Vollständige Öffnung des Postmarkts gemäss Bundesrat frühestens 2013

Wie seiner am Mittwoch ans Parlament geschickten Botschaft zur Totalrevision der Postgesetzgebung zu entnehmen ist, will der Bundesrat nach eigenem Bekunden den nationalen und internationalen Entwicklungen im Postmarkt Rechnung tragen. Denn die Postdienstleistungen hätten sich in den letzten Jahren weiter entwickelt. So seien vermehrt private Anbieter im Postmarkt tätig. Zudem würden die Mitgliedstaaten der EU ihre Briefmärkte grösstenteils bis 31. Dezember 2010 und bis spätestens 31. Dezember 2012 vollständig geöffnet haben.


Schrittweise Marktöffnung
Der Bundesrat will an der «bewährten schrittweisen Marktöffnung» festhalten. Die Marktöffnung erfolgt in zwei Schritten. Den ersten Schritt – die Senkung des Briefmonopols per 1. Juli 2009 von 100 auf 50 Gramm – hat der Bundesrat per Verordnung bereits im Frühjahr beschlossen.


Vollständige Öffnung mittels Bundesbeschluss
Die vollständige Öfffnung des Postmarktes soll mittels eines Bundesbeschlusses erfolgen, dessen Entwurf der Bundesrat ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes dem Parlament unterbreitet. Dieser Beschluss untersteht dem fakultativen Referendum. Parlament und Volk haben also Gelegenheit, sich zwei Mal zum Thema Postmarkt zu äussern: einerseits zum neuen Postgesetz, das wie jedes Gesetz dem fakultativen Referendum untersteht, und andererseits zur vollständigen Marktöffnung. Das braucht seine Zeit – die völlige Liberalisierung dürfte also frühestens 2013 erfolgen.


Meldepflicht für alle Anbieter
Die Eckpunkte der beiden neuen Gesetze entsprechen den Anliegen, wie sie im Vernehmlassungsverfahren mehrheitlich vorgebracht wurden. Mit der Einführung einer Meldepflicht für alle Anbieter von Postdiensten wird gewährleistet, dass die Marktbedingungen für alle Teilnehmenden gleich sind. Die Anbieter sind insbesondere verpflichtet, Verhandlungen über einen Gesamtarbeitsvertrag zu führen bzw. die branchenüblichen Arbeitsbedingungen einzuhalten. Die neue Aufsichtsbehörde PostCom sorgt für die Aufsicht über den Postmarkt und wird dazu mit den erforderlichen Kompetenzen ausgestattet.


Grundversorgung durch die Schweizerische Post
Das Angebot der Post umfasst wie bisher die flächendeckende Beförderung von Briefen, Paketen, Zeitungen und Zeitschriften, ausserdem die Dienstleistungen im Zahlungsverkehr. Für die Kundinnen und Kunden muss eine Poststelle oder Agentur in angemessener Distanz erreichbar sein. Die Grundversorgung wird von der Schweizerischen Post erbracht. Die PostCom soll darüber wachen, dass die Post den Auftrag erfüllt und die Grundversorgung in der verlangten Qualität erfüllt.


Neues Unternehmensgesetz für die Post verabschiedet
Der Bundesrat hat am Mittwoch auch ein neues Unternehmensgesetz (POG) für die Schweizerische Post verabschiedet. Wie bereits früher angekündigt, soll die Post in eine Aktiengesellschaft im Besitz des Bundes umgewandelt werden. Die Anstellungsverhältnisse wechseln vom öffentlichen ins Privatrecht. Die Post wird verpflichtet, mit den Sozialpartnern Verhandlungen über einen Gesamtarbeitsvertrag zu führen. Die Post wird damit angehalten, auch weiterhin eine soziale und vorbildliche Arbeitgeberin zu sein.


PostFinance soll der Finma unterstellt werden
Die Kundengelder der PostFinance haben in den letzten eineinhalb Jahren um beinahe 20 Mrd auf 67 Mrd CHF zugenommen. Das heutige Aufsichtsregime über die Finanzdienstleistungen der Post wird laut Bundesrat den Anforderungen an den Gläubigerschutz nicht mehr gerecht. Das neue POG sieht deshalb vor, dass die PostFinance künftig der Finanzmarktaufsicht (Finma) unterstellt wird. Zu diesem Zweck wird die PostFinance eine Bewilligung nach Bankengesetz beantragen. Die Finma-Vorschriften verlangen, dass die PostFinance in eine AG ausgegliedert und mit einem finanzmarktüblichen Eigenkapital ausgestattet wird.


Kein Einstieg ins Kredit- und Hypothekengeschäft
Der Einstieg ins Kredit- und Hypothekengeschäft bleibt der PostFinance allerdings verwehrt. Dies hatte der Bundesrat bereits am 6. Mai bekräftigt. Der Entwurf zum neuen POG sieht denn auch vor, dass die PostFinance Dienstleistungen im heutigen Umfang anbietet. Sie wird nicht zur Postbank. (awp/mc/pg/22)

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