UBS-Führung liess Skepsis vermissen

«In den leitenden Organen der UBS fehlte es an Führungspersönlichkeiten, die einen Spürsinn für versteckte Risiken hatten», schreibt Straumann in der Studie. Die falsche Einschätzung einiger weniger Personen in der Investmentbank habe genügt, dass die UBS ihre Subprime-Papiere im Gegensatz zu anderen Banken nicht abbaute.


Vorwurf der Passivität
Straumann wirft der UBS Passivität vor: Sie «glaubte fälschlicherweise, alles im Griff zu haben, weil die zahlreichen Risikoberichte, internen Audits und externen Prüfungen fast immer positiv ausfielen». Bis zu 3000 Personen beschäftigten sich damals bei der UBS mit Risikobewertung – und das Vertrauen in sie sowie die offiziellen Ratings sei «unbeschränkt» gewesen. In der obersten Etage der UBS herrschte laut Straumann ein «technokratischer Führungsstil», der sich in aussergewöhnlichen Situationen als zu wenig flexibel erwies. So sei es unrealistisch gewesen, das grenzüberschreitende Geschäft mit US-Kunden, das «ausländisches Recht ritzte», «durch ein paar Anweisungen von oben auf eine vollkommen legale Linie» zu bringen.


Keine «gesunde Skepsis» an den Tag gelegt
Beigetragen zur Krise habe auch die falsche Sicherheit der UBS, nachdem sie die letzte Krise relativ unbeschadet überstand. Zudem seien schon einige Banken gestrauchelt, als sie versuchten, im «Spurt» zu den internationalen Marktführern aufzuholen. Im Frühling 2007 sei die UBS ausserdem stärker mit der Integration ihres Hedge-Funds DRCM beschäftigt gewesen als mit den eigenen Risiken. Die jüngste Finanzkrise ist für Straumann ein typischer Fall: Als die innovativen Finanzinstrumente auftauchten, glaubten die Institute an deren Überlegenheit. Ohne die Instrumente zu verstehen, vertrauten Konzernleitungen und Verwaltungsräte den Risikoberechnungen und liessen «gesunde Skepsis» vermissen.


«Geschäft besonders gut im Griff»
Im UBS-Fall sieht er zudem ein Musterbeispiel: Die grössten Verlierer – und zu denen gehörte die UBS – seien jene, «die geglaubt haben, sie hätten das Geschäft besonders gut im Griff». Nach eigenen Angaben konnte Straumann für seine Studie Einblick nehmen «in alle relevanten internen Berichte der UBS, ihrer Berater und der Aufsichtsbehörden». Er greift unter anderem auf Sitzungsprotokolle des Risikoausschusses, aber auch auf öffentlich zugängliche Dokumente wie Berichte der Finanzmarktaufsicht FINMA zurück.


GPK kündigt Stellungnahme an
Die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) des Parlamentes haben am Donnerstag eine Stellungnahme zum Bericht der UBS angekündigt. Die Stellungnahme soll in den nächsten Wochen vorliegen. Er werde den Bericht der UBS mit Interesse lesen, sagte Nationalrat Pierre-François Veillon (SVP/VD) auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Er ist Präsident der mit der Untersuchung der UBS-Affäre beauftragten Subkommission der GPK. Die Subkommission werde sich demnächst treffen und den UBS-Bericht analysieren. Heute könne er noch keinen Kommentar abgeben, sagte Veillon.


Zwei externe Fachleute beigezogen
Auch Nationalrätin Maria Roth-Bernasconi (SP/GE), Mitglied der Subkommission, wollte sich nicht im Namen der GPK äussern. Nicht fundierte Kritik am Bericht der Grossbank anzubringen, wäre heikel, sagte sie. Persönlich aber habe sie Mühe, dass die UBS definitiv auf Klagen gegen die ehemalige Führung verzichten wolle. Das gebe den Bürgerinnen und Bürgern das Gefühl, «das Recht sei ungerecht». Weiter werfe es Fragen auf, dass nur zwei externe Fachleute zur Aufarbeitung beigezogen worden seien, sagte Roth-Bernasconi.


Verantwortung nicht wahrgenommen
Deutlichere Worte kamen von der SP-Parteizentrale: «Die UBS versucht tunlichst, neue Erkenntnisse und Eingeständnisse zu vermeiden», teilte die Partei mit. UBS-Verwaltungsratspräsident Kaspar Villiger nehme mit dem Verzicht auf Aufklärung seine Verantwortung nicht wahr. In der angekündigten Stellungnahme will die GPK auch die Antwort des Bundesrates auf den GPK-Bericht einbeziehen. Der Bundesrat hatte sich am Mittwoch zu den Vorwürfen des Berichts geäussert. Veillon sagte am Donnerstag auf Anfrage, dass er von der Antwort des Bundesrates «ein bisschen enttäuscht» sei.


Keine Grundlage für Klagen
Er habe erwartet, dass die Regierung zumindest die Grundlagen für Klagen gegen die ehemalige UBS-Führung schaffe. Weiter sagte Veillon, dass die GPK vom Bundesrat gar keine Wortprotokolle seiner Sitzungen verlangt habe. Dies sei vom Bundesrat missverständlich dargestellt worden. Weiter soll auch die vorgeschlagene Regierungsreform des Bundesrates Thema in der nächsten Sitzung der GPK-Subkommission sein, sagte Veillon. Ausserdem warte er auf die Antwort der Finanzmarktaufsicht (Finma) auf den GPK-Bericht. «Diese Antwort interessiert mich noch mehr als der Bericht der UBS.» (awp/mc/ss/18)

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