Selenskyj: Kriegsende von Hilfe abhängig

Selenskyj: Kriegsende von Hilfe abhängig
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj. (Bild: president.gov.ua)

Kiew – Der Zeitpunkt des Endes des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hängt nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew vom Ausmass der internationalen Hilfe ab. «Jetzt, da die Geschwindigkeit des Kriegsendes direkt von der globalen Unterstützung für die Ukraine abhängt, tun wir alles, um sicherzustellen, dass diese Unterstützung maximal intensiv und maximal gehaltvoll ist», sagte er am Samstag in seiner täglichen verbreiteten Videobotschaft in Kiew. Die Ukraine werde international auf allen Ebenen arbeiten, «um den Frieden im ganzen Land und für alle Menschen wiederherzustellen», sagte er.

«Wir können unsere Menschen, Städte und Dörfer nicht unter russischer Besatzung lassen. Wo immer russische Besatzung weiter besteht, regieren Gewalt und Erniedrigung», sagte Selenskyj. Er sei den internationalen Partnern dankbar für die Unterstützung des Landes. «Nur die komplette Befreiung des gesamten ukrainischen Gebiets wird es erlauben, dass die ganze Kraft einer auf internationalen Regeln basierenden Ordnung wiederhergestellt wird.»

Präsident Südkoreas erstmals in Kiew – Hilfe versprochen
Selenskyj empfing am Samstag den südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol zu dessen erstem Amtsbesuch in Kiew. Südkorea sei etwa bereit, der Ukraine bei der Wiederherstellung ihres Bildungssystems zu helfen, sagte Selenskyj. Er habe Südkorea auch eingeladen, Rehabilitationszentren zu errichten. Das Land hat viele Kriegsversehrte.

Die Ukraine setze auf wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Südkorea, sagte Selenskyj. Das Land mit seiner schon vor dem Krieg maroden Infrastruktur brauche neue Energieanlagen, Bahngleise und Transportwege. Yoon sagte nach Angaben des Präsidentenamtes in Kiew, dass Südkorea die Unterstützung der Ukraine fortsetzen werde etwa bei der Entminung von Gebieten, beim Wiederaufbau der Infrastruktur und des Unternehmertums.

Putin spricht mit Südafrikas Präsident über Getreideabkommen
Bei Selenskyjs Gesprächen in Kiew ging es auch um das an diesem Montag (17. Juli) auslaufende Abkommen zur Verschiffung von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer. Die Ukraine ist abhängig von den Einnahmen aus dem Export etwa von Mais und Weizen. Russland droht damit, das bereits mehrfach verlängerte Abkommen nicht fortzusetzen, weil es seine Bedingungen nicht erfüllt sieht.

Kremlchef Wladimir Putin informierte Südafrikas Präsidenten Cyril Ramaphosa bei einem Telefonat über die fehlenden Grundlagen für eine Verlängerung des Abkommens. Moskaus Forderungen nach einem Ende der Exportbeschränkungen für russische Lebensmittel und Dünger blieben weiter unerfüllt, teilte der Kreml nach dem Gespräch in Moskau mit. Dafür müssten die vom Westen wegen Russlands Krieg gegen die Ukraine erlassenen Sanktionen gelockert werden. Möglich ist auch eine Aussetzung, bis Russland seine Bedingungen erfüllt sieht.

Die Vereinten Nationen, die gemeinsam mit der Türkei die immer wieder verlängerte Vereinbarung zwischen Russland und der Ukraine vermittelt hatten, riefen Putin zur Fortsetzung der Initiative auf. Das ukrainische Getreide ist auch für den Kampf gegen den Hunger in der Welt wichtig.

Russland hatte zuletzt erklärt, dass der Westen ein Jahr Zeit gehabt habe für eine Lösung. Weil diese fehlt, könnte der Transport von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer wieder komplett zum Erliegen kommen – wie nach Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar 2022. Die Blockade der Getreideausfuhren war erst im Juli 2022 durch das Abkommen beendet worden.

Baerbock: Ich wünschte mir, dass wir mit Putin verhandeln könnten
Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sieht absehbar keine Grundlage für Verhandlungen mit Putin über die Ukraine. «Ich wünschte mir, dass wir verhandeln könnten. Aber derzeit geht es nicht (darum), was man sich wünscht, sondern derzeit geht es darum, der Realität ins Auge zu blicken», sagte sie auf die Frage, ob man mit Putin verhandeln könne, in einem gemeinsamen Interview mit Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko für «Bild», «Welt» und «Politico». Die Aussenministerin verwies darauf, dass in der Zeit vor dem Angriffskrieg versucht worden sei, am Verhandlungstisch eine weiter Eskalation zu verhindern. «Die Antwort darauf war, dass 100’000 Soldaten einmarschiert sind.»

Russlands Geheimdienst wirft Ukraine Pläne für Mordanschläge vor
Indes warf Russlands Inlandsgeheimdienst FSB dem ukrainischen Geheimdienst SBU vor, Mordanschläge gegen prominente Medienvertreterinnen in Moskau geplant zu haben. Demnach sei ein Anschlag auf die Chefredakteurin des Staatsfernsehsenders RT, Margarita Simonjan, verhindert worden. Sieben Verdächtige, darunter auch Minderjährige, seien festgenommen worden. Demnach wollten die russischen «Neonazis» im Auftrag des SBU Simonjan, die eine glühende Unterstützerin von Moskaus Krieg gegen die Ukraine ist, und auch die prominente Moderatorin Xenia Sobtschak töten.

Der FSB meldet immer wieder verhinderte Attentate und Festnahmen von Verdächtigen, die im Auftrag ukrainischer Dienste Anschläge geplant haben sollen. Überprüfbar ist das nicht von unabhängiger Stelle.

Zwei prominente Medienvertreter waren allerdings bereits getötet worden: im August vorigen Jahres Darja Dugina bei einer Autobombenexplosion und Anfang April der Militärblogger Maxim Fomin, genannt Wladlen Tatarski, bei der Zündung eines Sprengsatzes in einem Café in St. Petersburg. Im Mai gab es einen Autobombenanschlag auf den bekannten kremlnahen Schriftsteller Sachar Prilepin, dessen Fahrer starb – er selbst wurde schwer verletzt. (awp/mc/ps)

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