Rolf Zeller, Leiter Coop@home

Von Radovan Milanovic


Moneycab: Im Gegensatz zu Ihrem Konkurrenten LeShop von Migros, veröffentlichen Sie keine Umsatzzahlen auf Halbjahresbasis. Sie geben einzig das Wachstum von 14% bekannt. Im Vergleich dazu, LeShop weist 15% aus. Was ist der Grund, dass Sie sich bezüglich der Zahlen sehr bedeckt halten?


Rolf Zeller: Coop gibt unter dem Jahre keine Umsatzzahlen bekannt, für Coop@home wird insofern eine kleine Ausnahme gemacht. Jahreskennzahlen bieten eine wesentlich bessere Aussagekraft, bilden sie doch den jahreszeitlichen Verlauf vollumfänglich ab. Gerade im Detailhandel mit vielen saisonalen Schwerpunkten und jährlich unterschiedlich gelegenen Feiertagen stimmt dann das Bild.



«E-Commerce wird allgemein günstiger als der stationäre Handel wahrgenommen. Dieses Image haben Online Angebote in Unterhaltungselektronik, Büchern und Flugreisen, geprägt. Beim Online Verkauf von Lebensmitteln kann dieser Vorteil nicht ausgespielt werden.» Rolf Zeller, Leiter von Coop@home


Wachstumsraten von 14% oder 15% sind doch eher «mager» in Bezug auf die grossen Wachstumspotentiale, von der die Branche immer spricht. Stellt sich eine erste Sättigung ein oder eine Neuorientierung durch die Kunden?


15% Wachstum in einem Markt, welcher mit jährlichen Zuwachsraten von 2-3% lebt, ist kein so schlechtes Ergebnis, wir sind damit durchaus zufrieden. Eine Frage ist dabei die Einschätzung des Potentials. Während einige Fachleute von 10% Anteil am Detailhandel rechnen, gehen andere von 3-5% aus. Eine wesentliche Rolle spielen dabei folgende Faktoren:


E-Commerce wird allgemein günstiger als der stationäre Handel wahrgenommen. Dieses Image haben Online Angebote in Unterhaltungselektronik, Büchern und Flugreisen, geprägt. Beim Online Verkauf von Lebensmitteln kann dieser Vorteil nicht ausgespielt werden, denn im Gegensatz zu den erwähnten Bereichen kann nicht auf eine günstigere, einen Handelsstufe auslassende Logistik zurückgegriffen werden. Im Gegenteil, eine besondere Lagerhaltung, welche das Picken eines komplexen Warenkorbes ermöglicht, wird benötigt, dazu kommt der spezielle Transport. Die Verkaufspreise der Produkte selbst entsprechen denjenigen des stationären Handels.


Der zweite Faktor ist die hohe Ladendichte in der Schweiz, im Vergleich mit England liegt sie annähernd 3mal so hoch. So können Sie kaum 3 Kilometer fahren, ohne nicht eine Einkaufsgelegenheit zu sehen.


Um bei dem Vergleich mit LeShop zu bleiben ist bei Ihrem Konkurrenten die Anzahl der Neukunden in den Internetläden seit Jahresbeginn rückläufig. Anderseits erwartet LeShop einen Anstieg der iPhone-Bestellungen von gegenwärtig 4% auf 10%. Wie erklären Sie sich die Entwicklung PC versus iPhone im Internet-Shop Geschäft?


Unsere Zielgruppe sind moderne, berufstätige Frauen, hinter denen eine Familie steht. Der Faktor Zeit spielt für sie eine wesentliche Rolle. Der wöchentliche Grosseinkauf soll möglichst einfach und schnell erledigt werden können. Kann nun der Einkauf sogar unabhängig vom Ort, zum Beispiel während Fahrt zur Arbeit im Zug erledigt werden, wird diese Gelegenheit gerne genutzt.


Dürfte das iPhone die «konventionelle» Bestellung über den PC ablösen oder gehen Sie nur von einem kurzfristigen Trend aus?


Die Idee dazu lag sozusagen in der Hand: das Handy ist genau das Gerät, welches alle Leute immer dabei haben – der heutige Trend weist eindeutig in die Richtung, dass es zukünftig das wirklich universell und nicht nur für Kommunikation genutzte Gerät sein wird, das iPhone mit seinen vielfältigen Möglichkeiten ist nur der Anfang dafür.


Coop@home zeigt sich innovativ, indem neu Strichcodes auf den Packungen gescannt und die gewünschten Produkte so bestellt werden können. Wie sind Ihre Erfahrungen auf diese Neuerung?


