SNB gibt sich gute Noten bei der Krisenbewältigung

Zwar hätten sich die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen am Kapitalmarkt deutlich verschärft, sagte SNB-Präsident Jean-Pierre Roth gemäss Redetext an der Generalversammlung in Bern. Eine Kreditverknappung sei aber nicht eingetreten. Die restriktiveren Kreditbedingungen seien der konjunkturellen Abschwächung zuzuschreiben. Diese habe auch zu einem Nachfragerückgang geführt, sagte Roth. Der SNB sei es gelungen, den Dreimonats-Libor zu stabilisieren und die Schweizer Wirtschaft teilweise von den Folgen der Finanzkrise abzuschirmen.


Libor-Wert von 0,25 % angepeilt
Mit dem Libor für dreimonatige Anlagen in Franken steuert die SNB – im Unterschied zu anderen Notenbanken – einen Marktsatz, der als Referenz für zahlreiche kommerzielle Zinssätze dient. Das hat sich laut Roth als zweckmässig erwiesen. Die SNB peilt beim Libor, den sie nur indirekt steuern kann, einen Wert von 0,25% an.


Franken als Fluchtwährung
Die Lockerung der Geldpolitik wurde allerdings durch die stete Aufwertung des Franken gegenüber dem Euro weitgehend zunichte gemacht. Denn der Franken spielte laut Roth in der Krise wieder die Rolle einer Fluchtwährung. Daher beschloss die SNB, erstmals seit 15 Jahren wieder am Devisenmarkt zu intervenieren.


Aussichten laut Roth «düster»
Trotz aller Massnahmen der SNB kann sich die Schweiz der Krise nicht entziehen. Im laufenden Jahr nimmt die Wirtschaftsleistung so stark ab wie seit 1975 nicht mehr. Die SNB geht davon aus, dass das Bruttoinlandprodukt um 2,5 bis 3,0% schrumpft. Die Aussichten seien «düster», sagte Roth. «Der Exportmotor läuft nur auf niedrigen Touren, und das mangelnde Vertrauen der Unternehmer dämpft die Nachfrage nach Investitionen», sagte Roth. «Es ist auch davon auszugehen, dass der Konsum schrittweise zurückgeht, da die Unsicherheit über die Entwicklung der Kaufkraft der privaten Haushalte wächst.»


Trotzdem Zuversicht angebracht
Gleichwohl gab er sich zuversichtlich: «Die Schweiz verfügt über eine Exportindustrie, die sowohl in preislicher wie auch in technologischer Hinsicht wettbewerbsfähig ist. Unsere Unternehmen haben in den letzten Jahren gute Ergebnisse erzielt, ihre Finanzen sind gesund.» «Unsere Wirtschaftsstruktur beruht auf kleinen und mittleren Unternehmen, was uns den Vorteil der Flexibilität verschafft», erklärte Roth. Zudem sei in der Schweiz – im Unterschied zu anderen Ländern – in den vergangenen Jahren keine Immobilienblase entstanden.


Anzeichen der Erholung
Laut Roth sind hierzulande auch die Finanzen der öffentlichen Hand saniert. Als Folge der Programme zur Ankurbelung der Wirtschaft steige die Staatsverschuldung in vielen Ländern aber an. «Aus diesen Gründen gehen wir davon aus, dass sich unsere Wirtschaft wieder erholen wird, wenn die internationale Konjunktur die Talsohle überwunden hat», so Roth. Der IWF prognostiziere für Europa einen konjunkturellen Aufschwung ab 2010. «Bei uns gibt es da und dort Anzeichen einer Stabilisierung, und der Rückgang des BIP dürfte in näherer Zukunft allmählich an Intensität verlieren.»


Eigentliche Wende erst im kommenden Jahr
Allerdings werde «voraussichtlich erst nächstes Jahr eine eigentlich Wende» eintreten. Die Erholung werde langsam vor sich gehen, denn die gegenwärtigen Schwierigkeiten seien nicht einfach zyklischer Natur. Sie seien auch die Folge einer tiefen Vertrauenskrise.


SNB will rechtzeitig Gegensteuer geben
Angesichts des Nachfrageeinbruchs hätten sich, so Roth, alle Länder für eine expansive Geld- und Fiskalpolitik entschieden. Zum Thema billiges Geld der Notenbanken und der hohen Verschuldung, meinte er denn auch: «Es ist paradox, dass zur Bekämpfung der Rezession heute dieselben Stimulatoren eingesetzt werden, mit denen man in der Vergangenheit Missbrauch getrieben hat.» Roth, der Ende Jahr von seinem Amt zurücktritt, machte aber deutlich, dass die SNB rechtzeitig Gegensteuer geben wird, sobald die Konjunktur wieder in Gang kommt. Um einer Inflation vorzubeugen, werde die Notenbank «rechtzeitig überschüssige Liquidität abschöpfen». Die SNB habe «den klaren Willen, dies zu tun», und «verfügt auch über die geeigneten Mittel dazu».


UBS-Rettung verteidigt
Zudem verteidigte Roth die Aktion zur Rettung der UBS. Damit sei Schaden für die Stabilität der UBS, des gesamten Bankensystems und für die Schweizer Wirtschaft verhindert worden. Die Auslagerung fauler und illiquider Papiere der UBS in eine Zweckgesellschaft der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sei mit Risiken verbunden, räumte Roth ein. Dessen sei man sich bewusst.


Abschliessende Beurteilung erst in einigen Jahren möglich
Die Massnahme könne aber erst in ein paar Jahren abschliessend beurteilt werden. «Falls sie am Ende einen Gewinn abwirft, wird man sich vielleicht fragen, ob sie wirklich nötig gewesen sei. Falls aber Verluste entstehen, wird man zum Schluss kommen, dass das Schlimmste hat verhindert werden können.» Die SNB hat der UBS toxische Papiere im Umfang von rund 40 Mrd USD abgenommen. Zuerst war sogar von 60 Mrd USD die Rede. (awp/mc/pg/15)

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