SNB: «Normalisierung der Geldpolitik wird fortgesetzt»

Die SNB werde die graduelle Normalisierung der Geldpolitik fortsetzen, sagte Philipp Hildebrand, Mitglied des SNB-Direktoriums, am Geldmarkt-Apéro vom Donnerstag in Zürich. Geschwindigkeit und Ausmass dieser Normalisierung seien von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung abhängig. «Tatsache ist, dass wir aus heutiger Sicht dank einer günstigen Inflationsentwicklung und nach wie vor gut verankerten Inflationserwartungen in der Lage sind, eine vorsichtige Annäherung des Zinssatzes in Richtung Neutralität vorzunehmen», so der Notenbanker wörtlich.

Wirtschaftswachstum von gut 2 Prozent erwartet
Dass er für die Konjunktur relativ optimistisch ist, liess er ausser Zweifel. In der Schweiz, wiederholte Hildebrand SNB-Aussagen der letzten Woche, rechne er dieses Jahr mit einem breit abgestützten Wirtschaftswachstum von gut 2%, und vieles deute darauf hin, dass die Welt zwischen 2004 und 2006 die Drei-Jahres-Periode mit dem höchsten Wirtschaftswachstum der letzten 30 Jahre erlebt haben werde.

Zins-, Währungs- und Rohstoffrisiken
Als Risiken nannte Hildebrand einmal mehr abrupte Wechselkursveränderungen im Rahmen der globalen Ungleichgewichte, ein plötzlicher und signifikanter Anstieg der weltweit nach wie vor relativ tiefen langfristigen Zinsen sowie ein weiterer dramatischer Anstieg der Rohstoffpreise. Neu dazu komme nun «bedauerlicherweise das kaum quantifizierbare Risiko einer für die Menschheit gefährlichen Mutation des Vogelgrippevirus H5N1».

Suche nach dem neutralen Zinsniveau
Hildebrand ging in seinen Ausführungen aber vor allem auf die Probleme der SNB bei der Suche nach dem Gleichgewichtszins bzw. dem neutralen Zinsniveau ein. Der neutrale Zinssatz ist laut Definition das Zinsniveau, bei dem die Geldpolitik weder stimulierend noch bremsend auf die Wirtschaft wirkt. Die exakte Höhe zu bestimmen ist laut Hildebrand gar nicht so einfach: «Obwohl der neutrale Zinssatz als theoretisches Konstrukt ausreichend klar definiert ist, kann man ihn nicht beobachten und somit in der Praxis auch nicht mit Präzision bestimmen». Das Niveau hänge von vielen Faktoren ab und deren Einfluss auf den neutralen Zinssatz könnten sich über die Zeit auch verändern. Der neutrale Zinssatz sei also keine Konstante und für die Zentralbanken gelte es daher, sich permanent zu überlegen, in welchem Bereich der neutrale Zinssatz im Moment am ehesten liege und wo er in Zukunft liegen möge.

Vergangenheit nicht unbedingt der beste Indikator
«Als Folge dieser Unsicherheit und der ständigen Veränderung sind die Zentralbanken im Allgemeinen – aus meiner Sicht richtigerweise – sehr zurückhaltend bei Äusserungen über das Niveau des neutralen Zinssatzes. Die Verwendung eines langjährigen Durchschnittswertes für die Bestimmung sei daher gefährlich», meinte der Notenbanker denn auch. Und: «Die Vergangenheit muss in Bezug auf den neutralen Zinssatz nicht unbedingt der beste Indikator sein.» Vielmehr müsse der Bestimmung des neutralen Zinssatzes auch eine Analyse der Zukunft zugrunde liegen. Dabei sei das potenzielle Wirtschaftswachstum ein wichtiger Einflussfaktor auf den neutralen Zinssatz.

«Wir wissen, wo der neutrale Zinssatz ist, wenn wir dort angelangt sind.»
Sollte sich etwa das Potenzialwachstum in der Schweiz im Zuge des zunehmenden globalen Wettbewerbs und der strukturellen Reformen tendenziell wieder erhöhen, würde dies für die Zukunft eher für einen höheren neutralen Zinssatz sprechen, meinte Hildebrand. In die Bestimmung müssten denn auch strukturelle Anpassungen wie etwa eine Revolution im IT-Bereich oder die Globalisierung, die das Produktionspotenzial in kurzer Zeit massiv erhöhen könnten, in Betracht gezogen werden. Hildebrand zitierte in diesem Sinn denn auch Alan Greenspan, bis zu seinem kürzlichen Rücktritt lange Jahre US-Notenbankchef, mit den Worten: «Wir wissen, wo der neutrale Zinssatz ist, wenn wir dort angelangt sind.»

(awp/mc/hfu)

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