Staatsvertrag dürfte im Nationalrat Schiffbruch erleiden

Das Geschäft würde zurück an den Ständerat gehen, der vergangene Woche zugestimmt hatte. Im Verlauf der Differenzbereinigung könnte der Nationalrat immer noch zustimmen.


SVP sieht ihre Forderungen nicht erfüllt
Dass zunächst ein Nein droht, zeichnete sich am Montagabend in der Eintretensdebatte ab. Die SVP macht ihre Zustimmung davon abhängig, dass das Parlament keine Boni-Steuern beschliesst. Diese Bedingung sieht sie nicht erfüllt, weil der Ständerat vergangene Woche zwei Boni-Motionen gutgeheissen hatte. Die SVP forderte, dass der Nationalrat sich mit diesen befassen müsse, bevor er über den Staatsvertrag entscheide. Der Rat lehnte aber einen entsprechenden Antrag mit 125 zu 58 Stimmen bei 5 Enthaltungen ab.


Die Mehrheit des Rates war nicht gewillt, sich von der SVP die Regeln diktieren zu lassen. Die SVP wolle sich bloss parteipolitisch profilieren, kritisierte Brigitte Häberli (CVP/TG). «Sagen Sie doch einfach Ja, oder sagen Sie halt eben Nein, aber hören Sie auf mit diesen Spielen.»


SP-Nein nach Ablehnung von Banken- und Boni-Regulierung
In der Folge kündigte die SVP an, den Staatsvertrag abzulehnen. Aber auch die SP sieht ihre Bedingungen nicht erfüllt. Sie hätte nur zustimmen wollen, wenn der Rat verbindliche Massnahmen zur Banken- und Boni-Regulierung beschlossen hätte. Dies hat der Nationalrat jedoch nicht getan: Mit 123 zu 67 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschloss er, auf den entsprechenden Planungsbeschluss des Bundesrates nicht einzutreten. Dasselbe hatte der Ständerat beschlossen, womit der Planungsbeschluss vom Tisch ist.


Lösungsansatz des Bundesrates «neue Unternehmenssteuer»
Die Vertreter der bürgerlichen Parteien versicherten, sie stellten sich nicht gegen strengere Regeln für Banken. Diese dürften jedoch nicht mit dem UBS-Staatsvertrag verknüpft werden. Was die Boni betreffe, sei zudem der Lösungsansatz des Bundesrates untauglich. «Neue Unternehmenssteuern lehnen wir grundsätzlich ab», sagte Hans Kaufmann (SVP/ZH). Und nichts anderes sei der Vorschlag des Bundesrates, Boni ab einer gewissen Höhe als Gewinnverteilung zu besteuern.


«Die Manager kassieren, das Risiko trägt die Bevölkerung»
Für die Pläne zur Banken- und Boni-Regulierung machte sich die Linke stark. Die Grossbanken und Boni-Exzesse stellten ein grosses Risiko dar, sagte Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL). Wer jetzt nicht handle, erhöhe das Risiko. Eine Absichtserklärung sei das Minimum. «Die Manager kassieren, das Risiko trägt die Bevölkerung. Das muss gestoppt werden», forderte die SP-Nationalrätin. Dass ausgerechnet die SVP dagegen antrete, sei entlarvend. Die Lobbyisten der Banken seien offensichtlich am Werk gewesen.


WAK-Motion zu «too big to fail» angenommen
Angenommen hat der Nationalrat eine – weniger verbindliche – Motion seiner Wirtschafskommission zur «too big to fail»-Problematik, und zwar überaus deutlich mit 176 zu 1 Stimme bei 16 Enthaltungen. Ebenfalls Ja sagte er zu einer Motion, mit welcher die Kompetenz des Bundesrates im Umgang mit Staatsverträgen eingeschränkt werden soll.


«Wir schlucken diese Kröte»
Die Debatte zum Staatsvertrag geht am Dienstagmorgen weiter. Zustimmen wollen die FDP, CVP und BDP. In der Debatte brachten aber auch sie ihren Unmut zum Ausdruck. «Mit Zähneknirschen beissen wir in diesen sauren Apfel, sofern man mit knirschenden Zähnen überhaupt in einen Apfel beissen kann», sagte Pirmin Bischof (CVP/SO). Christophe Darbellay (CVP/VS) machte geltend, es gebe keine Alternative. Bei einem Nein währen Zehntausende von Arbeitsplätzen gefährdet. «Wir schlucken diese Kröte», erklärte Johann Schneider-Ammann (FDP/BE).


Viel Kritik am Bundesrat
Die UBS und der Bundesrat mussten viel Kritik einstecken. Die UBS habe in den USA kriminell gehandelt, und der Bundesrat habe zu ihrer Rettung Rechtsgrundsätze verletzt. «Das Steuerhinterziehungsgeheimnis hat uns dieses Malheur eingebrockt», bilanzierte Alec von Graffenried (Grüne/BE).  (awp/mc/pg/25)

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