Unia fordert GAV in Transportbranche und droht Baumeister mit Kampfmassnahmen
Der Landesmantelvertrag, der die Lohn- und Arbeitsbedingungen für die 90 000 Angestellten im Bauhauptgewerbe regelt, läuft Ende September 2005 aus. Die Vorschläge des Schweizerischen Baumeisterverbands (SBV) für einen neuen Vertrag kommen aus Sicht der Gewerkschaft einem «sozialen Kahlschlag» gleich, wie die Unia am Wochenende mitteilte.
«Dramatischen Verschlechterungen»
Sie warnte vor «dramatischen Verschlechterungen» der Lohn- und Arbeitsbedingungen. Mit Blick auf die Personenfreizügigkeit wären die Bauleute Lohn- und Sozialdumping ausgesetzt. Die SBV-Vorschläge hebelten die Kontrollmechanismen der flankierenden Massnahmen aus. An der Berufskonferenz Bau der Gewerkschaft Unia stimmten die 300 Delegierten einem Aktionsplan zu, der Protestversammlungen und Warnstreiks bis 2006 vorsieht. Eine erste Kundgebung ist am 21. Mai geplant, ein landesweiter Aktionstag am 13. Juni.
Kampfmassnahmen vor Verhandlungen
Bereits im Anschluss an die Baukonferenz machten die Delegierten ihrem Ärger an einer spontanen Kundgebung am Samstagnachmittag in Bern Luft. Die Arbeitgeber reagierten befremdet: «Ich bin erstaunt, dass die Unia bereits mit Kampfmassnahmen droht, bevor überhaupt erste Verhandlungen stattgefunden haben», sagte SBV-Präsident Werner Messmer auf Anfrage.
Zeichen der Verunsicherung
Für den Thurgauer FDP-Nationalrat ist das ein «Zeichen der Verunsicherung», weil die Baumeister als Erste Vorschläge für einen neuen GAV präsentiert hätten. Bisher seien jeweils zuerst die Gewerkschaften mit ihren Forderungen an die Arbeitgeber gelangt.
Vertragslosen Zustand verhindern
Der SBV-Vorschlag stelle «kein Endprodukt» dar, sondern sei die Grundlage für die anstehenden Verhandlungen. Messmer machte klar, dass die Baumeister einen vertragslosen Zustand verhindern wollten. Zu den Details wollte sich Messmer nicht äussern. Diese müssten nun in Ruhe mit den Gewerkschaften diskutiert werden. Der SBV plane aber weder einen Lohnabbau noch eine Arbeitszeitverlängerung.
43-Stunden-Woche angestrebt
Die Unia nahm gleich auch die Transport- und Logistikbranche ins Visier. Sie forderte den Nutzfahrzeugverband ASTAG am Wochenende auf, Verhandlungen für einen nationalen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) aufzunehmen. Die Unia-Delegierten der Transport- und Logistikbranche haben dazu einen Vertragsentwurf verabschiedet. Darin werden unter anderem die Minimallöhne geregelt. Angestrebt wird im Weiteren die 43-Stunden-Woche.
«Unia könnte sich zu aggressiv gebärden»
Die Transport- und Logistikbranche kennt keinen nationalen GAV, sondern nur regionale Verträge oder Vereinbarungen. Einige dieser Verträge wurden auf das Jahr 2005 gekündigt oder nicht verlängert. Der Auslöser war die Gründung der Grossgewerkschaft Unia. Nach Ansicht des ASTAG ist die Unia nicht repräsentativ für das Transportwesen. Die Arbeitgeber befürchten auch, dass sich die Unia zu aggressiv gebärden könnte. Schliesslich verneint der ASTAG die grundsätzliche Notwendigkeit eines GAV, weil das Meiste in der Arbeits- und Ruhezeitverordnung geregelt sei. (awp/mc/gh)