US-Schluss: Börsen zurück auf Abwärtsschiene – Angst bleibt

Dies verlautete aus Händlerkreisen. «Die Leute fürchten sich zu Tode» sagte Bill Stone Chef-Investment-Stratege bei PNC Wealth Management. «Wer hätte gedacht, das AIG jemals in eine solche Lage geraten würde?» Stone zufolge treibe die Wall Street die Angst um, dass AIG im privaten Sektor keine Rettungsleine findet und weitere Institute ins Straucheln geraten könnten.


Der Dow Jones Industrial ging mit einem Minus von 4,06 Prozent auf 10.609,66 Zähler aus dem Handel. Der marktbreite S&P-500-Index fiel um 4,71 Prozent auf 1.156,38 Zähler. An der NASDAQ verlor der Composite-Index 4,94 Prozent auf 2.098,85 Punkte. Der NASDAQ 100 büsste gar 5,31 Prozent auf 1.632,45 Punkte ein. «Wir handeln immer noch auf unsicherem Boden und bewegen uns nur Tag für Tag weiter», kommentierte Jack A. Ablin, Leiter der Investmentabteilung bei Harris Private Bank, den Handelstag.


Aktien aus der Finanzbranche fanden sich ein weiteres Mal vor allem auf den Verkaufszetteln der Börsianer wieder: Papiere des Versicheres American International Group (AIG) büssten 45,87 Prozent auf 2,03 US-Dollar ein, nachdem sie zwischenzeitlich ihre harschen Verluste verringert hatten. Die US-Notenbank hatte am Vorabend dem Versicherungskonzern einen dringend benötigten Kredit von 85 Milliarden Dollar zugesagt. Darauf kündigte die AIG zuletzt an, den Kredit der Fed durch den fortlaufenden Verkauf von Vermögenswerten zurückzuzahlen.


Die Aktien der zweitgrössten US-Investmentbank Morgan Stanley verloren trotz besser als erwarteter Zahlen 24,22 Prozent auf 21,75 Dollar. Trotz der anhaltenden Kreditkrise verdiente Morgan Stanley zuletzt überraschend gut. Der Überschuss lag im dritten Geschäftsquartal laut Konzernangaben bei 1,4 Milliarden Dollar. Das waren für die Branche vergleichsweise geringe acht Prozent weniger Gewinn als ein Jahr zuvor. Die Bank of America senkte jedoch ihr Kursziel für die Titel von 52 auf 45 Dollar, blieb allerdings bei der Kaufempfehlung «Buy». Auch Goldman Sachs gerieten unter Druck und verloren 13,92 Prozent auf 114,50 Dollar. Trotz besser als erwarteter Zahlen der beiden Banken lasteten vor allem die gestiegenen Kosten zur Absicherung der Verbindlichkeiten auf den Kursen der Institute, so Börsianer. Ratingagenturen hatten das Kreditrating für die beiden Banken gesenkt.


Die britische Bank Barclays hat Teile der insolventen Investmentbank Lehman Bothers übernommen. Zwei Tage nach Absage einer vollständigen Übernahme sicherten sich die Briten den Hauptsitz Lehmans in New York sowie zwei Datenzentren in New Jersey für 1,5 Milliarden Dollar. Zudem erwerben die Briten das nordamerikanische Investmentbanking- und das Kapitalmarkt-Geschäft für 250 Millionen Dollar in bar. Titel von Lehman Brothers verloren 52,67 Prozent auf 0,14 Dollar.


Aktien von General Electric (GE) gingen mit minus 6,66 Prozent auf 23,39 Dollar aus dem Handel, nachdem sie zweitweise um 9 Prozent eingebrochen waren. Börsianer verwiesen auch hier auf die Finanzkrise. Es gebe Sorgen, dass auch der US-Mischkonzern mit seiner Finanz-Sparte unter den Turbulenzen der globalen Finanzmarktkrise leiden könnte. Zudem hatte Stephan Tusa, Analyst bei JPMorgan, am Mittwoch in einer Studie seine Prognose für die Sparte reduziert und geht nun von einem Schrumpfen der Sparte zwischen 5 und 10 Prozent aus, vorher war er von einem flach verlaufenden Wachstum ausgegangen. Diese Annahme sei nun unrealistisch. Die gewerbliche Kreditsparte entwickele sich «wesentlich schlechter» und auch die GE Money Bank «dürfte bis zu einem gewissen Grad betroffen sein.»


Aktien von Adobe Systems legten nach Zahlen zunächst zu, konnten sich aber dem allgemeinen Abwärtsog nicht entziehen und schlossen mit minus 5,01 Prozent auf 36,23 Dollar. Der Softwarehersteller übertraf trotz eines Gewinnrückgangs im dritten Quartal (29. August) die Erwartungen der Börse. Der Überschuss von Juni bis August sank im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 7 Prozent auf 191,6 Millionen Dollar. Analysten hatten schlechtere Zahlen erwartet, da Adobe bald eine neue Version des Flaggschiff-Produktes Creative Suite vorstelle und daher viele Kunden Investitionen hinauszögerten.


Titel von Nortel Networks brachen hingegen nach einer gekappten Umsatzerwartung für das laufende Geschäftsjahr um 50,19 Prozent auf 2,63 Dollar ein. Nachdem einige Kunden ihre Bestellungen verringert hätten, werde nun mit einem Erlösrückgang von zwei bis vier Prozent gerechnet, teilte der Wettbewerber von Ericsson und Nokia Siemens Networks am Mittwoch in Toronto mit. Zuvor hatte Nortel für 2008 einen Zuwachs im unteren einstelligen Prozentbereich in Aussicht gestellt.


Schliesslich schossen Aktien von SanDisk nach der Ablehung eines Übernahmeangebots um 39,10 Prozent auf 20,92 US-Dollar nach oben. Der südkoreanische Elektronikkonzern Samsung bietet knapp sechs Milliarden Dollar für den Speicherkarten-Hersteller. Die Amerikaner lehnten das Angebot jedoch ab, da es das Unternehmen nicht ausreichend bewerte und ein Versuch sei, den niedrigen Aktienkurs auszunutzen. (awp/mc/ps/02)

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