SNB: Jordan warnt vor Blase am Immobilienmarkt und einer EU-Schuldenkrise

Andererseits könnte die Schuldenkrise in Europa nicht nur die Wachstumsaussichten der Eurozone für längere Zeit stark belasten, sondern gar in einer erneuten Destabilisierung des globalen Finanzsystems münden. Die zuletzt stark expansive Geldpolitik der SNB könnte nach den Worten Jordans zu hohe Erwartungen der Marktteilnehmer an die Verfügbarkeit von billiger Liquidität schüren. Dies führe zu Verzerrungen und könnte letztlich unerwünschte Übertreibungen am Immobilienmarkt – und eine Blasenbildung – nach sich ziehen. Die SNB beobachte daher die Situation im Schweizer Hypotheken- und Immobilienmarkt genau. Die Ergebnisse einer umfassenden Analyse werden laut Jordan im Sommer vorgestellt.


Mit gebührender Sorgfalt
Jordan appelliert jedoch auch an die Vernunft der Beteiligten: Die Kreditvergabe in einem Tiefzinsumfeld habe mit gebührender Sorgfalt zu erfolgen und gleichzeitig müssten die Kreditnehmer sicherstellen, dass die Bedienung der Hypotheken auch bei höheren Zinsen noch gewährleistet ist. «Die Marktteilnehmer sind für die langfristige Tragfähigkeit ihrer Entscheidungen und Handlungen selber verantwortlich», so Jordan wörtlich.


Schuldenkrise in Europa ist eine grosse Herausforderung
Als zweite grosse Herausforderung benennt Jordan die Schuldenkrise in Europa. Diese könnte zu einer Destabilisierung des Euro und damit zu zusätzlichem Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken führen. Eine übermässige Aufwertung könne jedoch hierzulande zu einem erhöhten Deflationsrisiko führen, was die SNB im Hinblick auf die Bedeutung der Erhaltung der Preisstabilität nicht zulassen werde. «Deshalb wirkt sie einer übermässigen Aufwertung des Frankens entschieden entgegen», wiederholte Jordan frühere Aussagen.


Aufwertung des Frankens
Eine Aufwertung des Frankens müsse aber nicht per se problematisch sein, so lange er sich in der Nähe seines Gleichgewichtswerts befindet, der von fundamentalen Faktoren bestimmt werde. Volkswirtschaftliche Kosten können jedoch laut Jordan bei raschen, zufälligen oder kurzfristigen Kursbewegungen – beispielsweise in Folge von Spekulationsblasen und Vertrauenskrisen – entstehen, die deutlich über diesen gleichgewichtigen Wechselkurs hinausschiessen. Andererseits ermögliche das tiefe Zinsniveau in der Schweiz es, mit einem hohen Kapitalstock zu produzieren. Ferner verlange eine Aufwertung von der Exportwirtschaft eine stetige Steigerung ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit, was in der langen Frist die Position der Exporteure im globalen Wettbewerb stärke. Die Schweizer Exportindustrie scheine diese erschwerenden Bedingungen bis anhin relativ gut gemeistert zu haben, so Jordan.


Destabilisierung des gesamten Finanzsystems
Die Schuldenkrise in Europa berge jedoch nicht nur Gefahren in Bezug auf die Preis- und Wechselkursstabilität sowie die Konjunktur. Eine Ausweitung einer Schuldenkrise in Europa könnte in der derzeit fragilen Situation gar eine erneute Destabilisierung des gesamten Finanzsystems zur Folge haben, warnt Jordan. Denn eine Übertragung der Griechenlandproblematik auf andere Mitgliedstaaten und damit einhergehende Rückkoppelungseffekte auf die Finanzwirtschaft seien nicht ganz auszuschliessen. Damit würde auch die Gefahr, dass die Gläubiger – inländische und ausländische Investoren wie z.B. Finanzinstitute – grosse Abschreibungen vornehmen müssen, ansteigen.


Stabilisierungspaket nur einen Teil der Lösung
Das von den Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone ausgearbeitete Stabilisierungspaket stellt gemäss Jordan nur einen Teil der Lösung des Problems dar. «Daneben muss in diesen Ländern unbedingt eine nachhaltige Konsolidierung der Staatsausgaben stattfinden», fordert er. (awp/mc/gh/30)

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