In Kombination mit der Mobilität eines Smartphones und der neuen Scanning Möglichkeit bietet die App heute die ultimative Variante, den Einkauf direkt im Weinkeller, am Vorratskasten und Kühlschrank zu tätigen oder ganz einfach während der täglichen Zugfahrt einzukaufen, ganz dem Claim «Für geschenkte Zeit» entsprechend. Spannend ist auch die Kombination iPhone App und Computer: der Kunde merkt sich Produkte zum Einkaufen genau dann, wenn er auf das Fehlen oder den Kaufwunsch aufmerksam wird. So gemerkte Produkte können später beim Web-Einkauf einfach abgerufen werden. Oder – umgekehrt – im Web-Shop zusammengestellte Einkaufslisten können via iPhone zu jeder Zeit und vor allem auch unterwegs schnell und einfach abgeschickt werden.
Seit dem Release am 25. Juni 2010 beobachten wir eine deutliche Zunahme von Einkäufen mit dem iPhone.



«Unsere Zielgruppe, sind moderne, berufstätige Frauen, hinter denen eine Familie steht. Der Faktor Zeit spielt für sie eine wesentliche Rolle. Der wöchentliche Grosseinkauf soll möglichst einfach und schnell erledigt werden können.»


Wie verhalten sich die Produkt-Nebenkosten bei Coop@home im Vergleich zu jenen im konventionellen Ladengeschäft? Gibt es Preisunterschiede gleicher Produkte der beiden Verkaufskanäle?


Die Verkaufspreise sind online die gleichen wie in den Läden. Aufgrund der Preissicherheit hat sich Coop dazu entschieden, dient doch Coop@home neben der Rolle als Kaufort auch als wichtige, immer erreichbare Quelle, sich über Produkte zu informieren.
Wie weiter oben erwähnt, wird eine besondere Lagerhaltung, welche das Picken eines komplexen Warenkorbes ermöglicht, benötigt, dazu kommt der spezielle Transport und der Betrieb der online Verkaufsplattform. Insgesamt liegen die Kosten höher als im stationären Handel – mit ein Grund, weshalb es in der Schweiz nur zwei Anbieter gibt und E-Commerce mit Lebensmitteln auch weltweit ein überschaubarer Markt ist.



«Durch eine clevere, automatische Bonitätsprüfung bieten wir die Zahlung gegen Rechnung grundsätzlich nur zahlungskräftigen Kunden an. Dank diesem Systems können wir auch in aktuell, wie im vergangenen Jahr einen sehr hohen Anteil pünktlicher Zahlungen verzeichnen.»


Soeben wurde bekannt, dass sich die Zahlungsmoral in der Schweiz in 2009 massiv verschlechtert hat und die Inkassofirmen rund ein Viertel mehr Aufträge haben, um offene Schulden einzutreiben. Inwieweit ist Coop@home von diesem Problem betroffen? Welche Zahlungsziele setzen Sie Ihren Kunden? Mit welchen Massnahmen sehen Sie eine Verbesserung der Situation?


Durch eine clevere, automatische Bonitätsprüfung bieten wir die Zahlung gegen Rechnung grundsätzlich nur zahlungskräftigen Kunden an. Dank diesem Systems können wir auch in aktuell, wie im vergangenen Jahr einen sehr hohen Anteil pünktlicher Zahlungen verzeichnen. Das Zahlungsziel selbst ist 20 Tage nach Lieferung.


Wie hat sich das Käuferverhalten in den vergangenen Monaten in Anbetracht des schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes entwickelt?


Der Online Markt, ein Mikrokosmos in der Detailhandelswelt, hat in sich hohes Entwicklungspotential, welches unabhängig von der Finanzkrise nachhaltig erarbeitet werden kann, da die Voraussetzungen, von denen man lange gesprochen, jetzt wirklich spielen: schnelles Internet mit täglicher Nutzung in jedem Haushalt, immer weniger traditionelle Familien mit klassischer Frauenrolle, immer weniger gemeinsame Zeit für die gesamte Familie.



«Wir bieten eine sogenannte Frischegarantie für jedes Frischprodukt: eine bestimmte Anzahl Tage Verbrauchsfrist nach Erhalt der Ware. Diese garantierten Verbrauchfristen liegen höher als im stationären Handel.»


In den vergangenen Jahren zögerten Internet-Shop Kunden, frischen Lebensmitteln über das Netz zu kaufen. In der Zwischenzeit zählen diese Artikel zu den üblichen Artikeln im Warenkorb eines Shopanbieters. Wie gewährt Coop@home die Frische ihrer Produkte bis zum Kunden?


Wir bieten eine sogenannte Frischegarantie für jedes Frischprodukt: eine bestimmte Anzahl Tage Verbrauchsfrist nach Erhalt der Ware. Diese garantierten Verbrauchfristen liegen höher als im stationären Handel. Wird die Frist nicht eingehalten, erhält der Kunde sein Geld zurück.


Bieten Sie Ihre Billiglinie, Prix Garantie ebenfalls unter Coop@home an?


