Swissair-Prozess: Zeitungen mit Verständnis für Urteil – Kritik an Anklage

Die Arbeit der Anklage hingegen stösst auf heftige Kritik. «Die Staatsanwaltschaft hatte einen harten Job – aber sie machte ihn miserabel», findet zum Beispiel der «Tages-Anzeiger». Deshalb sei sie vom Gericht auch derart «brutal demontiert» worden.


Eine absulte Pleite
Als «eine absulte Pleite» bezeichnet es das «St.Galler-Tagblatt», dass die «milionenteuren Gutachten vom Gericht nicht anerkannt und die Anklage in jedem einzelenen Punkt zersaust» wurde. Und für den «Bund» wirkte die Anklage so schwach, dass sogar der Vorwurf, der Prozess sei nur auf äusseren Druck hin entstanden, verständlich erscheine.


Fehlende Beweise für schwere Verbrechen
Die «Neue Luzerner Zeitung» ihrerseits kritisiert: «Wer Anschuldingungen gegenüber Dritten erhebt, sollte diese lückenlos untermauern können». Und auch die «Neue Zürcher Zeitung» findet, die Staatsanwaltschaft sei die Beweise für die schweren Verbrechen «zumeist schuldig geblieben».


Nicht strafbar in rechtlichem Sinne
Das Urteil selber stösst deshalb kaum auf Kritik: «Es wurden Fehler begangen, die mit dem finanziellen Ruin bestraft wurden, doch strafbar hat sich damit in rechtlichem Sinne keine der 19 angeklagten Personen gemacht», schreibt etwa die NZZ weiter.


Unfähigkeit ist nicht strafbar
Gemäss der «Basler Zeitung» waren die Swissair-Verantwortlichen zwar unfähig, die Fluggesellschaft zu retten, als sie in Schwierigkeiten war. Aber «Unfähigkeit ist nicht strafbar». Und das sei auch gut so, meint der «Bund». «Sonst wäre jeder zweite Manager ständig mit einem Bein im Gefängnis.» Und so habe das Gericht gar keine andere Möglichkeit gehabt, als die Angeklagten freizusprechen, folgert die «Neue Luzerner Zeitung».


Die Meinungen gehen auseinander
In der Frage, ob das Schweizer Rechtssystem bei Fällen von Konkurs oder Wirtschaftskriminalität im allgemein genügt, gehen die Meinungen auseinander. Während die «Basler Zeitung» die Unabhängigkeit des Schweizer Rechtssystems von äusseren Einflüssen begrüsst, findet es der «Tages- Anzeiger» «absurd», dass die Manager für einen Schuldspruch die Firma»mit Wissen und Willen» in den Konkurs hätten führen müssen.


Schweizer Rechtssystem ist unglaublich unmoralisch
Noch deutlicher fällt die Kritik in der Westschweizer Presse aus: «Das Schweizer Rechtssystem ist unglaublich unmoralisch», schreiben etwa die «Tribune de Genève» und «24heures». Und «L’Express» und «L’Impartial» beklagen: «Gegen die Wirtschaftskriminalität kann das Strafrecht nichts ausrichten.»


Gesetze und Strafverfolgungen verschärfen
Der «Blick» fordert deshalb, «dass wir in diesem Bereich von den USA lernen und die Gesetze und Strafverfolgungen verschärfen.» Denn nur so könne man auch «die Grossen der Wirtschaft am Wickel packen». (awp/mc/ab)

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