Schuldenkrise: EU-Gipfel beschliesst Änderung von Vertrag

Das geht aus einem der Nachrichtenagentur dpa vorliegenden Entwurf der Gipfel-Abschlusserklärung hervor. Nach ergänzenden Angaben zeichnet sich weitgehender Konsens der Staaten ab. Weiter Streit dagegen gibt es über gemeinsame Staatsanleihen der Euro-Länder.


Brisante Entscheidung
Angesichts harter Debatten um die Zukunft des Euro hat die Entscheidung zur Änderung des Lissabonner Vertrags eine besondere Brisanz. So wird seit mehreren Wochen darüber spekuliert, dass auch das hochverschuldete Portugal unter den derzeitigen, bis 2013 befristeten Rettungsschirm der Europäer und des Internationalen Währungsfonds von 750 Milliarden Euro schlüpfen könnte. In der Union wird zudem darüber gestritten, ob die Mittel für den Schirm reichen oder aufgestockt werden müssen. Der EU-Gipfel wird über zwei Tage bis zum 17. Dezember laufen.


Vereinfachtes Änderungsverfahren 
Direkt nach dem Beschluss der Staats- und Regierungschefs zur Vertragsänderung soll laut Papier das vereinfachte Änderungsverfahren in Gang gesetzt werden. Es wird dazu ein konkreter Zeitplan genannt: Förmliche Annahme im März 2011, Zustimmung in den 27 Mitgliedsländern bis Ende 2012 und Inkrafttreten am 1. Januar 2013. Laut Diplomaten soll der Artikel 136 des Vertrags ergänzt werden. Der Artikel regelt die Arbeitsweise der Länder mit dem Euro – derzeit sind es 16. Die Staats- und Regierungschefs hatten sich bereits im Oktober grundsätzlich darauf verständigt, ein dauerhaftes Anti-Krisensystem zu schaffen und dafür auch den Vertrag zu ergänzen. Letzteres war vor allem einem deutsche Forderung gewesen. Als einziges Land profitiert Irland von Hilfen in Höhe von 85 Milliarden Euro aus dem befristeten Rettungsschirm. Welchen Umfang der neue «Krisenmechanismus» haben wird, ist noch offen.


Deutschland bekräftigt Ablehnung von Euro-Bonds
Unterdessen bekräftigte die Bundesregierung ihre strikte Ablehnung von gemeinsamen Staatsanleihen der Euro-Länder, sogenannte Euro-Bonds. Der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker sieht diese als geeignetes Mittel zur Überwindung der Schuldenkrise. Vor allem Deutschland und Frankreich aber wehren sich vehement dagegen, weil Euro-Bonds wegen der Beteiligung klammer Staaten ihre Bonität belasten könnten. Das würde zu höheren Zinsen führen. Nach einem Bericht der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» käme bei der Einführung von Euro-Bonds auf den Bundeshaushalt wegen höherer Zinsen eine jährliche Mehrbelastung von mindestens 17 Milliarden Euro zu. Dies gehe aus einer Rechnung hervor, die der Zeitung vorliege.


Westerwelle: «Europa und den Euro schützen»  
Aussenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte der «Wirtschaftswoche», die Vergemeinschaftung von Schulden berge hohe Risiken – auch für Länder, die von den niedrigen Zinsen scheinbar profitieren würden. «Der Druck zur Konsolidierung liesse nach, wenn man in diesen Ländern auf den Gedanken verfiele, sich über die deutsche Kreditwürdigkeit preiswert zu refinanzieren.» Westerwelle nannte zwei Ziele als Marschroute der deutschen Europapolitik: «Wir müssen Europa und den Euro schützen. Und wir müssen sicherstellen, dass wir Deutschen die Hand auf unserer eigenen Kasse behalten.»


Schäuble gegen Ausschluss von Staaten aus Euro-Zone
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wies Kritik an der deutschen Finanz- und Währungspolitik zurück. Manchmal werde der Versuch unternommen, «die Deutschen in Europa zu den Verantwortlichen der gegenwärtigen Krise zu machen», sagte er der «Bild am Sonntag» und fügte hinzu: «Das sind wir in keinerlei Hinsicht.» Schäuble warnte zugleich davor, Staaten, welche die Stabilität der Gemeinschaftswährung gefährdeten, vom Euro auszuschliessen. (awp/mc/ps/35) 

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