Coop@home bietet ein um die 160 Produkte umfassendes Prix Garantie Sortiment an.


Bei Coop@home können die Konsumenten unter 13.000 Artikeln Nahrungs- und Genussmittel sowie Nebenprodukte wie Blumen kaufen. Anderseits haben Ihre Gruppengesellschaften wie Interdiscount, Dipl. Ing. Fust oder die Import Parfumerie eigene Shops. Wäre es nicht sinnvoll, unter Coop@home alle Produkte in einem Power-Megashop zu vermarkten?


Unter einem Dach vereint, mit eigenen Ladeneingängen und der Kompetenz der Branche – wie im stationären Handel in einem Einkaufscenter – vereint Coop seine Divisionen auf der Coop Homepage und bietet dort ihren Kundinnen und Kunden die Eingänge zum Spezialgeschäft mit ihren individuellen Auftritten und Angeboten. Bisher haben wir damit nur gute Erfahrungen gemacht.


Welche Trends beobachten Sie im Kaufverhalten Ihrer Kunden?


Typisch ist ein Wocheneinkauf mit allen Vorratsartikeln wie Teigwaren, Getränken, Waschmittel, etc. für die nächsten Wochen und die Frischprodukte, aufgrund ihrer kürzeren Haltbarkeit, für die nächsten Tage. Coop@home Kunden schätzen die Coop Labels wie Naturaplan und Max Havelaar sehr. Im Vergleich zu stationären Handel ist der Anteil an diesen Produkten deutlich höher und entwickelt sich immer weiter.


Bis vor kurzem hörte man von Coop@home wenig, nachdem Sie Werbetrommel gerührt haben, hat Coop@home einen grossen Bekanntheitsgrad erlangt. Was sind Ihre Ziele?


Sozusagen trommeln wir schon eine ganze Weile, unter anderem mit unseren Testimonial Inseraten, welche seit nunmehr 6 Jahren immer echte Kundinnen und Kunden mit ihren eigenen Aussagen zeigen. Ich denke, die Ausweitung der Belieferung auf die gesamte Schweiz im vergangenen Jahr und die Wahrnehmung des Angebotes, online Lebensmittel einzukaufen selbst ist deutlich gestiegen, da das Thema Internet an sich an Bedeutung gewonnen hat.


Wie sehen Sie die Zukunft von Coop@home im schweizerischen Detailhandel?


Coop@home orientiert sich an den Zielen von Coop – im E-Commerce die Nr. 1 zu werden.






Der Gesprächspartner:
Rolf Zeller ist Leiter von Coop@home. Er ist 48 Jahre alt und lebt gemeinsam mit seiner Partnerin im Kanton Thurgau. Zeller ist seit 27 Jahren für Coop tätig und seit dem Start im 2001 Leiter des Online-Supermarkts Coop@home.


Nach dem Wirtschaftsygmnasium und einer kaufmännischer Ausbildung mit 21 folgte ein eher zufälliger Einstieg bei Coop als Ferienaushilfe zur Überbrückung der Zeit bis zur RS. Mit grosser Begeisterung machte er Stages in verschiedenen Filialen und nach drei Jahren wurde er Leiter der Coop Verkaufsstelle in Steckborn. Es folgten weitere Stationen als Geschäftsführer von Verkaufsstellen in den Kanton Thurgau und Zürich. Im Frühjahr 2001 folgte der Wechsel ins damalige Projekt «Remote Ordering» und Zeller verschreibt sich seither mit Leib und Seele Coop@home.


Das Unternehmen:
Coop ist das zweitgrösste Detailhandelsunternehmen der Schweiz. Es ist als Genossenschaft mit rund 2,5 Millionen Mitgliedern organisiert. Kundennah und in fünf Verkaufsregionen organisiert, unterhält Coop über 1’800 Verkaufsstellen und beschäftigt rund 53’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.  und hat rund 2,5 Millionen . Im Bereich der Öko- und Fairtrade-Produkte ist Coop klarer Marktleader. Zur Coop-Gruppe gehören zudem die Unterhaltungselektronik-Ketten «Interdiscount» und «Dipl. Ing. Fust» (inkl. Discounthaus Eschenmoser AG) sowie der Online-Shop microspot.ch, das Möbelhaus «Toptip», der Beleuchtungs-Fachmarkt «Lumimart», die «Import Parfumerie» die «CHRIST»-Schmuckgeschäfte, sowie die Prodega/Growa-CC-Märkte.


Alle Verkaufsstellen und Formate bieten ihre Sortimente und Dienstleistungen in attraktiven, modern gestalteten Verkaufsräumen an – von früh bis spät. Und wer es noch näher und bequemer mag, kann ein grosses CoopSortiment über Internet, Fax oder Telefon bei Coop@thome bestellen und sich innert 24 Stunden nach Hause liefern lassen.

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