sieht die Entwicklung bei der Möbelkette FLY und der Sportkette Athleticum aus?

Unsere Möbelkette Fly konnte ihren Umsatz gegenüber 2003 um 2,2% auf CHF 87,2 Mio. steigern, bei Athleticum hat sich der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 1,9% auf 159,4 Mio. erhöht. Das heisst, wir sind sehr zufrieden und werden 2005 je zwei neue Filialen eröffnen.

Die Verkaufsflächenexpansion in der Schweiz hält an. Manor hat die Verkaufsfläche seiner 72 Warenhäuser aber 2004 nicht erweitert und auch für 2005 sind keine Neueröffnungen geplant. Weshalb die Zurückhaltung?

Wir prüfen laufend Standorte in der ganzen Schweiz, betreiben aber keine Expansion um der Expansion willen. Wenn unsere Analysen für einen neuen Standort sprechen, dann wir das Projekt auch umgesetzt. Was wir parallel vorantreiben, ist die Investition in unsere bestehenden Warenhäuser, welche sukzessive umgebaut werden. Letztes Jahr konnten wir die umgebaute Manor im Zürcher Letzipark wiedereröffnen, dieses Jahr im Mai folgt die Wiedereröffnung der Manor Baden. Ebenfalls 2005 beginnen wir mit dem Umbau unserer Häuser in Genf, Vevey und Lugano, ausserdem ist 2005 Baubeginn für das Manor Einkaufszentrum in der Bieler Innenstadt; eines unserer Grossprojekte.

Mit seinen Warenhäusern ist Manor flächendeckend in der ganzen Schweiz vertreten. Wie ein «schwarzes Loch» mutet aber die Stadt Bern an, wo sich auch 2004 kein Projekt realisieren liess. Haben Sie das Ziel, ein Manor-Warenhaus in der Berner Innenstadt zu eröffnen, aufgegeben?

Nein, natürlich ist es immer noch unser Ziel auch in Bern ein Warenhaus zu eröffnen, aber wir haben keine Eile. Auch für Bern gilt, wenn der richtige Standort gefunden ist, werden wir ein Warenhaus eröffnen. Ich kann Ihnen aber verraten, dass wir aktuell zwei konkrete Standorte in Bern im Visier haben.

Schweizer Detaillisten hatten bisher mit Investitionen im Ausland wenig Glück. Nun will Manor in Ostasien erfolgreich sein und den riesigen Wachstumsmarkt China erobern. Manor hat in Schanghai 15 Boutiquen für Junge eröffnet. Gehen wir mal davon aus, dass dieses Geschäft ein Erfolg wird ? welche weiteren Schritte könnten Sie sich in China vorstellen?

Die 15 von Ihnen angesprochenen Boutiquen sind Boutiquen unserer starken Eigenmarken Yes or No und Campus. Wir betrachten dieses Engagement als Test. Anhand der Ergebnisse, welche wir aus diesem Testlauf ziehen, werden wir darüber entscheiden, ob wir in China weiter expandieren werden.


«Es ist gut für die Schweiz, dass Aldi und Lidl kommen. Ihr Markteintritt wird den gesamten Detailhandel beleben, denn ein Duopol, wie wir es bisher in der Schweiz gekannt haben, ist nie ideal.» 




Zurück in die Heimat: In den Detailhandel ist durch den bevorstehenden Eintritt von Aldi und Lidl auf den Schweizer Markt Bewegung gekommen. Coop führt eine Discountlinie ein, Denner hat die Preise gesenkt etc. ? wie reagiert Manor?

Im Bereich Food ist Manor sehr klar positioniert. Es war nie unser Ziel, uns im Bereich Supermarkt primär über den Preis zu definieren. Manor Supermärkte stehen für beste und frischeste Produkte von lokalen und uns persönlich bekannten Lieferanten und Produzenten. Dass wir ausserdem mit sehr konkurrenzfähigen Preisen operieren, spricht zusätzlich für unser Angebot.

Als Kenner des Detailhandels und Vorstands-Mitglied der Swiss Retail Federation: Wie schätzen Sie persönlich die Chancen von Aldi und Lidl in der Schweiz und die durch den Markteintritt der deutschen Discounter entstandene Nervosität der Schweizer Detailisten ein?

Es ist gut für die Schweiz, dass Aldi und Lidl kommen. Ihr Markteintritt wird den gesamten Detailhandel beleben, denn ein Duopol, wie wir es bisher in der Schweiz gekannt haben, ist nie ideal. Aber auch im Detailhandel gilt wie in jeder anderen Branche, dass die guten Unternehmen nichts zu befürchten haben.

Sie sind seit 1967 bei Manor tätig, haben also fast die ganze Geschichte des Unternehmens, seit es diesen Namen trägt, miterlebt. Welches waren die Meilensteine in dieser langen Zeit ? für Sie persönlich und für das Unternehmen Manor?


Ehrlich gesagt sind es so viele Meilensteine, ich kann sie gar nicht alle aufzählen. Aber die bedeutendste Etappe war zweifellos jene, die im Jahre 1989 mit einer neuen strategischen Ausrichtung des Unternehmens begonnen hat. Unmittelbare Auswirkungen waren eine Reorganisation des Unternehmens, eine neue Verteilung der Kompetenzen zwischen Hauptsitz und Warenhäusern sowie eine neue kommerzielle Ausrichtung, um den Bedürfnissen des Verbrauchers und der Marktentwicklung noch besser gerecht zu werden. Diese Entwicklung fand ihren Höhepunkt in der Vereinheitlichung des Unternehmensnamens, d.h. die Umbenennung aller Warenhäuser in Manor.

Eine letzte Frage: Sie sind nicht nur bei Manor stark gefordert, Sie haben auch Einsitz in verschiedenen Verwaltungsräten oder sind Vorstandsmitglied in der Handelskammer beider Basel. Sie gelten aber auch als ausserordentlich kunstbegeisterter Mensch. Welche Bedeutung hat Kunst für Sie?

Kunst ist sehr wichtig, denn Sie steht für Innovation und Neugier, zeigt Trends und Neuheiten. All diese Einflüsse müssen wir laufend in unser Unternehmen einbringen, damit wir die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden nicht nur erkennen, sondern auch vorhersehen können. Und glauben Sie mir, auch Detailhandel ist Kunst.

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